Das München-Komplott
und diesem Jan Nauber vorstellen. Aber trotzdem würde es gut sein, ihm die Phantombilder zu zeigen, die Betty Gerlach von den drei Männern erstellt hatte, die Klein so übel zugerichtet hatten.
Er ging in die Küche.
Wer waren diese Männer?
Er musste sie finden.
Engel forscht
Jürgen Engel war kein Fahnder.
Er gehörte dem Identifizierungskommando des BKA an. Seine Spezialität war die Identifizierung von Leichen. Er verstand etwas von Gebissabdrücken, DNA-Analysen und Gewebeproben.
Nach jemandem zu fahnden, war nicht seine Aufgabe. Trotzdem wusste er, wie es geht. Es waren 22 Namen, die die Stasi aufgelistet hatte. Diese Namen glich Jürgen Engel mit dem Gesamtdatenbestand der bundesdeutschen Meldebehörden ab – wie zu erwarten, wuchs die Anzahl der Namen auf der Liste durch die vielen Doppelungen um ein Vielfaches: 678 Personen, so verzeichnete der Datensatz, gab es, die diese 22 Namen trugen. Nun galt es auszuwählen: Diejenigen, die jünger als fünfzig waren, konnte er ausschließen. Auch die, die einen Beruf ausübten, der eine Mitarbeit beim Geheimdienst ausschloss, strich er von der Liste. Die, die vor dreißig Jahren nicht in Deutschland gelebt hatten, strich er ebenso.
Er arbeitete bis spät in den Abend und hatte dann eine Liste mit vierzig Namen. Dreizehn davon waren Männer, die ihr Gehalt von Bundesbehörden empfingen, aber keiner der Pförtner, die er spät noch anrief, kannte sie. Er rief die Clearingstelle der Kreditkartenunternehmen an und gab die Namen durch. Morgen würde er eine Antwort erhalten. Dann fuhr er ins Hotel.
Enttarnt
Am nächsten Tag kam Gisela Kleine in sein Büro. Sie machte sich gut als seine Assistentin. Leitner war mit ihr zufrieden. Sie hatte sofort begriffen, um was es in der Abteilung ging.
Jetzt stand sie vor ihm.
»Ich hoffe, Sie haben nicht vor Kurzem ein Wohnmobil gekauft?«
Leitner blinzelte und wischte sich die Finger an der Hose ab.
»Wie kommen Sie darauf?«
»Klink hat gerade angerufen. Das BKA, beziehungsweise der Beamte, der mit dem Stuttgarter Privatermittler zusammengearbeitet hat, sucht nach Ihnen. Heute Vormittag hat er jedenfalls von der Firma Motorhome in Mülheim/Ruhr die kompletten Kreditkarteninformationen abgerufen und auch bekommen. Falls Sie das Wohnmobil gekauft haben und wenn damit Ihre wirkliche Adresse … Dann wird er sie heute haben. Und der Stuttgarter Privatermittler wohl auch.«
»Danke, Frau Kleine. Ich habe kein Wohnmobil gekauft.«
Sie ging zur Tür.
Er musste noch irgendwas sagen.
»Ach ja, was ich noch sagen wollte: Ich bin froh, dass Sie wieder bei uns sind, Frau Kleine. Und sogar in meiner Abteilung.«
Sie drehte sich um und lächelte.
»Danke. Ich auch.«
Dann ging sie.
Er lügt, dachte sie, er lügt wie gedruckt. Zweimal hintereinander.
Leitner saß wie erstarrt.
Er kommt mir immer näher, dachte er. Er gibt nicht auf.
Er will mich.
Hartnäckig wie ein Terrier sucht mich dieses Arschloch.
Er hat ihn unterschätzt, den aufrechten Bullen.
Nun gut, er würde es beenden.
Und diesmal würde er es selbst tun.
Phantombilder
Jan Nauber lag in einem Einzelzimmer in der Tübinger Universitätsklinik.
»Das habe ich meinem Vater zu verdanken«, sagte er, als müsse er sich für dieses Privileg entschuldigen. »Ich bin immer noch irgendwie über ihn versichert.«
Es ging ihm besser als Klein. Er konnte immerhin bereits reden, auch wenn ihm das Sprechen noch sichtlich schwerfiel.
Die Staatssekretärin saß an seinem Krankenbett. Dengler bemerkte den sorgenden Blick, mit dem sie Jan betrachtete. Es war unübersehbar, dass die beiden mehr verband, als sie ihm gesagt hatte. Aber das ging ihn nichts an. Ihn interessierte etwas völlig anderes.
Er zeigte Jan die Phantombilder der drei Männer, die Martin Klein krankenhausreif geprügelt hatten.
»Waren das die drei Männer, die Sie zusammengeschlagen haben?«
Jan Nauber sah sich die Bilder mehrmals an. Dann schüttelte er den Kopf.
»Meine Gangster sahen so aus.«
Er versuchte die Tür seines Nachttisches aufzuziehen. Es fielihm schwer, und sofort war die Staatssekretärin zur Stelle und zog drei Blätter heraus.
»Die hab ich zusammen mit der Tübinger Kripo erstellt.«
Dengler sah sie sich an. Es waren drei völlig andere Typen.
»Darf ich mir Kopien davon machen?«
Dengler machte in einem Copyshop in der Innenstadt zwei Kopien der Phantombilder und brachte die Originale zurück zu Jan. Als er das Krankenzimmer verließ, ging Charlotte von Schmoltke
Weitere Kostenlose Bücher