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Das Multiversum 1 Zeit

Das Multiversum 1 Zeit

Titel: Das Multiversum 1 Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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nüchtern Sachlichen, weshalb Maura jeder Kontakt mit den Kindern unheimlich erschien.
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    Dan Ystebo trat neben sie. »Es scheint, als ob man einen Weg gefunden hätte, in einer McDonald's-Spielecke eine Atomspaltung durchzuführen, stimmt's?«
    »Sagen Sie mir, was hier vorgeht, Dan.«
    Er führte sie durch das Kabelgewirr zu dem glühenden Ding in dem Käfig. Einen Meter vor dem Käfig war eine Schutzbarriere aus weißem Metall errichtet worden. »Strecken Sie die Hand aus«, sagte er.
    Sie streckte die Hand aus, als wolle sie sie über einem Feuer wärmen. »Meine Güte, das Ding muss ganz schön heiß sein. Wodurch entsteht das Glühen eigentlich?«
    »Durch den Zerfall von Neutronen aus der Atmosphäre. Gehen Sie etwas näher heran.«
    Nervös trat sie an die Schutzbarriere heran. Diesmal spürte sie ein Kribbeln in der Hand und einen sanften Zug. Als sie die Hand seitwärts bewegte, spürte sie die Wirkung einer unsichtbaren Kraft.
    »Was ist das?«
    »Gravitation«, sagte Dan.
    »Gravitation? Von der Anomalie?«
    »An der Oberfläche hat die Gravitation eine Anziehung von ungefähr dreißigtausend Ge. Aber sie fällt schnell ab und beträgt in einem Meter Entfernung weniger als ein Hundertstel Ge. Die Anomalie hat eine Masse von etwa einer Million Tonnen. Bestünde sie aus Wasser, könnte man damit ein ganz schön großes Schwimmbecken füllen.«
    »Alles in dem kleinen Ding zusammengeballt?«
    »Ja. Der Durchmesser beträgt etwa anderthalb Millimeter. Im Moment stellen die Physiker noch Vermutungen über die Form an. Es ist wahrscheinlich sphärisch und oszilliert vielleicht.«
    »Dann hat es also eine ziemlich hohe Dichte.«
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    »Es ist sogar noch etwas dichter als ein Atomkern. So dicht, dass es mit normaler Materie überhaupt nicht in Wechselwirkung treten dürfte. Eine solche Anomalie müsste die Erde durchdringen wie eine Kugel eine Wolke.«
    »Wieso bricht es dann nicht einfach durch den Boden?«
    Dan wirkte unschlüssig. »Wegen des Käfigs.«
    »Dieses Ding, das die Kinder gebaut haben?«
    »Maura, es scheint ein sehr starkes, räumlich begrenztes Magnetfeld zu erzeugen. Eine magnetische Flasche, in der der Goldklum-pen eingeschlossen ist.«
    »Und wie soll das gehen?«
    »Verdammt, wir wissen es nicht. Wir können das auch – wir müssen magnetische Flaschen für Fusionsexperimente bauen –, aber nur mit solchen Mitteln wie supraleitenden Schleifen und mit enormem finanziellem Aufwand. Wie die Kinder das mit ein paar Metern Kupferdraht und einer alten Autobatterie bewerkstelligt haben …«
    Sie nickte. »Aber hier steckt das Potenzial drin. Das technische Potenzial.«
    »Ja. Zumindest teilweise. Wenn es uns gelingen würde, Magnetfelder dieser Stärke und in diesem Maßstab so leicht zu manipulieren, könnten wir sofort einen betriebsbereiten Fusionsreaktor bauen. Saubere Energie, Maura. Aber das ist noch nicht alles.«
    »Was stellt das Ding dann dar? Eine Art miniaturisiertes Schwarzes Loch?«
    »Nicht ganz so exotisch.«
    »Nicht ganz?«
    »Es scheint sich um ein Quark-Nugget zu handeln. Der prinzi-pielle Unterschied zu gewöhnlicher Materie besteht darin, dass die Wellenfunktionen der einzelnen Quarks delokalisiert sind und sich über einen makroskopischen Raum verteilen …«
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    Es dauerte einige Zeit, bis Maura ihn nach etlichen Nachfragen halbwegs verstanden hatte.
    Bei normaler Materie bestanden die Atomkerne aus Protonen und Neutronen, die wiederum aus fundamentaleren Teilchen – Quarks genannt – gebildet wurden. Die Größe eines Atomkerns war jedoch begrenzt, weil die positive Ladung der Protonen über-große Kerne zerstörte.
    Quarks traten aber in mehreren Varianten auf.
    Diejenigen in Protonen und Neutronen wurden kurioserweise als ›up‹- und ›down‹-Quarks bezeichnet. Wenn man diesen Mix um einen weiteren Quark-Typ ergänzte, der die Bezeichnung ›strange‹-Quark trug – ein Begriff, über den Maura sich schon gar nicht mehr wunderte –, dann vermochte man die positiv geladenen ›Kerne‹ unbegrenzt zu vergrößern, weil die strange-Quarks sie zusam-menhielten. Und das ergab dann einen Quark-Nugget: nichts weiter als ein riesiger Atomkern.
    »Die Existenz von Quark-Nuggets ist uns schon bekannt – es handelt sich wahrscheinlich um viel kleinere und schnelle Teilchen, die in die Atmosphäre eintreten und exotische kosmische Strahlenereignisse verursachen, die als Centauro-Ereignisse bezeichnet werden.«
    »Und woher kommen die Nuggets?«
    Dan rieb sich die Nase.

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