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Das Multiversum 1 Zeit

Das Multiversum 1 Zeit

Titel: Das Multiversum 1 Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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der Heimat entfernen können. Und deshalb finde ich es richtig, dass ihr auch zusammen hier bleibt. Das ist alles.«
    Dann stützte er sich am Portal ab und stieß sie sachte an. Im blauen Glühen des Portals, das nicht weit reichte, waren sie bald außer Sicht.
    Er fragte sich, wie lang die Körper hier überdauern würden.
    Würden sie so viel Zeit haben, um zu verwesen, zu mumifizieren und sich aufzulösen? Würden die andersartigen physikalischen Gesetze dieses Universums auf sie wirken und ihre Atomkerne zum 545
    Zerfall anregen? Oder würden sie dem ›Big Crunch‹ zum Opfer fallen, den Cornelius vorhergesagt hatte, der dieses Universum zerstören würde, wie er schon die anderen zerstört hatte?
    Die beiden Leichen drifteten langsam und leicht taumelnd weg, bis sie das Ende der Leine erreicht hatten und dann zurückkamen.
    Sie stießen sanft zusammen, als ob ihr Kampf in dieser abgemil-derten Form über den Tod hinaus fortdauerte. Was vielleicht auch zutraf; ihre Geister, die in einem Universum gefangen waren, das nicht das ihre war, hatten schließlich nur einander zum Jagen.
    Ist auch egal, Malenfant. Es wird Zeit, weiterzumachen.
    Der offensichtlich für militärische Zwecke konzipierte MMU-Tornister des Soldaten war deutlich moderner als die Bootstrap-Hardware.
    Es gab eine Energiequelle – leichte Akkus mit einer viel längeren Lebensdauer als Malenfants, einen ansehnlichen Vorrat Druckluft, ein einfaches Wasserwiederaufbereitungs-System und kleine Nah-rungsmittelbehälter, die dem Anschein nach nur in Aussparungen im Helm des Soldaten gesteckt werden mussten. Darüber hinaus ein Feldlazarett-Basis-Set mit Spritzen und Verbandspäckchen. Die MMU enthielt sogar eine leichte Notunterkunft, eine Art Ret-tungsinsel.
    Plötzlich hatte er wieder eine Perspektive – zwar nicht unbegrenzt, aber immerhin eine Gnadenfrist von ein paar Stunden. Er war erstaunt, wie viel ihm das bedeutete.
    Malenfant schlüpfte mit Emma in die Schutzbehausung, die sich selbsttätig aufbaute. Sie war gerade so groß, dass er sich darin aus-zustrecken vermochte. Das dünne selbstheizende Gewebe war orangefarben und durchsichtig, aber durch eine kleine Innenbeleuch-tung wirkten die Wände massiv. Malenfant fühlte sich überaus erleichtert, nachdem er den sinnlos expandierenden Raum ausgeschlossen hatte – als ob dieses Notzelt ihn vor den Universen zu 546
    schützen vermochte, die dort draußen in schneller Folge entstanden und vergingen.
    Als Druck und Temperatur die richtigen Werte erreicht hatten, entriegelte er seinen Helm und sog schnüffelnd die Luft ein. Sie roch metallisch, war sonst aber in Ordnung.
    Er streifte die Handschuhe ab. Dann wandte er sich Emma zu.
    Er öffnete ihren Helm und nahm ihn vorsichtig ab. Emmas feuer-rote Wange war kalt, aber er fühlte einen Puls.
    Er nahm sich die Zeit, sie zart zu küssen. Dann flößte er ihr aus seinem Helm Orangensaft ein.
    Er versuchte, Emmas verwundetes Bein zu behandeln. Das Bild, das sich ihm unter dem mit der Leine improvisierten Druckverband bot, gefiel ihm nicht. Die Wunde war durch den Kontakt mit dem Vakuum gefroren, und das restliche Bein sah glasig aus.
    Aber wenigstens war sie nicht verblutet, sagte er sich, und sie schien auch keine Schmerzen zu haben. Er säuberte die Wunde, so gut er konnte.
    »… Malenfant?«
    Bei diesem völlig unerwarteten Laut schnappte er nach Luft und fuhr herum.
    Sie war wach und schaute ihn an.
    Maura Delta:
    Das Leben im Kapitol war viel härter geworden, auch ohne die Protestierer. Und die Parolen der Demonstranten, Kultgruppen und anderer unzufriedener Bürger auf den Straßen der Stadt, die sich immer schon bemerkbar gemacht hatten, waren zu einem Dauerzustand geworden. Manchmal hörte sie sogar durch die Fenster aus Panzerglas Schmerzensschreie, das Splittern von Glas, Gewehrschüsse und Granatwerfer-Explosionen.
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    Maura glaubte, dass die kollektive amerikanische Psyche sich dem Siedepunkt näherte. Ihre Arbeitshypothese war immer gewesen, dass die Amerikaner sich gern über die Widrigkeiten der Welt erhaben dünkten, wenn auch nur ein bisschen. Die Amerikaner hatten das am besten funktionierende politische System, die beste Technik, die stärkste Wirtschaft und das ausgeprägteste National-bewusstsein. Das meiste war natürlich ein Mythos, aber es war zumindest kein schlechter Mythos, und Maura war der Meinung, dass die Amerikaner mit dem Glauben an sich selbst grundsätzlich eine positive Rolle in der Weltgeschichte gespielt

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