Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Multiversum 1 Zeit

Das Multiversum 1 Zeit

Titel: Das Multiversum 1 Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
Vom Netzwerk:
Rakete gegangen wäre, wenn ich mit ihm zu diesem Asteroiden geflogen wäre, ich nun auch so tot wä-
    re, wie er es ist.
    Aber ich habe ihn nicht begleitet. Ich vermisse ihn, Maura. Na-türlich. Jede Minute des Tages. Ich vermisse das Lachen, wie er nach der Wüste roch, sogar die Art und Weise, wie er mein Leben durcheinander gewirbelt hat. Aber er ist nicht mehr.
    Jedenfalls ist das der Grund, weshalb ich den Auftrag angenommen habe. Der Mond, sagen Sie?
628
Maura Della:
    Und für Maura – die nie auf dem Mons gewesen war und nun auch nie dorthin kommen würde – hing der Mond am Himmel von Washington, wie er es immer schon getan hatte. Die Narbe des gescheiterten Angriffs blieb dem bloßen Auge verborgen. Sie hatte sich eine NASA-Standleitung ins Büro legen lassen, die Daten von Hubble und den Mondsatelliten-Kameras übertrugen: Bilder des namenlosen Kuppel-Artefakts auf der Oberfläche von Tycho.
    Hätten die Dinge nur ein klein wenig anders gelegen, wäre Maura Della vielleicht dort oben gewesen, als der Terz losging. Wäre selbst ins Kreuzfeuer geraten anstatt ihrer Assistentin.
    Doch während der Vorfall auf dem Mond in die Vergangenheit ausgriff, ging das Leben weiter. Die Panik flaut trotz der brisanten Daten ab, sagte sie sich. Cruithne, selbst der Mond, sind schließ-
    lich nur weit entfernte Gesteinsbrocken.
    Maura versuchte sich auf die Arbeit zu konzentrieren.
    Ihr lag ein schöngefärbter Bericht des Lawrence Livermore Laboratory über die exotische Waffentechnik mit der Bezeichnung FEL
    – Freie Elektronenlaser – vor, in die ein Großteil des Staatshaus-halts geflossen war und die sie dann auf dem Mond eingesetzt hatten – wobei sie spektakulär versagt hatte. Die Basis des FEL war ein Zyklotron, ein geschlossener Ring für die Beschleunigung von Elektronen. Obwohl für die Elektronen die Lichtgeschwindigkeit eine unüberwindliche Barriere darstellte, schienen sie unbegrenzt Energie speichern zu können. Und durch diese unbegrenzte Energie zeichnete die FEL-Technik sich gegenüber der konventionellen Lasertechnik wie zum Beispiel der chemischen aus. Die Verfasser des Berichts priesen den FEL mit bräsigem technokratischem Opti-mismus als ideale Waffe für die Kriegsführung im Weltraum: im Erdorbit oder auf dem Mond.
629
    Aber es hatte nicht funktioniert. Der FEL hatte die Mondbasis und die Kuppel von Never-Never Land zwar gründlich zerstört.
    Aber den Tropfen aus gekrümmtem Raum oder was auch immer es war, das den Kindern Schutz bot, hatte er nicht einmal angekratzt – wahrscheinlich lag das Ding noch immer wie ein Quecksilbertropfen im Schutt des Schlachtfelds von Tycho.
    Alles Mist. Der FEL war nur das letzte Zauberschwert in einer langen Reihe solcher Schwerter und technischer Gimmicks der USA, die die Erde besser und sicherer hatten machen sollen und natürlich immer versagt hatten.
    Sie las den Bericht nicht durch, sondern warf ihn gleich in den Verbrennungsofen.
    Dann widmete sie sich einem handschriftlichen Memo eines Kollegen mit Gerüchten über den Präsidenten, von denen Maura aber auch schon gehört hatte. Maura wusste, dass Whittacker ein christlicher Fundamentalist war. Das hatte in diesen unsicheren Zeiten wohl auch zu seinem Wahlerfolg beigetragen. Nun sei er in eine apokalyptische Depression verfallen, aus der – so hieß es – Teams aus E-Therapeuten und menschlichen Analytikern ihn zu befreien versuchten. Dass ein religiöser Eiferer mit dem Finger am atomaren Zünder vom Weltuntergang überzeugt war – dass das Leben nicht mehr lebenswert sei und dass man auch gleich Schluss machen könne, um das Reich Gottes schnurstracks herbeizuführen –, war, gelinde gesagt, Besorgnis erregend. Ein positiver Effekt der Freudenfeuer-Restriktionen war jedoch, dass die Vertraulichkeit besser als in der Vergangenheit gewahrt blieb, was wiederum die Glaubwürdigkeit solcher Informationen erhöhte …
    Es klopfte leise an der Tür. Freudenfeuer-Polizisten. Sie verbrannte die Nachricht hastig und ließ sie herein.
    Sie kamen etwa jede Stunde, zu unregelmäßigen Zeiten. Diesmal wurden ihre Aufzeichnungsgeräte auf Herz und Nieren geprüft.
630
    Die bierernsten Schnüffler verrichteten die Arbeit schnell und gründlich.
    Das war Teil des Freudenfeuers, einer landesweiten – im Grunde weltweiten – Dokumenten-und Datenvernichtung. Maura durfte Informationen nicht länger als einen Kalendertag aufbewahren.
    Alles musste von Hand geschrieben und nach Gebrauch verbrannt werden.

Weitere Kostenlose Bücher