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Das Multiversum 2 Raum

Das Multiversum 2 Raum

Titel: Das Multiversum 2 Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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schienen ihre Blicke Unbehagen zu verursachen.
    Es liegt daran, dass er auch ein Fremder ist, sagte sie sich. Er ist zu lang fortgewesen, wie ich auch. An diesem Ort ist er nicht mehr zu Hause, jedenfalls nicht so ganz. Sie fand das bedauerlich und tröstlich zugleich. Es gab immer jemanden, der noch schlechter dran war als man selbst.
    Sie übernachteten hier.
    Der Mond schien hell durchs Fenster. Insekten schwirrten um die Lampen des Hotels und wurden zischend versengt, wenn sie ihnen zu nahe kamen. Es war noch immer so warm, dass man kaum Schlaf fand. Sie sehnte sich nach dem übersichtlichen, kon-trollierbaren Innern eines Raumschiffs.
    Am nächsten Morgen bereiteten sie sich auf einen Streifzug durchs Land vor – in den Busch gehen, wie Ben es nannte. Ben trug Stiefel, ein weites Trikot, einen gelben Tropenhelm und enge grüne Shorts, die er ›stubbies‹ nannte. Meacher war mit einem Poncho bekleidet, einem breitkrempigen reflektierenden Hut und hatte Gesicht und Hände mit Sonnenschutz förmlich imprägniert.
    Sie würde es nämlich nicht spüren, wenn sie einen Sonnenbrand bekam.
    Sie hatten ein Fahrzeug gemietet, ein robustes Vehikel mit All-radantrieb und Ballonreifen. Die Karre war schon eine Rostlaube.
    Madeleine fiel auf, dass Ben einen ungewohnt gutturalen Tonfall hatte, wenn er mit den Einheimischen sprach. Ben verstaute Le-bensmittel – die er als tucker bezeichnete – und viel Wasser im Fahrzeug. Wesentlich mehr, als sie für nötig gehalten hätte. Das Wasser befand sich in großen gekühlten, klarwandigen Behältern, die Eskis – nach Eskimo – genannt wurden. Man vermochte das Auto erst dann zu starten, wenn die Sensoren meldeten, dass genug Wasser an Bord war.
    272
    Die Straße war eine schnurgerade schwarze Piste – wahrscheinlich intelligenter Beton, sagte sie sich, der sich selbst ausbesserte und eine Lebensdauer von ein paar hundert Jahren hatte, ohne dass man die Straße hätte instandhalten müssen. Sie waren als Einzige unterwegs.
    Das Erste, was sie sah, waren Zäune, Windmühlen und Kühe, sogar ein paar Kamele.
    Sie kamen an einer Aborigines-Siedlung vorbei, die von einem Maschendrahtzaun eingegrenzt wurde. Der Ort bestand aus Hütten mit Blechdächern und ein paar Gebäuden im Ortskern, die wie braune fensterlose Kästen wirkten – ein Krankenhaus oder ei-ne Kirche vielleicht. Überall schienen sich Kinder zu tummeln.
    Müll wurde über den Boden geweht, auf dem Glasscherben glitzerten.
    Sie hielten nicht an, und Ben warf nur einen flüchtigen Blick auf die Siedlung. Der Dreck schockierte Madeleine.
    Bald verließen sie das menschliche Siedlungsgebiet und fuhren durch eine rote Landschaft ohne Bäume. Nichts regte sich außer den fahlen Schatten hoher Wolken. Das Land war zu trocken, um als Acker-oder auch nur als Weideland genutzt zu werden.
    »Ein raues Land«, sagte sie unnötigerweise.
    »Darauf kannst du wetten«, sagte Ben, dessen Augen hinter einer verspiegelten Brille verborgen waren. »Und es wird noch rauer.
    Menschenleer. Für uns hat es aber gereicht. Wir haben das Land kaum berührt, glaube ich.«
    Er hatte recht. Nach ein paar zehntausend Jahren ›Versuch und Irrtum‹ und mühsam erworbenen Wissens hatten die Aborigines in diesem öden und trockenen Land zu überleben gelernt. Aber es war ein ständiger Überlebenskampf gewesen, in dem es keinen Platz gab für feste soziale Gefüge, weder für Propheten noch für Häuptlinge und privilegierte Klassen. Ihre Träume waren Träume von der Wanderung gewesen. Und vor der Ankunft der Europäer 273
    hatten die Schwachen, Kranken und Alten ein schlimmes Los gehabt.
    In einem Land von der Größe der Vereinigten Staaten hatten nur dreihunderttausend Menschen gelebt. Aber die Aborigines hatten auch unter widrigsten Bedingungen überlebt.
    Als das Gelände anstieg, stoppte Ben das Fahrzeug und stieg aus.
    Madeleine tauchte in heißen Staub, grelles Licht und Stille ein.
    Sie marschierte über ein Plateau aus Sandhügeln und zerbröseltem, verwittertem orange-rotem Gestein, das von tiefen trockenen Rinnen durchzogen wurde. Wie auf dem Mars, sagte sie sich. Aber hier wuchs Gras, gelbe und stachlige Büschel; es gab sogar Bäume und Büsche wie niedrige Mulgas mit stachligen Blättern. Ein paar Büsche waren kürzlich verbrannt, und grüne Knospen sprossen aus den geschwärzten Stümpfen. In ihren Augen wirkten die weit verstreuten Bäume und Grasinseln wie eine Parklandschaft, nur dass dieses Land von Dürre und Feuer

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