Das Multiversum 2 Raum
hatte den Beweis erbracht. Wieso weitermachen, wenn Roughneck jetzt schon ein kommerzieller Erfolg war?
Metalle waren aber nicht Franks Ziel, und er war schon zu weit vorgestoßen, um noch aufzuhören.
… Und dann gab es das erste Todesopfer hundert Kilometer unter der Oberfläche des Mondes.
Sie fand Frank im Büro in New Dallas. Er ging dort auf und ab, ein auf dem Mond eingesperrter Erdling, dessen Muskeln ihn vom Glasboden abstießen.
»Omeletts und Eier«, sagte er. »Omeletts und Eier.«
»Das ist ein Klischee, Frank.«
»Das waren wahrscheinlich die verdammten Grauen.«
»Es gibt aber keine Hinweise auf Sabotage.«
Er stapfte umher. »Schau, wir sind im Mantel des Monds …«
»Du brauchst dich vor mir nicht zu rechtfertigen«, sagte sie, aber er hörte nicht zu.
»Der Mantel«, sagte er. »Wenn du wüsstest, wie ich den hasse.
Tausend Kilometer wertloser Scheiß.«
»Der Unfall ist beim Wechsel zum Subterrene passiert, nicht wahr?«
Er fuhr sich übers fettige Haar. »Wenn du ein Staatsanwalt wärst und das hier ein Gericht, würde ich sagen, du hättest mich überführt. Jawohl, der Unfall passierte, als wir zum Subterrene wechselten.«
Sie waren schon zu tief für die einfache Legierungshülle und das gekühlte Mondglas, das Frank in den oberen Schichten verwendet hatte. Um den Mantel zu durchstoßen, würden sie einen Subterre-357
ne einsetzen. Hierbei handelte es sich um eine Weiterentwicklung der alten Tiefbohrungstechnik, eine Sonde, die das Gestein schmolz und ein eigenes Futterrohr hinter sich herzog, eine Röhre aus hartem Quasiglas mit hohem Schmelzpunkt.
Frank hielt einen hektischen Vortrag über Quasiglas. »Das ist das Zeug, das die MondJapaner für Raketendüsen verwenden. Hat einen sehr hohen Schmelzpunkt. Es basiert auf Diamant, ist aber ein Quasikristall, wie die Laborfritzen sagen – eine Mischform aus Kristall und Glas. Härter als gewöhnlicher Kristall, weil es keine glatten Flächen gibt, über die Risse und Defekte sich ausbreiten könnten. Und es ist ein guter Wärmeisolator. Außerdem wird das Loch gegen Bruch-und Scherbelastung gesichert. Durch Gesteins-bolzen, die durch die Ummantelung in den Fels getrieben werden.
Wir tun wirklich alles, um die Unversehrtheit der Struktur zu ge-währleisten …«
Das war, wie sie sich bewusst wurde, ein erster Entwurf der Aussage, die er vor dem Untersuchungsausschuss würde machen müssen.
Als der erste Subterrene in Betrieb genommen wurde, zog er eine Ummantelung mit einem hundert Meter langen unentdeckten Riss nach. Es hatte eine Implosion gegeben. Sie hatten den Subterrene selbst verloren, einen Kilometer Bohrstrecke und ein Menschenleben, das eines Vorarbeiters.
»Wir haben schon wieder angefangen«, sagte Frank. »In ein paar Tagen haben wir das wieder aufgeholt.«
»Frank, es geht hier nicht nur um den Zeitverlust«, sagte sie.
»Die Sache hat eine größere Dimension. Öffentliche Wahrnehmung. Komm schon; du weißt doch, wie wichtig das ist. Wenn wir hier einen Fehler machen, drehen sie uns den Hahn ab.«
Frank schien das nicht recht einsehen zu wollen. Für etwa eine halbe Minute schwieg er.
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Dann erfolgte ein Stimmungsumschwung, und er ging wieder auf und ab. »Weißt du, wir können das Blatt durchaus zu unsren Gunsten wenden.«
»Wie meinst du das?«
»Wir müssen den Mann, den wir verloren haben – wie hieß er gleich noch mal? –, zum Helden stilisieren.« Er schnippte mit den Fingern. »Hatte er Familie? Eine zehnjährige Tochter wäre perfekt, aber wir müssen nehmen, was wir kriegen. Wir müssen seine Kinder dazu bringen, dass sie Kirschblüten ins Loch streuen. Du weißt Bescheid. Auf die Botschaft kommt es an. Die Kinder wollen, dass die Bohrung abgeschlossen wird, im Andenken an den tapferen Helden.«
»Frank, der tote Ingenieur war eine Sie.«
»Dann müssen wir das anders aufziehen. Wir müssen die Grauen dazu bringen, unsere heldenhafte Maschinenführerin als Kriminel-le zu bezeichnen.«
»Frank …«
Er schaute sie an. »Du glaubst, das sei unmoralisch. Quatsch. Es wäre unmoralisch, aufzuhören; sonst wird jeder auf diesem Mond langfristig sterben, glaub mir. Was glaubst du wohl, weshalb ich dich gebeten habe, die Kinderclubs zu gründen?«
»Dafür?«
»Ja, zum Teufel. Ein paar dieser feigen Investoren wollten schon aussteigen. Nun werden wir mit den Kindern so viel Druck auf sie ausüben, dass ein Rückzieher ausgeschlossen ist. Wenn diese Ma-schinistin ein Kind in einem dieser
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