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Das Multiversum 2 Raum

Das Multiversum 2 Raum

Titel: Das Multiversum 2 Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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hell war, dass er graue, aber rasier-messerscharfe Schatten warf. Der Griff der Sonnengravitation war 404
    hier schon so schwach, dass Neptun mehr als die hundertfache Zeit der Erde für eine Umkreisung brauchte. Und die Leere im Umkreis um Neptun betrug mehr als das Zehnfache der Entfernung Erde-Sonne – eine Leere, in der der ganze Jupiter-Orbit Platz gefunden hätte.
    Die Welten, die hier draußen in dieser Stille, Kälte und Dunkelheit entstanden waren, hatten keine Ähnlichkeit mit der Erde.
    Hier waren die Planeten riesig und dunstig und mit leichten Elementen wie Wasserstoff und Helium angefüllt, die sich von den heißen inneren Welten gelöst hatten. Neptuns steiniger Kern war in dicke Schichten aus milchigem Gas gepackt; das Blau war Methan, kein Wasser. Es gab hier weder Kontinente noch Eiskappen.
    Aber sie hatte nicht erwartet, dass der Neptun der Erde so verblüffend ähnlich war. Sie verspürte Anwandlungen einer nostalgischen Sehnsucht: Denn die Erde selbst war nicht mehr blau, sondern mit einem weißen Leichentuch überzogen, dem Weiß des vor-dringenden Eises.
    Am letzten Tag ihres langen Fluges umrundete die Gurrutu mit feuernden Triebwerken die Kugel des Neptun. Das Manöver lief in völliger Stille ab, und Madeleine sah die große Welt an sich vor-
    überziehen, als ob sie durch eine riesige kalte, dunkle Kathedrale flöge.
    Und dort war Triton, der schon hell war und immer heller wurde. Er schwebte wie eine rosig-weiße Perle in der Leere.
    Der Landeanflug auf Triton war eine Herausforderung für die Navigationsroutinen. Triton war einzigartig unter den größeren Monden des Sonnensystems, denn er umlief Neptun in Gegenrichtung, umgekehrt zur Drehrichtung von Neptun selbst. Und Tritons Orbit war stark geneigt, etwa zwanzig Grad gegen die Ebene der Ekliptik. Diese exzentrischen Eigenschaften wurden Tritons Ursprung zugeschrieben: Er war früher ein eigenständiger Himmelskörper wie Pluto gewesen und dann von Neptun eingefangen 405
    worden, vielleicht durch die Kollision mit einem anderen Mond zum Teil oder durch einen Kontakt mit Neptuns Atmosphäre. Es war eine Katastrophe gewesen, in deren Verlauf der Mond zum Teil abgeschmolzen war und sich schließlich als Trabant stabilisiert hatte.
    Die Gurrutu schlug eine weite elliptische Umlaufbahn ein. Madeleine sah, wie eine Oberfläche aus zerklüftetem, rosig gemasertem Wassereis unter dem Schiff dahinzog. Tritons trübes Zwielicht wurde durch eine einzige, von Menschenhand erschaffene Boje erhellt: An der Position der Kasyapa Township, der Heimat von Bens Volk. Sie waren aber nicht allein im Orbit. Viele Emigranten-Transportschiffe vom Typ der Gurrutu umkreisten den Mond. Andere waren gelandet und ausgeschlachtet worden.
    Nach einem Tag wurden sie von einer kleinen Fähre in Empfang genommen. Tritons Atmosphäre, ein dünner Schleier aus mit Kohlenwasserstoffen versetztem Stickstoff, war für den Betrieb von Fluggeräten ungeeignet. Deshalb landete die Fähre auf den Düsen, wie die Apollo-Astronauten einst auf dem Mond gelandet waren.
    Die Fähre drehte sich und eröffnete Madeleine einen Blick auf den eisigen Boden. Der weiße Grund war rosig marmoriert, hier und da auch mit dunkleren Streifen überzogen, die wie Staubver-wehungen aussahen. Sie sah viele Einzelheiten, Grate, Spalten und Mulden im Eis, als ob die Kruste des Monds unter extremer Hit-zeeinwirkung geschrumpft wäre.
    Das Landungsboot zog für die letzte Phase des Landeanflugs die Nase hoch und ging in den Sturzflug. Der Horizont wurde schnell flacher, und der Boden explodierte förmlich in einer Detailfülle.
    Sie stiegen in eine Region ab, die kreuz und quer von niedrigen Graten durchzogen war. Das Eis wirkte wie ein Parkettboden mit Flächen und Vertiefungen. Und es gab Anzeichen menschlicher Aktivitäten: Zwei lange gerade Furchen zogen sich durch die geologischen Formationen – zwei schnurgerade Straßen wie römische 406
    Landstraßen waren ins Eis geschmolzen worden. Und am End-punkt, der im Zentrum einer der umrandeten Eismulden lag, erblickte sie eine kleine achteckige Rampe aus einem Werkstoff, der wie Beton aussah, ein paar silbrige Tanks und Gebäude in der Nä-
    he.
    Die Landung war weich. Madeleine und Ben schlossen die Anzü-
    ge und stiegen aus der Landefähre.
    Die umliegende Ebene war still, die Brennstofftanks und primitiven Gebäude lagen verlassen. Unter den Stiefeln knirschte Frost, der ein hartes weißes Gestein überzog.
    Kein Gestein, sagte sie sich. Das war

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