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Das Multiversum 2 Raum

Das Multiversum 2 Raum

Titel: Das Multiversum 2 Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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schmerzte.
    »Es gibt noch eine Möglichkeit«, sagte Ben. »Jenseits der Ethik, jenseits des angeblichen Konflikts mit den Gaijin. Du hast es an dir, überall dazwischenzufunken und Porzellan zu zerschlagen, Madeleine. Du bist wie Nereide, ein retrograder Irrläufer, der gekommen ist, um unsre kleine Gemeinschaft zu zerstören. Vielleicht ist das der Grund, weshalb du von dem Plan so angetan bist.«
    »Vielleicht stimmt das sogar«, sagte sie gereizt. »Wenn du glaubst, meine Psyche analysieren zu müssen.«
    Verärgert unterbrach sie die Verbindung.
    ■
    In der Einsamkeit der Gurrutu erstellte sie eine komplette virtuelle Projektion von Triton, eine dreidimensionale Kugel mit einem Durchmesser von ein paar Metern. Sie warf einen letzten Blick auf die eisige Oberfläche von Triton, die zarten Nuancen aus Pink, Weiß und Braun.
    Sie schaltete auf einen Blickpunkt am Triton-Äquator. Es war, als stünde sie auf der Oberfläche des Mondes.
    Nereide sollte zwei Aufgaben erfüllen: Tritons Rotations-Geschwindigkeit erhöhen und die Meere schmelzen. Deshalb musste sie den Mond in einem steilen Winkel reinbringen, um Triton am Äquator einen Drehimpuls zu verleihen. Als sie den virtuellen Kopf drehte, dräute Nereide dicht überm Horizont: Ein rampo-425
    nierter rotierender Mond, der schon räumlich wirkte und von Minute zu Minute anschwoll.
    In die Ecke des Blickfelds wurde ein laufender Countdown ein-geblendet. Sie löschte das. Sie hatte Countdowns immer gehasst.
    Ihre Abbildungssysteme zeigten Blumen-Schiffe der Gaijin im niedrigen Orbit um den Mond, die stiebenden goldenen Funken glichen. Sie grinste. Dann waren die Gaijin also auch neugierig.
    Sollten sie nur zugucken. Es wäre schließlich der größte Einschlag im Sonnensystem seit dem Ende der urzeitlichen Bombardierung.
    Was für eine Show. Dieses eine Mal wenigstens waren es Menschen, die den Himmel in Brand setzten.
    Das Ende kam mit unglaublicher Schnelligkeit. Nereide schwoll von einem dunklen Punkt zu einem Kieselstein an, zu einem faustgroßen Stein, zu – großer Gott – einem steinernen Dach über der Welt, und dann …
    Blendendes Licht. Sie schnappte nach Luft.
    Das Bild schaltete zurück zur Gesamtansicht des Monds. Sie hatte das Gefühl, gestorben und wiedergeboren zu sein.
    Eine Trümmersäule stieg senkrecht von Tritons Oberfläche empor wie ein mächtiger Geysir: Rotglühende Gesteinsbrocken, Dampf, glitzerndes Eis und größere Bruchstücke, die wie Kano-nenkugeln davonflogen.
    Nereide existierte nicht mehr.
    Der kleine Mond musste schon in der ersten Sekunde des Einschlags einen großen Teil der Substanz verloren haben, als Gestein, Eis und flüchtige organische Stoffe verdampft waren und sich auf Nimmerwiedersehen im All verflüchtigt hatten. Vielleicht würden sie vorübergehend einen neuen Ring um Neptun legen; vielleicht würde in Jahrhunderten ein Teil davon wieder auf Triton oder einen anderen Mond herabregnen.
    Sie wusste, dass dies ein höchst ineffizienter Prozess und deshalb auch ein Hauptkritikpunkt der Gegner des Projekts war. Einen 426
    Mond, einen vier Milliarde Jahre alten Mond für so ein dürftiges Ergebnis zu zerstören ist ein Verbrechen. Dem hatte Madeleine nichts entge-genzusetzen.
    Außer, dass sie sich im Krieg befanden.
    Und nun erschien etwas Neues an der Basis der Wolke. Es war eine kreisförmige Druckwelle, eine Wand aus splitterndem Eis wie eine Kraterwand, die über den Boden lief. Die Front hinterließ eine Spur der Verwüstung, und sie erkannte das Schimmern von flüssigem Wasser, das im Vakuum und in der Kälte dampfte.
    Schnell bildete sich Eis in Form von Platten und Schollen, die das Wasser zu überziehen versuchten. Aber es liefen noch immer die Nachbeben der großen Schockwelle durch dieses vorübergehende Meer, und mächtige blütenweiße Platten wurden hoch übers Wasser geschleudert, ehe sie in einem Hagel aus Bruchstücken zurück-fielen.
    Nun spieen in dieser verwüsteten Region Kryovulkane mit einem Durchmesser von Kilometern flüchtige Stoffe aus dem Innern von Triton aus: Stickstoff, Kohlendioxid, Methan, Ammoniak, Wasserdampf. Nereides Wärme tat ihr übriges; was von diesem Mond noch übrig war, musste sich zu Tritons Kern durchbohren, verbrennen, schmelzen und verdampfen. Bald verhüllte ein sich verdichtender Wolkenpilz die aufgewühlte Oberfläche.
    Ein paar der größeren Bruchstücke, die von der ersten Wolke empor geschleudert worden waren, hatten den Scheitelpunkt ihrer Flugbahn erreicht

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