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Das Multiversum 2 Raum

Das Multiversum 2 Raum

Titel: Das Multiversum 2 Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Füße kaum den Boden berührten. Es war schwer, diesen schnellen Bewegungen zu folgen – als ob man die Gangart eines Pferds herauszufinden versuchte. Nachdem er jedoch für eine Weile zugeschaut hatte, erschien diese Art der Fortbewegung ihm leicht und natürlich.
    Der an der Oberseite des Rumpfs positionierte Kopf saß dort, wo seiner auch war. Er sah drei Augen, etwas, das ein Mund zu sein schien und andere Körperöffnungen, bei denen es sich vielleicht um Ohren und Nase handelte. Sie schien nackt außer einem Gurt, der wie eine Schärpe um eine der drei Schultern geschlungen war. Er sah dort Werkzeuge baumeln: Einen Brocken aus quarzar-tigem Gestein, der vielleicht einen Faustkeil darstellte und etwas, das wie ein Bogen aus dem Naturkunststoff-Holz aussah. Stein-zeittechnologie, sagte er sich.
    … Natürlich Steinzeit. Die meisten Metalle würden hier korro-dieren. Gold wäre zwar beständig, aber man versuche mal, daraus eine brauchbare Axt zu fertigen. Selbst Feuer wäre problematisch; das Chlor würde die Entzündung hemmen. Dadurch wurde auch die Keramikherstellung zunichte gemacht.
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    Wegen eines biochemischen Störfalls waren diese Leute für immer in der Steinzeit gefangen. Und wegen der starken Erosion des Gesteins hatten sie nicht einmal davon viel.
    Vielleicht hatten diese Leute eine hohe Kultur, eine mündliche Überlieferung, Tanz. Das war aber auch alles, was sie jemals haben würden. Er betrachtete das herumwirbelnde Frau-Wesen mit einer Mischung aus Bewunderung und Mitleid.
    WELCHEN ZWECK HABEN DIE MUSTERLOSEN GERÄUSCHE, DIE SIE
    MACHEN?
    »Musterlos …« Malenfant lächelte. »Perzeptorische Inkongruenz, Kassiopeia. Transformiere deine Daten. Schau dir den Frequenzin-halt und das Verhältnis zwischen den Tönen an … Wir haben das aber schon besprochen.« Die Gaijin analysierten den Schall nämlich digital, nicht mit analogen mikrofonartigen Systemen wie dem menschlichen Ohr. Deshalb waren die Muster, die sie als angenehm – beziehungsweise wertvoll – empfanden, komplexe nume-rische Konstrukte und keine Harmonien, die menschlichen Ohren schmeichelten.
    Ein langes Schweigen. ES IST EINE FORM VON MUSIK.
    »Ja. Sie singen, Kassiopeia. Sie singen.«
    Nun näherte der Tanz sich dem Höhepunkt, und die Stimmen schwollen zu einem Heulen an. Einer der Tänzer löste sich aus der Gruppe und wirbelte auf die Grube zu, um die sie alle herumtanz-ten. Dann ließ er sich mit einer schnellen, fließenden Bewegung auf den Bauch fallen und rutschte in die Grube.
    Die Tänzer machten weiter, für eine halbe Minute, eine Minute, zwei, drei, vier. Malenfant schaute nur zu.
    Schließlich tauchte die Gestalt wieder aus dem Loch auf. Malenfant sah die drei Arme über den Rand der Grube ragen. Sie schien Probleme zu haben. Ein paar Tänzer eilten zum Loch, um ihren Partner herauszuholen.
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    Er lag auf dem Rücken und zitterte, offensichtlich schwer ange-schlagen. Aber er hielt etwas ins Licht. Es war lang, dunkelbraun, porös und stark verwittert. Es war ein Knochen – größer als ein menschlicher Knochen, halb so lang wie Malenfant und mit einem seltsamen Knubbel an einem Ende –, aber unverkennbar ein Knochen.
    »Kassiopeia – was hat er?«
    CHLORVERGIFTUNG. CHLOR IST EIN SCHWERES GAS. ES SINKT
    NACH UNTEN.
    »Wie in dieses Loch.«
    JA.
    »Als er runterging, um diesen Knochen zu holen …«
    Hatte der Tänzer sich eine Vergiftung zugezogen. Er war zwar widerstandsfähig gegenüber Chlor, vermochte es aber nicht zu atmen.
    Das Opfer gab den Knochen an jemand anders weiter. Malenfant sah, dass die Stelle, wo die lange, flossenartige Hand den Knochen umfasst hatte, angefressen war. Und als der andere Tänzer ihn ergriff, zischte und qualmte der Knochen. Kohlenstoff, der an der Luft verbrannte.
    Genau das würde meinen Knochen auch passieren; langsam, aber unweigerlich. Dieser Knochen kann keiner Kreatur gehört haben, die heute auf diesem chlorgeschwängerten Planeten lebt.
    SIE HAT IHR LEBEN GEOPFERT.
    »Wieso? Zu welchem Zweck?«
    Kassiopeia schien zu zögern. WIR HATTEN GEHOFFT, DU KÖNNTEST UNS DAS SAGEN.
    Er wandte sich von den wirbelnden, singenden Tänzern ab und marschierte zum Landungsboot zurück.
    ■
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    Er war erschöpft und niedergeschlagen.
    »Das war doch nicht immer eine Chlorhölle. Nicht wahr, Kassiopeia?«
    NEIN, erwiderte sie.
    Diese Knochengrube war der Schlüssel. Das und die karge Biosphäre.
    Einst hatte diese Welt große Ähnlichkeit mit der Erde gehabt, und das Chlor war im

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