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Das Multiversum 2 Raum

Das Multiversum 2 Raum

Titel: Das Multiversum 2 Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Meer gebunden. Dann war es – ausgesät worden. Dazu hatte es nur einer einzigen Kultur chlorfixierender Mikroben bedurft. Die Biester wurden in einer milden Atmosphäre über einem Meer mit viel Chlor ausgesetzt, das nur darauf wartete, freigesetzt zu werden. Und so begann es.
    Es war vor langer Zeit geschehen, vor hundert Millionen Jahren oder so. Zeit genug für die Lebensformen, sich anzupassen. Manche hatten einen Schutz gegen die zunehmende Chlorbelastung entwickelt. Anderen war es gelungen, Chlor in die Körperzellen einzulagern und als Beute ungenießbar zu werden. Ein paar setzten Chlorgas sogar zur Verteidigung ein, wie die Baummaus, die ihm ins Gesicht gerülpst hatte. Und so weiter. Solcherart war eine chlorresistente Biosphäre entstanden.
    Aber die Knochengrube enthielt Relikte des ursprünglichen Lebens, das vom Chlor ausgelöscht worden war. Die Relikte mussten für Millionen Jahre unter einer Schicht aus Kalkstein gelegen haben, bis der Kalkstein sich in einem batteriesäureartigen Regen einfach aufgelöst und die Knochen freigegeben hatte.
    Die Gaijin glaubten, dass die Chlorfixierer vorsätzlich auf dem Planeten ausgebracht worden waren.
    WIR KENNEN VIELE ARTEN, EINE WELT ZU ZERSTÖREN, MALENFANT.
    DIES IST EINE ZIEMLICH SUBTILE.
    Subtil und unauffällig; die Chlorfixierer hätten sich auch natürlich entwickeln können, und nach einer so langen Zeit wäre das 197
    Gegenteil schwer zu beweisen gewesen. Allerdings kannten die Gaijin diesen modus operandi bereits.
    Dieser Gedanke erschütterte ihn stärker, als er es für möglich gehalten hätte. Das war keine natürliche Welt; sie glich einem stran-gulierten Kadaver.
    WIR WISSEN, WIE MAN EINE WELT ZERSTÖRT, sagte Kassiopeia.
    WIR WISSEN SOGAR WESHALB.
    »Kampf um Ressourcen?«
    ABER WIR WISSEN NICHT, WESHALB DIESER TÄNZER DEN TOD
    GESUCHT HAT.
    »Das war ein Ritual, Kassiopeia, soweit ich das beurteilen kann.
    Vielleicht ein religiöses.« Wahrscheinlich kannten die Tänzer weder die Geschichte ihrer Welt noch die Bedeutung der uralten Fossilien. Vielleicht hielten sie sie für die Gebeine von Riesen, die ihre Welt erschaffen hatten.
    Aber das war etwas, das die Gaijin überhaupt nicht verstanden.
    MALENFANT, WAS BEWEGT EIN EMPFINDUNGSFÄHIGES WESEN
    DAZU, DIE MÖGLICHKEIT EINER BILLIARDE JAHRE DES BEWUSSTSEINS FÜR EINE IDEE ZU OPFERN?
    »Verdammt, das weiß ich auch nicht.«
    ABER DU HAST DOCH DAS GLEICHE GETAN, ALS DU DURCH DAS
    TOR GEGANGEN BIST. DU KONNTEST NICHT WISSEN, WAS AUF DER
    ANDEREN SEITE LAG. DU MUSST DEN TOD EINKALKULIERT HABEN.
    »Was wird das, Anthropologie die 101. Lektion? Ist das so wichtig für euch?« Die Antwort verblüffte ihn.
    MALENFANT, DAS IST VIELLEICHT DIE WICHTIGSTE FRAGE VON
    ALLEN.
    Der Planet wurde zu einer Scheibe und schrumpfte zu einem wasserblauen Punkt, der ihn schmerzlich an die Heimat erinnerte.
    Aber er war der Schauplatz eines monströsen Verbrechens, eines Biozids in einem schier unfasslichen Maßstab, das vor einer halben Ewigkeit verübt worden war.
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    »Das ist schon seltsam«, murmelte er. »Weder auf der Erde noch im ganzen Sonnensystem gibt es etwas Vergleichbares.«
    Der Gaijin antwortete nicht darauf, und Malenfant fühlte ein tiefes Unbehagen.
    Aber das Sonnensystem war jungfräulich. Das sah man doch auf den ersten Blick.
    Oder?
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kapitel 11
ANOMALIEN
    Carole Lerner schwebte aus der Luftschleuse.
    Sie war durch Karabinerhaken an einer Führungsleine gesichert, an der sie sich entlang hangelte. Die Leine verband ihr Schiff mit einem kleinen Mond. Die zwischen Raumschiff und Mond gespannte Leine wirkte wie ein dünner Faden, der jeden Moment zu reißen drohte. Der mechanische und der natürliche Himmelskörper trieben im freien Fall im leeren dreidimensionalen Raum.
    Jedoch wurde dieser Raum von einer riesigen leuchtenden Kugel dominiert, denn Carole Lerner befand sich im Orbit um die Venus.
    Bevor Carole hierher gekommen war und als erster Mensch die Venus, den Zwillingsplaneten der Erde besuchte, hatte niemand gewusst, dass die Venus überhaupt einen Mond hatte. Ihre Mutter hatte ihr ganzes Leben dem Studium der Venus gewidmet und den Mond nie gefunden; wahrscheinlich hatte sie sich nicht einmal träumen lassen, dass es ihn gab.
    Ohne ein Gefühl der Bewegung umkreiste sie mit dem Schiff den Planeten und tauchte in den Schatten ein, sodass die Venus sich zu einer scharf konturierten Sichel verengte. In der Nähe des Terminators, des verschwommenen Streifens, der den Tag von der Nacht

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