Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Multiversum 2 Raum

Das Multiversum 2 Raum

Titel: Das Multiversum 2 Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
Vom Netzwerk:
sie ihre Aufregung nicht zu verbergen vermochte. Sie dirigierte Carole zu den Bergen. Mit den automatisierten Sonden hatte Nemoto etwas gefunden, das ein würdiges Ziel für den einzigen Lande-versuch darstellte.
    Ishtar Terra war ein Kontinent von der Größe Australiens, der hoch über die Ebene aufragte. Carole schwebte von Westen über ein Plateau namens Lakshmi Planum ein: Ein riesiges Lavafeld von der doppelten Größe Tibets. Begrenzt wurde das Planum von schroffen Bergketten – lange gekrümmte Grate mit tiefen Ein-schnitten. Das Terrain erinnerte sie an die Appalachen aus der Vo-gelperspektive. Und der südliche Rand wurde durch eine große klippenartige Erscheinung markiert: Mit einer Höhe von drei Kilometern und einem Gefälle von mehr als zwanzig Grad. Die Flanken waren von Erdrutschen vernarbt.
    Im Osten stieg das Gelände bis zu der gewaltigen Bergkette an, die Maxwell Montes genannt wurde. Sie trieb in südlicher Rich-226
    tung über einen der Gipfel hinweg. Er war mehr als elf Kilometer hoch, fast das Anderthalbfache des Mount Everest. Seine Flanke wurde von einem riesigen Einschlagkrater gezeichnet. Sie ging in den Sinkflug und peilte die südwestliche Ecke des Massivs an.
    Die Landung war weich und problemlos.
    Der erste Mensch auf der Venus. Mama, du müsstest mich jetzt mal sehen.
    Carole machte einen Schritt nach vorn und bahnte sich einen Weg zwischen lockeren Gesteinsplatten. Sie hörte keine Windgeräusche. Als sie mit den metallisierten Stiefeln aber auf einen Stein trat, verursachte sie ein durchdringendes Geräusch; der Schall schien in dieser dichten Luft weit zu tragen.
    Die Welt war rot.
    Der Himmel dräute über ihr, eine riesige Kuppel aus einem trü-
    ben, bedrohlichen Rot. Die Luft war dick – sie setzte ihren Bewegungen Widerstand entgegen, als ob sie sich unter Wasser fortbewegte –, doch sie war klar und still. Das Gestein bestand aus roten Platten. Sie schienen von einer Art Reif überzogen zu sein; hier und da glitzerten sie matt. War das denn die Möglichkeit?
    Sie ging weiter und versuchte den Boden in der Manier eines Geologen zu beschreiben.
    »Die Ebene hat viele kleine Merkmale: Mulden, kleine Grate, Risse. Sie ist mit ein bis zwei Meter großen Steinplatten übersät.
    Sie gleicht einer ebenen Steinwüste auf der Erde.« Sie kniete sich hin, um einen Gesteinsbrocken näher zu untersuchen. Servomotoren halfen ihr, im schweren Anzug diese Position einzunehmen.
    »Ich sehe Schichten in diesem Stein. Er sieht aus wie terrestrisches Vulkangestein, vielleicht ein Gabbro, aber er scheint im Lauf der Zeit aus multiplen Lavaströmen entstanden zu sein. Der Stein ist mit dunklen Punkten übersät. Es scheint sich um Erosionsspuren zu handeln. Sie sind mit Partikeln gefüllt. Da ist etwas wie ein Reifüberzug, ein sehr feiner Schimmer, Kristallanhäufungen.« Sie 227
    hatte ein Labor dabei, das sie auf die Oberfläche eines Gesteinsbrockens drückte. Dann nahm sie eine Probe dieser seltsamen Reifschicht.
    Vorsichtig streckte sie die Hand aus, die im gelenkigen Wolfram-handschuh wie eine Klaue aussah, und berührte den Stein. Die Reifschicht löste sich ab. Sie war hauchdünn. Es handelte sich na-türlich nicht um Wassereis-Frost. Was dann?
    Ein handtellergroßes Stück des Steins scherte entlang einer Ebene ab und zerbröselte zu Staub und Bruchstücken, die langsam zu Boden sanken.
    Sie richtete sich auf. Versuchsweise hob sie den Fuß und trat auf einen Stein. Er zerbröckelte wie eine Meringe und brach entlang von Rissen, die tief in der Struktur des Steins wurzelten.
    Hier lag chemische Verwitterung vor. Es gab kein Wasser, das das Gestein fortgespült hätte, keinen Regen, der es ausgewaschen hätte, keinen Frost, der es gesprengt hätte, keine Winde, die es mit Sand abgeschmirgelt hätten. Diese aggressive, korrosive Atmosphä-
    re drang in die feinsten Poren des Gesteins ein und zermürbte es von innen. Auf der ganzen Venus musste das Gestein verrotten, sagte sie sich, und auf einen Anstoß warten, durch den es zerbrö-
    selte und zerfiel.
    Sie schaute sich um.
    Sie stand auf einem Plateau der Maxwell Montes. Im Süden, nicht weiter als einen Kilometer entfernt, stürzte ein Kliff in die Tiefebene ab. Im Norden – jenseits des kompakten Landungsboots mit den starken Beinen – sah sie die Konturen der mächtigen Berge, tiefrote Kegel, die sich gegen den etwas helleren Himmel abho-ben.
    Sie war etwa fünf Kilometer über Normalnull gelandet (einen Meeresspiegel gab es auf

Weitere Kostenlose Bücher