Das Multiversum 2 Raum
Das war ein generelles Problem bei Leuten mit einer Mission.
Aber sie würde nur von Nemoto einen Job bekommen.
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Nach Reid Malenfant – obwohl sein Schicksal selbst nach dieser langen Zeit noch ungeklärt war –, war Madeleine der erste Mensch gewesen, der das Sonnensystem verlassen hatte. Ihre Erfahrungen im Licht fremder Sterne waren erstaunlich gewesen.
Bei der ersten Rückkehr ins Sonnensystem hatte man ihr einen triumphalen Empfang bereitet – obwohl sie damals schon eine historische Verschiebung festgestellt hatte, als ob die Welt in einen Schleier der Fremdartigkeit gehüllt worden wäre. Und sie war 247
durch den – für sie – plötzlichen Tod ihrer Mutter, der armen Sally Brind und anderer Bekannter geschockt worden.
Immerhin hatte Frank Paulis Plan für den strategischen Vermö-
gensaufbau beim ersten Mal hingehauen. Und sie hatte eine gewisse Berühmtheit erlangt. Sie war die erste Sternen-Reisende – nach Malenfant –, und das hatte ihr Anerkennung eingetragen.
Aber sie hatte ohne Bedauern die nächste Reise angetreten, war ins blaue Licht der Sattelpunkte geflohen und hatte die verwirrende menschliche Welt gegen die kalten Mysterien der Sterne einge-tauscht.
Die darauffolgende Heimkehr war schon weniger erfreulich gewesen.
Je mehr Zeit auf der Erde verging, desto mehr schwanden nämlich der Reiz des Neuen und das Interesse an den Sternen-Reisenden – und es war kaum noch jemand bereit, die Interessen dieser historischen Kuriositäten zu vertreten. Und nach der letzten Rückkehr musste Madeleine feststellen, dass durch eine Abwertung des UN-Dollars, der neuen globalen Währung, ihre Ersparnisse stark zusammengeschmolzen waren. Und dann hatten die Banken beschlossen, die anschwellenden Konten der Sternen-Reisenden zu sperren. Dieser Schritt war im Einvernehmen aller zwischenstaatli-chen Behörden bis hinauf und einschließlich der UN erfolgt.
Und nach der Diagnose des Diskontinuitäten-Syndroms war keine Versicherung mehr bereit, ihr oder sonst jemandem Versiche-rungsschutz zu gewähren, der durch die Sattelpunkt-Tore gegangen war.
Aus diesem Grund brauchte Madeleine Geld.
Nemoto gehörte keiner Organisation an, und Madeleine war nicht imstande, ihre Rolle zu definieren. Aber die Quelle ihrer Macht war deutlich genug: Sie war am Leben geblieben.
Dank lebensverlängernder Behandlungen waren Nemoto und ein paar andere Privilegierte so alt geworden, dass sie einen neuen 248
Machtfaktor darstellten, dessen Einfluss aus Kontakten, Beziehungsgeflechten sowie alten Verpflichtungen aus erwiesenen Gefäl-ligkeiten resultierte. Nemoto war eine Gerontokratin, die sich die alten Kommunisten zum Vorbild nahm, die noch immer in China herrschten.
Madeleine wäre nicht überrascht gewesen, wenn es sich herausgestellt hätte, dass Nemoto selbst oder die anderen Gerontokraten hinter dieser Schweinerei steckten. Durch die Sperrung der Konten der Sternen-Reisenden hatte Nemoto ein Druckmittel gegen Madeleine und diejenigen, die in ihre Fußstapfen traten, in die Hand bekommen. Außerdem waren durch diese Strategie die möglichen Ambitionen der Sternen-Reisenden durchkreuzt worden, durch ih-re Langlebigkeit in der Heimat eine Machtfülle anzuhäufen.
Sie fragte sich, ob die Gerontokraten – erzkonservativ, eigennützig, geheimniskrämerisch und besessen wie sie waren – auch für ein größeres Übel verantwortlich waren, das in ihren Augen diese in die Zukunft geschleuderte Welt befallen hatte. Es waren wohl Veränderungen erfolgt – neue Moden, technische Gebrauchsgegenstände und Begrifflichkeiten –, aber kein erkennbarer Fortschritt.
Weder in der Wissenschaft noch in der Kunst sah sie tiefgreifende Innovationen. Die Nationen der Welt hatten sich zwar fortentwi-ckelt, aber die verschiedenen supranationalen Strukturen waren seit Jahrzehnten unverändert: Die politischen Institutionen, die die Macht ausübten, waren erstarrt.
Und die Welt trug noch immer die Altlasten einer schnell sich verändernden Ökologie und Ressourcenverknappungen ab, und Auseinandersetzungen zwischen den Völkern mündeten immer wieder in regionale Kriege.
Niemand löste diese alten Probleme. Noch schlimmer, sie hatte den Eindruck, dass man es nicht einmal mehr versuchte. So gab es zum Beispiel keine verlässlichen Statistiken über demographische 249
oder soziale Entwicklungen mehr. Es war, als ob die Geschichte mit der Ankunft der Gaijin an ihr Ende gekommen wäre.
… Aber das war egal. Sie hätte daran auch
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