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Das Multiversum 2 Raum

Das Multiversum 2 Raum

Titel: Das Multiversum 2 Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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nichts zu ändern vermocht. Reisen war das Einzige, worauf es ankam. Der Rest war Geschichte, auch für Madeleine.
    ■
    Ben führte sie zu ihrem Apartment. Er musste ihr zeigen, wie man die Tür öffnete. Im Jahr 2131 wurden die Türschlösser mit einem Fußmechanismus betätigt.
    Der Raumhafen in Ost-Guayana, der in den achtziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts von den Europäern angelegt worden war, erstreckte sich ungefähr zwanzig Kilometer an der Atlantik-küste von Sinnamary nach Kourou, einem alten Fischerdorf. Es gab Kontrollgebäude, Booster-Montagehallen, Prüfstände für Feststoff-Booster und Startkomplexe, die alle mit verwirrenden franzö-
    sischen Akronymen markiert waren – BAF, BIL, BEAP – und durch Straßen und Schienen miteinander verbunden waren, die aus dem Fenster wie Schneisen im Dschungel anmuteten.
    Ariane war für die damalige Zeit, vor hundertfünfzig Jahren, ei-ne gute Technik gewesen. Sie war aber schon durch Nachfolgege-nerationen von Raumfahrzeugen ersetzt worden, noch bevor die Gaijin mit ihren umweltfreundlichen und ultramodernen Landungsbooten den Großteil des Flugbetriebs von der Erde in den Orbit abwickelten. Als die Franzosen Ost-Guayana aber in die Unabhängigkeit entließen, beschloss die neue Regierung, Kourou wieder in Betrieb zu nehmen.
    Und so hatte Ost-Guayana, eine der kleinsten und ärmsten Nationen der Erde, plötzlich ein Weltraumprogramm.
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    Die Ariane war also weitergeflogen, während die Welt sich weiter drehte, Nationen, Konzerne und Verbände kamen und gingen, und neue Konstellationen hatten sich herauskristallisiert, deren bloße Namen Madeleine schon seltsam anmuteten. Doch die Ariane blieb: Eine veraltete, umweltverschmutzende und unzuverlässige Trägerrakete, die von Auftraggebern benutzt wurde, die kein Geld für bessere Systeme hatten.
    Wie Nemoto.
    Vielleicht war es kein Wunder, sagte sich Madeleine, dass Nemoto, auch so ein Relikt aus den Anfängen des Weltraum-Zeitalters, sich hier niedergelassen hatte.
    Die Unterkünfte waren in einer alten Produktionsstätte für Festbrennstoff eingerichtet worden, einem Gebäude, das noch älter war als Madeleine. Die Gebäudeansammlung wurde noch immer UPG genannt, was für Usine de Propergol de Guyane stand. Es handelte sich dabei um ein Ensemble aus kubischen weißen Bauten, die wie ein mediterranes Dorf auf einem Hügel zusammengewür-felt waren. Die Einrichtung war nicht luxuriös, aber komfortabel genug. Ungefähr vierhundert Menschen lebten hier: Die australischen Auswanderer sowie ständiges technisches und Verwaltungs-personal, das die automatisierten Anlagen überwachte. Früher hatten zwanzigtausend Menschen in Kourou gelebt, ein Fünftel der Bevölkerung des ganzen Landes. Das Gefühl der Leere, des Alters und Verfalls war überwältigend.
    Sie schlief ein paar Stunden. Dann unternahm sie einen Streifzug durch das Apartment.
    Es war frappierend, welch rasantem Wandel die alltäglichen Gebrauchsgegenstände unterlagen. Die Toilette zum Beispiel war nur ein Loch im Boden, und es dauerte einige Zeit, bis sie die Spülung gefunden hatte. Die Dusche war genauso schlimm; sie musste extra Ben rufen, damit der ihr erklärte, dass man für die Regulie-251
    rung der Wassertemperatur den Finger in ein kleines Becken halten musste, in dem dann die Körpertemperatur ausgelesen wurde.
    Und so weiter. Der ganze Kram, mit dem die anderen aufgewachsen waren. Überall, wohin sie ging, kam sie sich wie in einem fremden Land vor; sogar in ihrer Heimatstadt. Sie ärgerte sich da-rüber, dass die Leute ihre Bitten um elementarste Informationen nicht ernst nahmen. Und mit jedem Einstein'schen Zeitsprung, den sie machte, wurde es schlimmer.
    Ein paar Minuten nach dem Duschen brach ihr schon wieder der Schweiß aus.
    Sie hatte natürlich keine Beschwerden. Die Diskontinuität verursachte ein Gefühl der Taubheit, wo sie eigentlich Schmerzen oder Unwohlsein hätte spüren müssen. Als ob sie in Trance gewesen wäre. Sie rubbelte sich wieder trocken und versuchte sich nicht zu kratzen.
    Vielleicht war das auch zu erwarten gewesen. Noch bevor die Sattelpunkt-Teleportationen in der Praxis demonstriert worden waren, hatten manche Leute bezweifelt, dass es auch nur im Prinzip möglich sei, das menschliche Bewusstsein herunterzuladen, zu speichern und zu übertragen. Die Datenspeicherung im Gehirn war kein mechanischer Vorgang. Das menschliche Bewusstsein war ein dynamischer Prozess, und kein statischer ›Schnappschuss‹

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