Das Multiversum 3 Ursprung
vor ihnen lautlos zwischen den Bäumen hindurch. Joshua und Mary erstarrten. Joshua ballte die Fäuste. War das ein Eiferer?
Der Schemen blieb stehen, und Joshua sah einen kompakten, kräftigen Körper mit kurzen Beinen und ellenlangen Armen; die ganze Gestalt war mit einem dunkelbraunen Pelz bedeckt. Sie streckte die Hand aus und packte ein Bambusrohr. Das Rohr bog sich, bis es brach, dann verschwand es in einem großen Schlund.
Es war ein Nussknacker-Mann. Joshua entspannte sich.
Mary ging stolpernd zu Joshua und verursachte dabei ein Knacken.
Der Nussknacker-Mann drehte den großen Schädel mit dem markanten Brauenwulst und den mächtigen Wangenknochen. Vielleicht sah er sie; wenn ja, wirkte er völlig ungerührt. Er schob sich den Bambus in den Mund und biss seitlich ins Rohr, um das Mark zu schlürfen. Beim Kauen versetzten die starken Kiefermus-keln den ganzen Kopf in Bewegung.
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Obwohl die Nussknacker träge und dumm waren und leicht in die Falle gingen, waren sie durch ihre Muskelkraft schwere Gegner.
Jedoch wagten die Nussknacker sich kaum aus dem Wald heraus, und wenn sie es taten, verhielten sie sich den Hams gegenüber friedlich. Dafür aßen die Hams keine Leute. Die beiden Arten hatten wenig gemeinsam, waren in keiner Hinsicht Konkurrenten und gingen sich einfach aus dem Weg.
Nach einer Weile hatte der Nussknacker-Mann den Bambus verspeist. Er verschwand behände im Grün, wobei er Hände und Füße langsam und methodisch aufsetzte. Dabei bewegte er sich aber beinahe lautlos und so schnell, dass Joshua ihn auf gar keinen Fall eingeholt hätte.
Aus Neugier probierten Joshua und Mary den Bambus. Sie mussten mit vereinten Kräften einen Stamm knicken, der so dick war wie der, den der Nussknacker-Mann mit einer Hand abgebrochen hatte, und als Joshua hineinbeißen wollte, rutschten die Zäh-ne auf der glatten Rinde ab.
Sie drangen immer tiefer in den Wald ein. Die Sonne, deren Lichtsplitter durchs dichte Blätterdach fielen, stand nun im Zenit.
Joshua erhaschte hin und wieder einen Blick aufs Meer, und weil er es zur Rechten hatte, wusste er, dass er sich in der ungefähren Richtung bewegte, wohin der schwarzweiße Samen geflogen war.
Mary hielt sich dicht hinter ihm. Ihr schwellender Bizeps zeichnete sich unter den dicken Fellen ab, die sie um die Arme gewickelt hatte.
Und nun huschte wieder ein Schatten vor ihnen durch den Wald. Nur dass er diesmal viel mehr Lärm machte. Vielleicht war es ein Bär, dem es egal war, wer oder was ihn hörte. Sie gingen unter ein paar verschlungenen Ästen in Deckung und ließen furchtsam den Blick schweifen.
Der Schatten war klein, sogar zierlich.
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Es war nur ein Mann, noch dazu ein schwächlich wirkender Mann, der bei weitem nicht die Statur eines Ham, nicht einmal die eines Nussknackers hatte. Er war ein Skinny: Sicherlich ein Eiferer. Er hatte Häute eng um Gliedmaßen und Torso geschlungen und trug ein langes Bambusrohr. Sein Gesicht wurde von einem dichten schwarzen Bart entstellt, und er murmelte etwas vor sich hin, während er geräuschvoll durch den Wald brach.
Er suchte sich mit Bedacht einen massiven Baum aus und setzte sich darunter. Dann langte er in die Hose, um sich an den Hoden zu kratzen und ließ einen prasselnden Furz entweichen. Anschließ-
end führte er das Bambusrohr zum Mund. Zu Joshuas Erstaunen quoll eine schaumige Flüssigkeit aus dem Rohr in den Mund des Manns. »Hoch mit dem Arsch, Lobegott Michael.« Er hob das Rohr und trank wieder. Dann stimmte er ein Lied an: »Da ist eine Lady, gar lieblich und nett …«
Mary hielt sich die Hand vor den Mund, um ein Lachen zu unterdrücken. Der Eiferer trällerte wie ein kränkliches Kind.
Joshua war vom Bambusrohr fasziniert, von der Art und Weise, wie die trübe Flüssigkeit in den Mund des Manns rann und am bärtigen Kinn herabtropfte.
Der Eiferer leerte den Inhalt des Bambusrohrs. Dann lehnte er sich gegen den Baum und schob die Hände in die Ärmel. Er hatte einen breitkrempigen Hut auf dem Kopf, und als er sich zurück-lehnte, rutschte er ihm ins Gesicht und verdeckte die Augen. Dann öffnete sich der Mund, und bald entwichen ihm rasselnde Schnarchgeräusche.
Joshua und Mary schlichen sich an und richteten sich vor dem schlafenden Eiferer auf. Joshua bückte sich nach dem Bambusrohr und drehte es um. Ein Rest der schaumigen Flüssigkeit tropfte ihm auf die Handfläche. Er leckte sie neugierig ab. Sie hatte einen säuerlichen Geschmack und schien eine berauschende Wirkung zu
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