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Das Multiversum 3 Ursprung

Das Multiversum 3 Ursprung

Titel: Das Multiversum 3 Ursprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Raupe windet sich auf seiner Zunge. Seine Hand zieht sie aus dem Mund. Er erinnert sich daran, wie er sie gefangen hat, ein scharfer Splitter der jüngsten Erinnerung.
    Er macht, dass die Hand die Raupe Emma darbietet.
    Emmas Augen schauen sie an. Sie ist feucht von seinem Speichel. Ihre Hand greift nach der Raupe und nimmt sie.
    Die Raupe ist in ihrem Mund. Sie kaut. Er hört ein Knirschen.
    Sie schluckt schwer. »Gut. Danke.«
    Nun riecht Feuers Nase das Fleisch noch stärker. Steins Axt hat den Brustkorb geknackt. Was auch immer im Bauch der neuen Person ist, wird sicher gut schmecken.
    Die andere Frau wacht auf. Ihre Augen schauen auf die Leiche und die Verrichtungen der Leute. Sie schreit. Emmas Hände pres-sen sich auf ihren Mund. Die Frau windet sich.
    Die Leute scharen sich um die Leiche. Feuer geht zu ihnen.
    Er hat die neuen Leute vergessen.
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Emma Stoney:
    Sie hatte Schmerzen in der Brust. Bei jedem Atemzug keuchte und japste sie, als ob sie nach einem Dauerlauf ausgepumpt oder im Hochgebirge wäre und an Sauerstoffmangel litte.
    Das war das Erste, was Emma auffiel.
    Das Zweite war die träumerische Leichtigkeit der Bewegung.
    Wenn sie ging, fühlte sie sich federleicht und voller Spannkraft – selbst im schlüpfrigen Gras und in der schweren Fliegerkombination. Aber sie strauchelte ständig. Langsam zu gehen war kein Problem, doch sobald sie die Gangart einschlug, auf die sie ›geeicht‹
    war – normales Schritttempo –, stolperte sie, als ob sie abheben wollte. Schließlich verlegte sie sich auf eine Art der Fortbewegung, die eine Synthese aus Gehen und Laufen darstellte.
    Außerdem entwickelte sie hier beachtliche Kräfte. Als sie die Frau – Sally? – mit dem weinenden Kind an den Beinen aus dem Regen in die relative Sicherheit des Walds zog, hatte sie sich bären-stark gefühlt und das Gefühl gehabt, deutlich mehr heben zu können als unter normalen Umständen.
    Der Wald war dicht und finster. Bei den Bäumen schien es sich um außergewöhnlich große Koniferen zu handeln, die hoch über ihr aufragten und ein grünes Dach bildeten, und da und dort sah sie Farne, große, uralte und breitblättrige Pflanzen. Das Blätterdach bot ihnen einen gewissen Schutz, aber es fielen noch immer große dicke Regentropfen auf sie. Wenn die Tropfen sie trafen, blieben sie an ihr haften – und sie stachen. Ihr fiel auf, dass viele Blätter verschrumpelt und mickrig waren. Saurer Regen …?
    Es herrschte ein eigenartiges Schweigen im Walde. Kein Vogelgezwitscher. Und wo sie nun darüber nachdachte, hatte sie in der Zeit, die sie schon hier war, auch noch keinen Vogel gesehen.
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    Die flachköpfigen Leute – Hominiden oder was auch immer – folgten ihr nicht in den Wald, und sie fühlte sich etwas sicherer, als ihre gellenden Schreie verhallten. Jedoch wich diese Erleichterung nun einem zunehmenden Unbehagen wegen der Finsternis, die in diesem Wald herrschte. Das Kind schien das auch zu spü-
    ren, denn es wurde mucksmäuschenstill und schaute aus großen Augen.
    Sie gestand sich widerwillig ein, dass sie desorientiert, verängstigt und verwirrt war – schließlich hatte sie gerade ein Flugzeugun-glück überstanden, um Gottes willen, und war dann durch Raum und Zeit irgendwohin verschlagen worden. Außerdem war es kein großer Unterschied, ob man sich im Wald ängstigte oder auf einer offenen Ebene.
    … Was für ein Wald? Was für eine Ebene? Was ist das für ein Ort? Wo bin ich?
    Angesichts dieser ganzen Fremdartigkeit drohte sie in Panik zu geraten.
    Aber das Blut quoll noch immer aus dieser Wunde in Sallys Arm, einer Verletzung, die sie sich offensichtlich auf dem Weg hierher – von wo auch immer – zugezogen hatte. Und das Kind setzte sich auf den Waldboden und stimmte ins Weinen seiner Mutter ein, wobei ihm der Rotz aus der Nase lief.
    Eins nach dem andern, Emma.
    Das Kind, ein Junge, schaute mit großen leeren Augen zu ihr auf. Er schien nicht älter als drei zu sein.
    Emma kniete sich hin. Das Kind schreckte vor ihr zurück, und sie rang sich ein Lächeln ab. Sie suchte in den Taschen der Fliegerkombi nach einem Taschentuch und fand alles mögliche, nur kein Taschentuch. Schließlich wurde sie in der Hüfttasche von Sallys Jacke – sie trug eine Art Designer-Safarianzug mit einer khakifarbe-nen Jacke und Hose – fündig und kramte ein Papiertaschentuch hervor.
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    »Schnäuzen«, befahl sie.
    Mit der geputzten Nase schien der Junge sich etwas zu beruhigen.
    »Wie heißt du?«
    »Maxie.«

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