Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Multiversum 3 Ursprung

Das Multiversum 3 Ursprung

Titel: Das Multiversum 3 Ursprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
Vom Netzwerk:
halbverheilten roten Striemen übersät. Trotzdem hatte er vielleicht das Dreifache ihres Gewichts.
    Emma griff nach dem Steinmesser, das sie im Gürtel stecken hatte. »Bleib mir vom Hals!«
    Er entriss ihr das blaue Tuch und kippte die Fische in den Sand.
    Dann beschnüffelte er den Stoff mit seinen riesigen, schleimver-krusteten Nüstern und wischte sich damit übers Gesicht. »Das«, rief er. »Das!«
    Sie runzelte die Stirn. »Was ist damit? Was willst du mir sagen?«
    »Die Tür im Himmel«, sagte er. »Die Tür im Himmel. Die Flü-
    gel des Samens.« Er sprach sehr undeutlich – und als er den Mund öffnete, um ihr diese Dinge entgegen zu schreien, sah sie, dass von der Zunge ein großes Stück abgeschnitten war.
    Sie hätte von hier verschwinden sollen, sich in die Sicherheit der Hütte flüchten sollen, nur weg von diesem irren Kerl. Aber sie blieb. Denn kein anderer Ham hatte jemals von etwas wie ›der Tür im Himmel‹ gesprochen.
    »Welche Tür?«, fragte sie vorsichtig.
    »D'r Himmelssamen«, lallte er. »Die Graue Erde. D'r Samen fiel vom Himmel.«
492

Plötzlich durchzuckte sie der Blitz der Erkenntnis. Sie wirbelte herum und deutete aufs Landungsboot, das an der Klippe hing.
    »Ist es das, wovon du sprichst? Das Raumschiff – das Ding, das vom Himmel gefallen ist?« Sie zerrte an dem Stofffetzen. »An einem Fallschirm. Ein blauer Schirm, Flügel wie das hier.«
    Als Antwort bellte er. »Himmelssamen!« Und dann drehte er sich um und rannte wie ein olympischer Sprinter auf den Fuß der Klippe zu.
    Emma schaute ihm nach. Das Herz schlug ihr bis zum Hals.
    Sie könnte für den Rest ihres Lebens hier bleiben, ohne dass es ihr gelingen würde, die Unterstützung der Hams für ihr Vorhaben zu gewinnen. Vielleicht musste ein Ham verrückt sein, um ein solches Projekt auch nur in Betracht zu ziehen. Ein Ham wie Joshua.
    Jetzt oder nie, Emma.
    Sie schnappte sich den Rucksack und rannte hinter Joshua her.
    Es gab einen Pfad, der vom Strand zur Oberkante der Klippe führ-te. Joshua zeigte ihr den Weg; ohne seine Hilfe wäre sie aufge-schmissen gewesen. Aber es war eben ein Pfad für Hams – oder auch für Ziegen –, aber nicht für Menschen. Die Klettertour war eine ziemliche Anstrengung für Emma, die noch nie sehr sportlich gewesen war und schon gar keine Bergsteigerin. Trotzdem hielt sie mit schierer Willenskraft Schritt. Als sie das Plateau erreichte, war sie fix und fertig. Das Herz raste, und sie schnappte nach Luft. Es war wie in den ersten paar Tagen nach dem Sturz durchs Portal, als sie sich mühsam an diese fremdartige Höhenluft-Welt akklimatisiert hatte.
    Joshua verschwand sofort im Wald an der Klippe. Emma stand widerstrebend auf und folgte ihm.
    Joshua brach wie ein Bulldozer durch den Wald, brach Äste und Schösslinge ab und knickte manchmal sogar einen jungen Baum um. Er schien sich nicht um den Lärm, den er verursachte, zu 493
    kümmern – auch nicht um die Spur, die er hinterließ. Dieses Verhalten war ebenfalls untypisch für die Hams, denn die schlichen lautlos durchs Dämmerlicht des gefährlichen Walds.
    Schließlich erreichten sie eine Lichtung. Sie sah, dass etliche Bäu-me umgeknickt waren und blaue Stofffetzen an den Ästen hingen.
    Ihr Herz pochte heftiger. Joshua rannte über die Lichtung zur anderen Seite, wo eine letzte Baumreihe niedergemäht worden war.
    Dahinter war ein blau-grauer Himmel zu sehen. Sie folgte ihm.
    Schließlich stand sie an der Abbruchkante der Klippe und schaute auf Schleifspuren am Fels, Reste des Fallschirms und der Fall-schirmleinen. Und dort, nicht allzu tief unterhalb der Kante der Klippe, lag wie ein dicker Käfer, der sich in einem Spinnennetz verfangen hatte, das Landungsboot.
    Joshua ging in die Hocke und wies nach unten aufs Boot. »Himmelssamen«, sagte er aufgeregt. »Himmelssamen!«
    Sie schaute sehnsüchtig aufs Raumschiff: es war zwar eingedrückt, ramponiert, schmutzig und verwittert, aber sonst intakt.
    Sie sah keinerlei Anzeichen, dass jemand aus ihm ausgestiegen wä-
    re, seit es die Klippe hinuntergestürzt war.
    Von hier aus wirkte das Landungsboot winzig. Es gab auch keine Spur von dem Triebwerksbündel, ohne das das Schiff sich nicht vom Boden erheben und zur Erde zurückzufliegen vermochte.
    Sie setzte sich auf den Boden und dachte nach. Wo sie hier mit einem Neandertaler beisammen saß, muteten die inneren Angele-genheiten Amerikas völlig irreal an, aber sie wollte trotzdem nicht glauben, dass die US-Regierung einer

Weitere Kostenlose Bücher