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Das Multiversum 3 Ursprung

Das Multiversum 3 Ursprung

Titel: Das Multiversum 3 Ursprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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groß, zu dick, zu hell. Er musste mindestens den doppelten Durchmesser des fahlgrauen Mondes haben, an den sie ge-wöhnt war. Und er war auch keine gescheckte graue Scheibe wie Luna. Das war eine farbenprächtige Scheibe. Sie bestand zum gro-
    ßen Teil aus einem leuchtend stahlblauen Überzug, der im Sonnenlicht schimmerte. Andernorts sah sie braune und grüne Abschnitte. Und an beiden Enden der Scheibe – an den Polen vielleicht … sah sie Bänder aus gleißendem Weiß. Und über dem ganzen Gebilde wirbelten flache weiße Schlieren, Streifen und Kleckse, die sich an einer Stelle zu einem Wirbelwind-Knoten verdichtet hatten.
    Ein Meer: Diese metallisch schimmernde Fläche mußte ein Meer sein, und die braun-grünen Abschnitte folglich Land. Das war nicht der tote Erdmond: Es war ein Planet mit Meeren, Eiskappen, Kontinenten und einer Atmosphäre.
    Und dann machte sie in dem hell erleuchteten Quadranten die charakteristischen Konturen eines fast wolkenlosen und braunge-brannten Kontinents aus, den sie aus Schulbüchern kannte, aus dem Fernsehen und von Malenfants kindgerechten Screen-Shows.
    Es war ganz eindeutig Afrika, der Ort, von dem sie gekommen war.
    Das war gar kein ›Mond‹. Das war die Erde.
    Und wenn sie die Erde am Himmel sah, folgte daraus mit zwin-gender Logik, dass sie nicht mehr auf der Erde sein konnte.
    Es passte natürlich alles zusammen: Die andere Luft, die Leichtigkeit des Gehens, diese fremdartigen Quasi-Menschen, die sich 89
    hier tummelten. Im Grunde hatte sie es schon die ganze Zeit gewusst, nur dass sie es nicht hatte wahrhaben wollen.
    Aber wenn nicht auf der Erde, wo war sie dann? Wie war sie überhaupt hierher gekommen? Wie sollte sie jemals wieder nach Hause zurückkehren? Sie war nun schon so lang hier, wurde sie sich bewusst, ohne diese elementaren Fragen auch nur im Ansatz geklärt zu haben.
    Ein Schemen flog über sie hinweg, und Emma fror plötzlich.
    Eine große dunkle Wolke trieb über ihnen.
    Sally kam zu ihr. »Sie sprechen Englisch.«
    »Wer?«
    »Die Flachköpfe. Sie sprechen Englisch. Zwar nur ein paar Worte, aber es ist Englisch. Das muss etwas bedeuten. Sie haben es sicher nicht im Schlaf gelernt.«
    »Jemand muss es ihnen beigebracht haben.«
    »Ja.« Sie drehte sich zu Emma um und sah sie mit festem Blick an. »Wo auch immer wir sind, wir sind nicht die Ersten hier. Wir sind hier nicht mit diesen Affen allein.«
    Sie hat Recht, wurde Emma sich bewusst. Das war zwar nicht viel, aber immerhin ein Hoffnungsschimmer, ein Indiz, dass diese bizarre Erfahrung mehr umfasste als die Ebenen und die Wälder und die Hominiden.
    Emma schaute in den Himmel, an dem gerade die Erde aufging.
    Malenfant, wo bist du?
    Reid Malenfant:
    Malenfant parkte auf dem Parkplatz des ›Beachhouse‹. Dieses Ge-bäude in der Nähe des Kennedy Space Center war früher eine Art Astronauten-Partytreff gewesen und von der NASA in ein Konfe-renzzentrum umgewandelt worden.
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    Malenfant in seinem nicht gerade salonfähigen Jogginganzug betrat den Weg hinter dem Haus. Dann ging er über eine kurze Holztreppe zum Strand hinunter. Der Strand war leer, so weit das Auge reichte. Das war Privatgelände, ein zehn Kilometer langer unberührter Küstenstreifen am Atlantik, den die NASA für Astronauten und ihre Familien sowie für anderes Personal reserviert hatte.
    Es war noch dunkel.
    Er zog Schuhe und Strümpfe aus und spürte den kühlen, feuchten Sand zwischen den Zehen. Kleine, kaum sichtbare Krabben huschten vor seinen Füßen durch den Sand. Er fragte sich, ob sie vom Licht des neuen Monds verwirrt waren, wie so viele andere Tiere. Er machte Dehnübungen, wobei er sich erst auf ein gestrecktes Bein stützte, dann aufs andere. Die Gymnastik muss sein, Malenfant, welche Probleme auch immer du hast.
    Der Rote Mond war fast voll – der erste Vollmond seit seinem Auftauchen und Emmas Verschwinden. Schon einen Monat her.
    Der Schein des Roten Monds war viel heller als das Licht des ver-schwundenen silbrigen Monds; so hell, dass es alle Sterne außer den hellsten überstrahlte, so hell, dass der Himmel eine tiefblaue Färbung hatte – aber es war ein unheimliches Glühen, weder Tag noch Nacht. Es war wie in einem Film, sagte Malenfant sich, wie in einem alten Musical aus den 1940ern mit einem auf eine Lein-wand gemalten Mond.
    Malenfant hasste das: Das Licht, die große geheimnisvolle Kugel dort oben am Himmel. Für ihn war der Rote Mond wie ein loderndes Fanal des Verlusts von Emma.
    Er sog in tiefen Zügen

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