Das Multiversum 3 Ursprung
taumelte zurück und rieb sich die Augen.
Feuer kam aus dem Schatten des Walds gerannt. Mit einer fließ-
enden, fast eleganten Bewegung hieb er der Elfe einen Stein an die Schläfe. Das halbe Gesicht war zerschmettert. Sie fiel bewusstlos oder sterbend auf die Uferböschung.
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Nun ertönte allerorten ein großes Geschrei. Auf breiter Front brachen Elfen aus dem Wald. Sie rannten mit Steinen und Stö-
cken bewaffnet am Ufer entlang.
Aber die Läufer wehrten sich erbittert. Mütter packten ihre Kinder und rannten ins Wasser, wohin die Elfen-Leute ihnen anscheinend nicht folgen wollten. Männer und Frauen bewarfen die flin-ken Elfen-Leute mit Steinen und setzten sich mit Händen und Fü-
ßen zur Wehr.
Aber die Elfen-Leute waren in einer erdrückenden Überzahl, und sie kämpften mit einer animalischen Wildheit, die sogar noch die der Läufer übertraf.
Emma versuchte dieses Drama zu ignorieren und kümmerte sich wieder um Sally.
Nachdem Emma fünfzehn Mal gepresst hatte, hielt sie Sally die Nase zu und führte eine Mund-zu-Mund-Beatmung durch. Sie schmeckte Erbrochenes und Blut. Sie hob den Kopf, ließ die Luft aus Sallys Brust entweichen und versuchte es erneut. Nach zwei Atemzügen suchte sie wieder nach einem Puls, fand keinen und hieb wieder mit der Handkante auf Sallys Brust.
Derweil tobte der brutale, animalische Kampf.
Das ist nicht mein Kampf, sagte Emma sich. Das sind keine Menschen. Und wenn sie wirklich welche sind, dann eine Art Vorläufer-Spezies. Im Grunde sind das nur zwei Tierrassen, die um ein Revier kämpfen. Doch eine Art benutzte zumindest einfache Wörter – »Stein!« »Stein, Blau, Blau!« »Weg, weg!« –, und sie verspürte jedes Mal ein Gefühl der Genugtuung, wenn eine von diesen dürren Elfen von den Fäusten und Füßen der Läufer niedergestreckt wurde.
Nun löste Stein sich aus dem wirren Knäuel. Er hatte zwei Elfen am Rücken hängen. Eine hatte ihm die Zähne in die Schulter gegraben, und die andere hatte ihm einen Teil der Kopfhaut und ein Stück des rechten Ohrs abgerissen. Stein heulte, und Blut strömte 217
aus der rot glänzenden Wunde am Kopf. Mehr Elfen stürzten sich auf ihn, kratzten, bissen und schlugen. Stein ging in die Knie und wälzte sich ins Wasser.
Emma hörte einen gequälten Schrei. Eine Frau brach aus der kämpfenden Meute. Es war Gras. Ein paar Elfen hatten sich um etwas gedrängt, das mit braunen Gliedern zappelte und schrie. Es war ein Läufer-Kind – vielleicht Gras' Kind. Gras stürzte sich von hinten auf die Elfen. Sie wehrten sie mit Leichtigkeit ab, aber sie ließ nicht locker, bis man ihr mit einem spitzen Stein einen Schlag gegen den Kopf versetzte und sie grunzend in die Knie ging.
Die Elfen-Leute verschwanden mit ihrer Beute im Wald. Ihre kreischenden Triumphschreie klangen wie Gelächter.
… Und Emma fand noch immer keinen Puls. Sie setzte sich mit schmerzenden Armen und schmerzender Lunge auf den Boden.
Sie merkte, dass Maxie sie beobachtete. Er war ein Häufchen Elend und ganz still. »Ach, Maxie, es tut mir so leid.«
Stein war noch immer im Wasser. Er war auf allen Vieren, der Kopf wackelte, das Haar war klatschnass, und das Wasser unter ihm hatte eine rot-braune Färbung.
Feuer stand über ihm. Emma sah, dass er einen Felsbrocken in der Hand hatte, einen kopfgroßen Basaltbrocken.
Stein schaute auf, wobei Blut in ein Auge rann. Er hob die Hand, um sich von Feuer helfen zu lassen. Feuer ließ den Stein auf Steins Kopf herabsausen. Es gab ein Geräusch, als würde jemand in einen Apfel beißen.
Stein sackte zusammen. Dickes rot-schwarzes Blut bildete Schlieren im Wasser.
Feuer stand da und starrte auf die Leiche. Dann drehte er sich zu Emma um. Seine Körpersprache und der Blick drückten eine Härte aus, die sie bisher nicht bei ihm gesehen hatte. Sie wich zu-rück und kroch über den Boden.
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Feuer ging vor ihr in die Hocke. Seine kräftigen blutigen Finger berührten ihren Hals. Sie spürte die Brandnarben an der Handflä-
che und schauderte bei der Berührung. Er schob die Hand in die Fliegerkombi und umklammerte das Schweizer Messer. Die Lupe war ausgeklappt. Er brach sie ab, als ob er ein Streichholz zerbrechen würde.
Feuer schaute auf die Linse, auf Sallys Leichnam und auf Emma.
Er stank nach Blut. Dann ging er weg.
Maxie hatte sich in ein paar Metern Entfernung an einen Baum gelehnt. Sein Blick schweifte über die Läufer, den blutigen Sand, den Fluss.
Emma stand vorsichtig auf. Ohne Feuer aus den Augen
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