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Das Multiversum 3 Ursprung

Das Multiversum 3 Ursprung

Titel: Das Multiversum 3 Ursprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Gehölz. Eine schemenhafte Gestalt stand über ihr.
    Das war keine Elfe, auch kein Läufer. Es war eine Frau. Sie trug ein Fellgewand, das sie um die Taille mit etwas zusammengebunden hatte, das wie ein aus Gras geflochtener Strick aussah. Sie hatte Werkzeuge im Gürtel stecken, Werkzeuge aus Knochen und Holz. Ihre Gestalt wirkte kleiner und gedrungener als die eines Läufers. Sie hatte ein vorspringendes Gesicht ohne ein Kinn. Der Schädel war groß, größer als der eines Läufers, aber sie hatte einen dicken Knochenwulst über den Augen, hohe Wangenknochen, und über den Schädel zog sich ein Knochenkamm.
    Also kein Mensch. Das war eins der starken geheimnisvollen Wesen, die die Läufer als ›Ham‹ bezeichnet hatten. Emma verspürte eine ungeheure Enttäuschung und neuerliche Furcht.
    Die Frau winkte, eine unverkennbar menschliche Geste.
    Trotzdem zögerte Emma noch. Irgendwo auf dieser brutalen Welt waren die Leute, die die Läufer die englische Sprache gelehrt hatten. Wenn sie nicht mehr zur Erde zurückzukehren vermochte, dann lag ihre Zukunft – falls sie überhaupt noch eine hatte – bei ihnen und nicht bei dieser Ham.
    Dann warf sie einen Blick auf die Elfen. Sie hatten dem Jungen den Brustkorb aufgebrochen, und das Kind stieß ein letztes leises Stöhnen aus, als man ihm das Herz herausriss.
    Allzu viele Optionen hast du nicht, Emma.
    Sie folgte der Ham.
    Die Frau glitt durch den Wald und wies auf die Spuren, die sie im Laub auf dem Boden hinterlassen hatte. Wenn Emma in sie hineintrat, erzeugte sie kein Geräusch.
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Reid Malenfant:
    »Drei, zwei, eins«, sagte Nemoto lakonisch.
    Das Triebwerksbündel feuerte, und Malenfant wurde auf die Liege gepresst.
    Der Feuerschein der Raketen fiel auf die Wüsten und Wälder des Roten Mondes. Überall auf der kleinen Welt richteten Blicke sich gen Himmel, neugierig und teilnahmslos zugleich.
223

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Manekatopokanemahedo:
    Manekato verharrte an der Schwelle des Raums, gebremst durch eine Mischung aus Respekt und Furcht.
    Ihre Mutter, Nekatopo, lag im Sterben.
    Nekatopo atmete gleichmäßig und schaute an die sanft glühende Decke. Ein schlanker Arbeiter wartete am Bett auf ihre Anweisungen. Er war reglos wie ein polierter Stein.
    Nekapotos Raum war eine hexagonale Kammer, deren Form der Architektur des Hauses, eigentlich der ganzen Farm zugrunde lag.
    Dieser Raum war von Anbeginn der Abstammungslinie von Matriarchinnen bewohnt worden, und deshalb gehörte er nun Nekapoto – und würde bald Manekato gehören. Aber der Raum war kahl. Die Decke war hoch, und die Wände bestanden aus einer in pastelli-gem Pink glühenden Täfelung. Das einzige Möbelstück war das Bett, in dem Nekapoto lag, und auch das war hexagonal.
    Manekato erinnerte sich, dass ihre Großmutter diese Wände mit exotischen Früchten dekoriert hatte. Aber ihre Tochter hatte sie wieder abgenommen. »Ich ehre das Andenken meiner Mutter«, hatte sie gesagt. »Aber diese Wände bestehen aus Geformtem Raum; sie sind nicht materiell. Sie verschmutzen nicht und verfallen nicht. Sie haben eine Schönheit jenseits von Raum und Zeit, wie unsre Vorfahren es ihnen zugedacht hatten. Wieso sie also mit Vergänglichem entstellen …?«
    Manekato hatte die unwirkliche Schlichtheit in gewisser Weise aber als genauso überwältigend empfunden wie die überfrachtete Dekoration ihrer Großmutter. Wenn dieser Raum ihr gehörte, würde Manekato einen Mittelweg finden: Ihren eigenen Weg, wie alle Matriarchinnen ihn gegangen waren – und sie verspürte einen 225
    Anflug von Scham, denn ihre Mutter war noch nicht einmal tot, und sie richtete in Gedanken schon den Raum neu ein.
    Nun sah sie, dass Nekapoto Tränen über die Wangen rannen, das spärliche Haar benetzten und in die platte Nase tröpfelten.
    Manekato war zutiefst erschüttert. Ihre Mutter hatte nie geweint – nicht einmal, als sie die Nachricht von ihrem bevorstehenden Tod gehört hatte, nicht einmal an dem Tag, als sie ihren einzigen Sohn, Babo, hatte wegschicken und ihn für seine Hochzeit auf einer anderen Farm auf der anderen Seite der Welt abbilden müssen.
    Manekato floh von diesem Ort und hoffte, dass ihre Mutter ihre Anwesenheit nicht bemerkt hatte.
    Sie ging allein den Pfad entlang, der zum Ozean führte. Der Wind wehte sanft; sie spürte kaum, wie er ihr durchs dichte schwarze Haar am Rücken fuhr und hörte ihn auch kaum in den Bäumen rauschen, die sich in der Nähe an den Boden klammerten.
    Für einen Menschen hätte sie das Aussehen eines

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