Das Multiversum 3 Ursprung
dort.
Joshua betrachtete seine Kameraden, wie sie sich auf dem Boden herumlümmelten, Mark von den Fingern leckten und mit Wohlge-fallen Abels Legenden zuhörten. Er wusste, dass kein einziger von 238
ihnen seine Gedanken an die Vergangenheit, Zukunft und Veränderung teilte, an Messer, die in Steinen vergraben waren.
Joshua schwieg und schaute zur kühlen Schönheit der Erde auf.
Die Hütte stand in der Nähe des Sees unter dem Überhang der Klippe. Sie war aus Birkenschösslingen errichtet, die man gebogen und an den Spitzen zusammengebunden hatte. Pferde-und Antilopenhäute waren lose auf das Gerüst gelegt und mit Steinen beschwert worden. Schwere Steine säumten den Rand der Hütte. Der Bereich um die Hütte war mit Schutt übersät, mit Tierknochen, weggeworfenen Werkzeugen, Steinen, die man aus der Hütte entfernt hatte und Aschehäufchen.
Als die Jäger mit ihrer Fleischausbeute zurückkehrten, sah Joshua schon Rauch aus den Abzügen des Dachs aufsteigen. Es waren nur ein paar Kinder draußen, die mit herumliegenden Steinen und Fellresten spielten. Joshua sah, wie Fledermäuse die letzten Fleischfetzen von den Knochen nagten.
Die Kinder rannten zu den Läufern und schnappten verspielt nach dem Fleisch.
Das Innere der Hütte war verqualmt, aber die Feuer in den flachen Feuerstellen schlugen gelb-rote Flammen, die lange flackernde Schatten ans Dach aus Tierhäuten warfen. An den Feuerstellen saßen schon viele Frauen und Kinder. Die Frauen waren auch auf der Jagd gewesen. Weil die Kinder ihnen am Rockzipfel hingen, machten die Frauen im Gegensatz zu den Männern keine Jagd auf Großwild; allerdings trug der stetige Nachschub an erlegten Klein-tieren wie Bibern, Kaninchen und Fledermäusen mehr als zur Hälfte der Verpflegung der Gruppe bei.
Joshua entledigte sich der Kleidung, löste oder kappte die Lederschnüre und ließ die Häute fallen, wo er gerade stand. In der warmen, stickigen Luft der Hütte schabte er sich mit einem Stück aus dem Kiefer einer Antilope Dreck und Schweiß vom Körper.
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Bald waren alle nackt. Männer und Frauen, bis hinunter zu den Kindern waren alle gleichermaßen muskulös und untersetzt, und bald wimmelte die Hütte von braunen glitzernden Leibern, die mit Fleischbrocken und Steinen, Knochen und Fellresten umher-gingen und gegenseitig frische Wunden und Verletzungen begut-achteten. Die Hams führten ein Leben in ständiger Bewegung und körperlicher Dauerbelastung, so dass Blessuren an der Tagesordnung waren.
Niemand kannte hier seinen Vater. Dafür standen die Leute in Treue zu Müttern und Geschwistern, und die Paare lebten mehr oder weniger monogam, solange sie zusammen waren. Also wurde das Pferdefleisch halbwegs gerecht in der Gruppe verteilt.
Joshua suchte sich mit seinem Stück Fleisch einen Platz am Rand der Feuerstelle, die Ruth angelegt hatte, die mit Abel zusammen war. Um das kleine Feuer lagen Haufen getrockneten Seetangs, die als Brennstoff dienten. Abel setzte sich zu Ruth, und vor ihnen ließen sich zwei kleine Kinder nieder. Sie kauten mit blutverschmiertem Mund geräuschvoll auf Kaninchenbeinen herum.
Einer der jüngeren Männer näherte sich Mary, doch die schmiegte sich an ihre Mutter.
Joshua aß das Fleisch roh; er biss es mit spatelförmigen Zähnen ab und schnitt es mit einem Steinmesser, wobei er das Messer als Zahnstocher benutzte. Während der kräftige Kiefer das Fleisch zer-mahlte, arbeiteten Muskelstränge in den Wangen.
Er saß allein am Rand des Feuerscheins und sprach mit niemandem.
Er hatte bisher nur flüchtige Beziehungen mit ein paar Frauen gehabt. Abel hingegen teilte schon seit vielen Jahreszeiten eine Feuerstelle mit dieser einen Frau, Ruth. Wie die Männer und sogar ein paar Kinder sahen auch die Frauen zuviel Fremdheit in Joshua.
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In einer Ecke der Hütte saß der alte Jacob. Er hockte auf ein paar Steinen, die mit der flachen Seite nach oben auf dem Boden ausgelegt waren. Er beobachtete die anderen und wartete klaglos.
Als Abel sich satt gegessen hatte, setzte er sich zu dem älteren Mann. Er erzählte ihm mit sanfter Stimme von den Geschehnissen des Tages, wer was gesagt hatte und wer wem was angetan hatte, und gleichzeitig schnitt er mit einem kleinen Messer ein Stück Fleisch in Streifen. Dem alten Mann fiel das Kauen schwer; er klagte laut über den Schmerz in den fauligen Stümpfen der ausge-schlagenen Zähne. Also kaute Abel das Fleisch vor, bis es weich war und steckte es Jacob in den Mund, als ob er ein Kind
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