Das muss Liebe sein
ist. Nur ein Mann kann sich etwas dermaßen Idiotisches ausdenken. Ich kenne keine einzige Frau, die sich einen Penis wünscht.«
Als er sie über den Tisch hinweg anstarrte, verzogen sich beide Mundwinkel zu einem Grinsen. »Ich kenne ein paar, die sich meinen gewünscht haben.«
Trotz ihrer liberalen Ansichten zum Thema Sex spürte Gabrielle, wie ihr die Glut in die Wangen stieg. »So habe ich das nicht gemeint.«
Joe lachte und kippte seinen Stuhl auf zwei Beine. »Erzähl mir doch mal, wie du Kevin kennen gelernt hast.«
Gabrielle vermutete, dass Kevin Joe längst alles berichtet hatte, und sie fragte sich, ob Joe sie ausfragte, um sie bei einer Lüge zu ertappen. Es gab aber nichts, worüber sie hätte lügen müssen. »Wie Kevin dir sicher schon erzählt hat, haben wir uns ein paar Jahre, bevor wir Anomaly eröffneten, zum ersten Mal auf einer Versteigerung getroffen. Er war gerade von Portland hierher gezogen und arbeitete bei einem Antiquitätenhändler in der City, und ich arbeitete für einen Händler, der Läden in Pocatello, Twin Falls und Boise unterhielt. Nach diesem ersten Mal ist er mir ziemlich häufig über den Weg gelaufen.« Sie unterbrach sich kurz und wischte einen Brotkrümel vom Tisch. »Dann wurde mir gekündigt, und er rief mich an und fragte, ob ich mich mit ihm zusammen selbstständig machen wollte.«
»Einfach so?«
»Er hatte gehört, dass ich gefeuert worden war, weil ich jede Menge Haarkunst eingekauft hatte. Der Besitzer des Ladens stand dieser Richtung nicht sehr aufgeschlossen gegenüber. Ich hatte ihm die Kosten erstattet, aber er hat mich trotzdem gefeuert.«
»Und dann ruft Kevin dich an, und ihr zwei beschließt, ein Geschäft aufzumachen.« Er verschränkte die Arme vor der Brust und schaukelte leicht mit dem Stuhl. »Einfach so?«
»Nein. Er wollte ausschließlich Antiquitäten verkaufen, aber ich hatte den Antiquitätenhandel ein bisschen über, und so schlossen wir einen Kompromiss und einigten uns auf einen Kuriositätenladen. Ich habe sechzig Prozent der Startkosten aufgebracht.«
»Wie?«
Gabrielle redete äußerst ungern über Geld. »Du weißt doch sicherlich, dass ich über einen bescheidenen Trustfonds verfüge.« Und mehr als die Hälfte davon hatte sie in Anomaly investiert. Gewöhnlich vermuteten die Leute, sobald sie ihren Nachnamen hörten, dass sie ein unerschöpfliches Bankkonto hätte, aber das war nicht der Fall. Sollte ihr Laden einmal nicht mehr laufen, wäre sie beinahe pleite. Doch die Vorstellung, ihre Investition in den Sand gesetzt zu haben, beunruhigte sie nicht annähernd so sehr wie der Gedanke, Zeit verloren und Energie verschwendet zu haben. Ganz zu schweigen von dem Verlust der emotionalen Bindung an ihr Geschäft. Die meisten Menschen maßen Erfolg am monetären Gewinn. Gabrielle nicht. Natürlich wollte sie gern ihre Rechnungen bezahlen können, doch ihren Erfolg berechnete sie nach dem Ausmaß ihres Gefühls, glücklich zu sein. Sie hielt sich für sehr erfolgreich.
»Und Kevin?«
Wenn Erfolg für Gabrielle auch Glücklichsein bedeutet, wusste sie doch, dass Kevin es anders betrachtete. Für ihn war Erfolg etwas, das man sehen und anfassen konnte. Etwas, das er in der Hand halten, fahren oder am Körper tragen konnte. Demnach war er zwar rückständig, aber längst kein Krimineller. Und seine Einstellung machte ihn zu einem guten Geschäftspartner. »Er hat einen Kredit aufgenommen, um die restlichen vierzig Prozent beisteuern zu können.«
»Hast du dich denn darum gekümmert, Nachforschungen anzustellen, bevor du ins Geschäft eingestiegen bist?«
»Natürlich. Ich bin doch nicht auf den Kopf gefallen. Der Standort ist der wichtigste Faktor für den Erfolg eines kleinen Geschäfts. In Hyde Park strömen unablässig …«
»Moment.« Er hob eine Hand und unterbrach sie. »Das meinte ich nicht. Meine Frage war vielmehr, ob du je auf den Gedanken gekommen bist, Kevins Hintergrund zu erforschen, bevor du so viel von deinem eigenen Geld investiert hast.«
»Ich habe mir kein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen lassen, aber ich habe mit seinen vorherigen Arbeitgebern gesprochen. Sie alle waren voll des Lobes über ihn.« Was sie noch zu sagen hatte, würde er, so viel wusste sie, sowieso nicht verstehen, aber sie sagte es dennoch – hastig. »Und ich habe eine Weile darüber meditiert, bevor ich ihm meine Antwort gab.«
Er ließ die Hände sinken, seine Stirn furchte sich. »Du hast meditiert? Bist du nie auf den Gedanken
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