Das Muster der Liebe (German Edition)
Wichtigste.”
“Ja, aber … also, ich denke, wenn ich den Kurs mache, dann erfüllt das gleich einen doppelten Zweck.” Das klingt gut, dachte Alix und war mit sich selbst zufrieden. “Ich könnte lernen, wie man strickt. Und die Zeit, die ich dafür benötige, wird mir auf die Strafe angerechnet, die ich noch ableisten muss.”
“Von was für einer Strafe reden Sie?”
“Richter Roper hat mir hundert Stunden gemeinnütziger Arbeit aufgebrummt – wegen einer Drogengeschichte. Ich war es aber nicht! Ich bin nicht blöd, und er weiß das.” Ihre Hände verkrampften sich. Sie war immer noch wütend über die Anschuldigungen, denn das Marihuana hatte Laurel gehört. “Drogen nehmen ist dumm.” Sie zögerte, dann stieß sie hervor: “Mein Bruder starb an einer Überdosis. Und ich bin nicht bereit, mein Leben jetzt schon wegzuwerfen.”
Lydia straffte die Schultern. “Lassen Sie mich das alles mal zusammenfassen, damit ich Sie richtig verstehe. Sie möchten sich für den Strickkurs einschreiben und die Decke dem Linus-Projekt spenden?”
“Richtig.”
“Und die Zeit, die Sie für die Fertigstellung brauchen …”, sie zögerte kurz, “… möchten Sie gegen die gemeinnützigen Stunden, die Sie vom Gericht als Strafe erhalten haben, aufrechnen?”
Alix glaubte zu spüren, dass Lydia gewisse Vorbehalte hegte. Sie klang schon deutlich reservierter. Aber diese Art von Reaktion auf ihre Person kannte Alix bereits. “Haben Sie ein Problem damit?”, fragte sie kühl.
Wieder zögerte Lydia kurz. “Eigentlich nicht, solange Sie respektvoll mit mir und den anderen Kursteilnehmern umgehen.”
“Klar, kein Problem.” Alix blickte auf ihre Uhr. “Ich muss wieder an die Arbeit. Wenn Sie mich brauchen, ich bin fast immer im Videoladen.”
“Okay.” Plötzlich klang Lydia nicht mehr so selbstsicher, wie sie zu Beginn der Unterhaltung gewirkt hatte.
Der Videoladen war voll, als Alix zurückkehrte. Sie huschte schnell hinter den Tresen.
“Wo hast du so lange gesteckt?”, fragte Laurel. “Der Chef hat schon nach dir gefragt, und ich hab erzählt, du wärst auf dem Klo verschwunden.”
“Entschuldige. Ich war draußen, um zu rauchen.” Laut Arbeitsrecht hatte Alix Anspruch auf eine fünfzehnminütige Pause.
“Hast du einen von den Bauarbeitern getroffen?”
Alix schüttelte den Kopf, während sie zur Kasse ging. “Keinen einzigen. Vier Uhr nachmittags, und die Typen sind schneller weg als ’ne Rakete.”
“Wir sollten auch eine Gewerkschaft haben”, flüsterte Laurel ihr zu.
“Und anständige Sozialleistungen erhalten”, sagte Alix.
Eines Tages würde sie einen Job finden, in dem sie nicht nur den Mindestlohn erhielt. Es wäre schön, wenn sie eine Wohnung für sich allein hätte – eine Wohnung, die sie nicht mit Laurel teilen musste. Ihre Mitbewohnerin lebte am Rande des Abgrunds und war ständig in Gefahr, abzustürzen. Und Alix’ größte Angst war es, dass Laurel sie bei diesem Absturz mit sich reißen würde.
5. KAPITEL
“W enn du linke und rechte Maschen stricken und Anweisungen befolgen kannst, kannst du alles schaffen.”
(Linda Johnson, Lindas Knit ’N’ Stitch,
Silverdale, Washington)
Lydia Hoffman
Ich hatte Angst, dass Margaret recht behalten und
A Good Yarn
untergehen könnte. Und das, bevor es überhaupt richtig losgegangen war. Bisher waren erst drei Frauen für den Strickkurs angemeldet. Und Alix, die letzte, die sich eingeschrieben hatte, sah aus wie eine Schwerverbrecherin. Ich konnte und wollte mir nicht vorstellen, was Jacqueline und Carol zu einer Kursteilnehmerin sagen würden, die ein Hundehalsband trug und deren Haare in lila gefärbten Stacheln vom Kopf abstanden. Ich hatte Alix dazu ermutigt, teilzunehmen. Doch schon in dem Moment, als sie den Laden wieder verließ, fragte ich mich, ob ich das Richtige tat. Was hatte ich mir dabei gedacht?
Der Baulärm war mittlerweile nicht mehr ganz so störend, was eine ungemeine Erleichterung war. Trotzdem kamen nicht mehr Kunden in mein Geschäft. Das einzig Gute daran war, dass ich seit Langem einmal wieder Zeit und Ruhe fand, um ungestört zu stricken. Ich hätte dankbar für das sein sollen, was ich bereits erreicht hatte. Doch die fehlende Kundschaft bereitete mir echte Sorgen.
Jeder, mit dem ich mich über die Eröffnung des Ladens unterhielt, riet mir, genug Geld in der Hinterhand zu haben. Ich sollte für mindestens sechs Monate die Kosten decken können. Das hatte ich auch – trotzdem hoffte und betete
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