Das Muster der Liebe (German Edition)
ging es offenbar gesundheitlich nicht gut. Jacqueline war jedoch fest entschlossen, das Fernbleiben ihres Sohnes nicht als Affront gegen sich zu empfinden.
Es war das erste Mal, dass Paul einen Besuch bei seinen Eltern so offiziell angekündigt hatte, und Jacquelines Nerven waren seit seinem Anruf zum Zerreißen gespannt.
“Beruhige dich”, sagte Reese und folgte ihr in die Küche.
“Ich habe kein gutes Gefühl, wenn ich an heute Abend denke”, murmelte sie. Sie warf einen Blick auf die Uhr an der Mikrowelle und sah, dass es nur noch zehn Minuten bis zum Eintreffen der beiden waren. Unwillkürlich erschauderte sie, als sie daran dachte, mit Tammie Lee Small Talk machen zu müssen. Und sie fürchtete, Paul würde ihnen heute verkünden, dass er in die Nähe von New Orleans ziehen würde, damit Tammie Lee bei ihrer Familie sein konnte.
“Einen Termin zu vereinbaren, wann er herkommen darf … Das sieht Paul so gar nicht ähnlich.”
“Er wollte nur höflich sein und hat sich Gedanken gemacht.” Reese ging um den Tresen herum und setzte sich auf einen Barhocker. “Sollte das Stricken nicht deine Nerven beruhigen?”
“Das ist auch so eine Sache”, erwiderte Jacqueline. “Ich werde diesen lächerlichen Kurs nicht länger besuchen.”
Überrascht von ihren deutlichen Worten blickte er seine Frau an. “Was ist passiert?”
“Ich habe meine Gründe.” Ihr missfiel der Ausdruck in seinen Augen – es schien, als sei er enttäuscht von ihr. Aber er musste sich ja auch nicht mit dieser ungezogenen Punkrockerin auseinandersetzen, oder wie auch immer sich diese Leute heutzutage nannten. Alix glich dem Mitglied einer Straßengang. Das Mädchen machte ihr Angst. “Warum interessiert dich überhaupt, was ich tue?”, fragte sie und lehnte sich an den Küchentresen.
“Letzte Woche hast du noch den Eindruck gemacht, aufgeregt und neugierig zu sein”, sagte er beiläufig und zuckte die Schultern. “Ich dachte, es sollte eine versöhnliche Geste deinerseits sein. Du wolltest den Strickkurs doch belegen, um Paul etwas zu zeigen. Nämlich dass du dir ehrlich Mühe gibst, eine gute Großmutter zu werden.”
“Ich werde eine
wunderbare
Großmutter sein. Was für Möglichkeiten hat Tammie Lees Kind denn sonst schon? Wahrscheinlich ist das Wertvollste, das ihre Mutter es lehren kann, wie man Schweinefüße einlegt.” Der bloße Gedanke daran ließ sie erschaudern.
“Jacqueline …”
“Eigentlich ist es deine Schuld.”
“Meine Schuld?” Reese straffte die Schultern, blickte seine Frau an und schien einen Moment lang gegen einen Heiterkeitsausbruch kämpfen zu müssen. “Für
was
trage ich die Schuld?”
“Dafür, dass ich diesen Strickkurs so unmöglich finde.”
Er runzelte die Stirn. “Erzählst du mir bitte, was eigentlich los ist?”
“In dem Kurs ist eine junge Frau. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, warum sie überhaupt stricken lernen will, aber das tut im Augenblick nichts zur Sache. Sie ist abscheulich, Reese. Das ist das einzige Wort, was mir zu ihr einfällt. Ihr Haar ist in einem lächerlichen Lila gefärbt. Und sie scheint mich zu hassen, seit sie erfahren hat, dass du für die Sanierungs- und Umbauarbeiten in der Gegend der Blossom Street verantwortlich bist.”
Er nahm sein Weinglas. “Die meisten Leute begrüßen die Umbauarbeiten.”
“Alix lebt in dem Wohnhaus am Ende der Straße.” In Jacquelines Augen war das Haus ein rattenverseuchtes Loch. Wenn es abgerissen werden sollte, umso besser. Alix und ihresgleichen würden sich eben woanders günstige Wohnungen suchen müssen. Sie würden ohnehin nicht mehr in die vornehme Gegend passen, die die Blossom Street bald sein würde.
“Ah”, murmelte er und nahm einen Schluck von seinem Wein. “Ich verstehe.”
“Was soll mit dem Haus passieren?”, fragte sie.
“Das ist noch nicht entschieden worden.” Er ließ behutsam den Wein im Glas kreisen. “Die Stadt verhandelt gerade mit dem Besitzer. Mein Vorschlag war es, das gesamte Haus umzubauen und Eigentumswohnungen daraus zu machen. Aber es scheint, als seien einige Vertreter einkommensschwächerer Mieter an den Bürgermeister herangetreten.”
“Das ist bedauerlich. Diese Leute werden die Nachbarschaft negativ beeinflussen – und deine ganze Arbeit wäre dann für die Katz!” Eigentlich wollte sie nicht so pessimistisch klingen. Doch wenn alle Bewohner des heruntergekommenen Apartmenthauses so waren wie Alix, war der Ruf der gesamten Gegend in
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