Das Muster der Liebe (German Edition)
zuckte die Schultern. “Ich nicht.” Die Margaritas vom Mittagessen hatten bereits ihre Wirkung verloren.
“Was ist los?”, fragte er.
“Warum glaubst du, dass etwas nicht stimmt?”
Er runzelte die Stirn. “Ich habe dich noch nie so früh am Nachmittag Alkohol trinken sehen.”
“Manchmal muss das einfach sein.” Sie drehte sich um und betrachtete den Mann, mit dem sie einen Großteil ihres Lebens verbracht hatte. Sie kannte ihn so gut – und auch wieder überhaupt nicht.
“Wo bist du gewesen?” Er schaute sie an.
Sie konnte nicht genau sagen, ob es ihn wirklich interessierte. Vielleicht wollte er auch nur höflich sein. Jacqueline fand es nur seltsam, dass er sie überhaupt danach fragte. Das hatte er in letzter Zeit einige Male getan, aber sie konnte sich nicht erklären, warum.
“Ich war mit meinen Freundinnen unterwegs. Du weißt doch, unser monatliches Geburtstagsessen.”
“Du könntest Tammie Lee mal zu einer deiner Verabredungen mitnehmen.”
Das konnte nur ein Witz sein. “Warum sollte ich das tun?”
“Weil sie deine Schwiegertochter ist. Und weil es eine nette Art wäre, sie in der Familie willkommen zu heißen.”
“Ich bin keine Heuchlerin. Sie ist
nicht
willkommen. Ich dulde sie lediglich, und selbst das fällt mir zunehmend schwer.” Wenn nur noch ein Mensch in ihrer Umgebung anfing, Loblieder auf Tammie Lee anzustimmen, würde Jacqueline – und das schwor sie – einen Schreikrampf bekommen. “Warum glaubt eigentlich jeder, dass dieses Mädchen so wunderbar ist? Ich verstehe das nicht!”
Einen Moment lang blickte Reese sie an. “Hast du dich jemals gefragt, warum Paul sich in sie verliebt hat?” Seine Stimme klang kühl und kontrolliert. Das war normalerweise ein sicheres Zeichen dafür, dass er wütend wurde.
“Natürlich verstehe ich, warum Paul sie geheiratet hat. Seine Hormone haben ihn geleitet – nicht sein gesunder Menschenverstand.”
“Nein, so war es nicht”, rief er und schlug mit der flachen Hand auf die Anrichte.
Sie zuckte bei diesem untypischen Gefühlsausbruch unwillkürlich zusammen.
“Tammie Lee ist liebevoll, fürsorglich und großzügig. Der einzige Mensch, der das nicht sehen will, bist
du
. Und das alles nur, weil du für unseren Sohn einen anderen Plan hattest. Mach doch endlich die Augen auf!”
Sie starrte ihn an. “Willst du damit sagen, dass ich gefühlskalt und selbstsüchtig bin?” Wie konnte er es wagen, so mit ihr zu reden!
Im ersten Moment sah es so aus, als würde er ohne ein weiteres Wort das Zimmer verlassen. Aber offensichtlich entschied er sich dagegen und hielt noch einmal inne. “Vielleicht solltest du dir diese Frage selbst beantworten”, erwiderte er.
Dann ging er hinaus und schlug die Tür hinter sich zu.
19. KAPITEL
“S tricken ist ein beruhigender und wohltuender Weg, seine Kreativität auszudrücken. Und wenn dabei ein warmes, nützliches und mit Liebe gestricktes Kleidungsstück herauskommt – was für ein Geschenk.”
(Meg Swansen, Schoolhouse Press)
Lydia Hoffman
Die drei Frauen meines Strickkurses saßen um den Tisch herum, begierig, die letzte Stunde unseres Unterrichts zu beginnen. Bevor ich jedoch anfangen konnte, ergriff Jacqueline das Wort.
“Ich möchte bekannt geben, dass ich mich dazu entschlossen habe, nicht an dem neuen Kurs teilzunehmen.” Damit meinte sie unsere Strickgruppe, für die ich pro Teilnehmerin fünf Dollar pro Woche veranschlagt hatte.
Niemand erhob Protest, also sah ich mich genötigt, etwas zu sagen. “Es tut mir leid, das zu hören, Jacqueline.” Und diese Worte meinte ich auch so. Es war nicht nur die Kauffrau, die aus mir sprach – wenn Jacqueline blieb, würde sie mit Sicherheit die hochwertigeren Garne kaufen. Nein, ich spürte echtes Bedauern.
“Mir nicht”, sagte Alix, ohne mit der Wimper zu zucken.
“Das habe ich auch nicht von dir erwartet”, erwiderte Jacqueline und gab sich gar nicht erst die Mühe, ihre Wut zu verbergen.
Ehrlich gesagt fühlte ich mich auch ein bisschen erleichtert, nicht mehr länger den Schiedsrichter zwischen den beiden spielen zu müssen. Obwohl es zugegebenermaßen auch den einen oder anderen amüsanten Moment gegeben hatte. Ich kann mich nicht erinnern, je zwei Frauen gekannt zu haben, die sich mit solcher Hingabe anfeindeten. Ich war eigentlich der Meinung gewesen, dass die Animositäten zwischen den beiden abgenommen hätten. Aber damit lag ich offenbar komplett falsch.
Jacqueline war undurchschaubar – und es war
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