Das Muster der Liebe (German Edition)
weinen. Ich habe geglaubt, ich hätte alle Zeit der Welt – ich konnte doch nicht ahnen, wie es wirklich werden würde.” Sie wirkte mit einem Mal verzweifelt.
“Was ist mit dir?”, fragte Alix und sah mich erwartungsvoll an.
Ich spürte, dass ich rot wurde. Eigentlich wusste ich nicht, warum das Thema Kinderkriegen mir überhaupt etwas ausmachte. Statt einer Antwort schüttelte ich nur den Kopf.
“Was?”, beharrte Alix. “Willst du keine Kinder?”
“Ich bin nicht verheiratet.”
“Das hat meine Mutter auch nicht davon abgehalten, Kinder in die Welt zu setzen. Sie war im sechsten Monat schwanger, bevor sie meinen Vater heiratete. Es war der schlimmste Fehler ihres Lebens, sagt sie. Aber das hat sie nicht daran hindern können, mich trotzdem zu bekommen.”
“Man kann ein Kind nicht für die Verhältnisse verantwortlich machen, in die es hineingeboren wurde”, sagte Carol.
“Tja, das habe ich anders in Erinnerung”, murmelte Alix und ordnete ihre Wolle. “Egal, ich habe es überlebt.”
“Du bist so eine hübsche junge Frau, du wirst bestimmt eines Tages heiraten”, sagte Jacqueline und sah mich an.
Sie überraschte mich immer wieder. Kurz zuvor hatte sie Mitgefühl und Verständnis für Carol gezeigt, und ihr Kommentar zu meiner Person war ein echtes Kompliment.
“Danke, aber …” Ich verschluckte den Rest des Satzes. Wenn es nicht unbedingt nötig war, verschwieg ich lieber die furchtbaren Details meines Lebens.
“Aber was?”, hakte Carol nach.
“Aber – also, ich denke, ich würde keine gute Ehefrau abgeben.”
“Warum nicht?”, wollte Alix wissen. “Du wärst bestimmt eine bessere Ehefrau, als meine Mutter es jemals war.”
Diese Unterhaltung ging in eine Richtung, die mir unangenehm war. “Ehemänner haben … Erwartungen.”
Stirnrunzelnd sah Alix mich an. “Was soll das heißen?”
Ich konnte sehen, dass die anderen beiden genauso neugierig waren. “Ich bin bereits zweimal an Krebs erkrankt. Es scheint in unserer Familie leider eine Veranlagung dafür zu geben.”
“Bist du im Moment auch krank?”
“Gott sei Dank nicht. Doch bei meiner älteren Schwester sind vor Kurzem bei einer Routineuntersuchung Unregelmäßigkeiten aufgetaucht.” Margarets zweite Mammografie hatte glücklicherweise ergeben, dass kein Knoten in ihrer Brust vorhanden war. Ich hatte sie zum Arzt begleitet und versucht, ihr die Unterstützung zu geben, die sie brauchte. Danach lud sie mich zum Essen ein, um das gute Ergebnis zu feiern.
Seit wir Teenager waren, hatte ich mich meiner Schwester nicht so nahe gefühlt. So unglaublich es klingen mochte, ich war dankbar für den Fehlalarm. Zum ersten Mal seit Jahren hatten meine Schwester und ich etwas gemeinsam – Angst. Und zum ersten Mal überhaupt war ich es, die durch ihre persönlichen Erfahrungen über größere Kenntnis verfügte.
“Warum kannst du nicht heiraten?”, fragte Alix.
Ich seufzte. Eigentlich verspürte ich keine Lust, dieses Thema zu vertiefen. “Es gibt keine Garantie dafür, dass der Krebs nicht zurückkommt”, erklärte ich.
Die drei Frauen starrten mich verständnislos an.
“Nur für den Fall, dass du es noch nicht mitbekommen hast: Im Leben gibt es so gut wie nie irgendwelche Garantien”, erwiderte Alix. “Das solltest du eigentlich wissen.”
“Wenn es eine Garantie gäbe, wäre ich längst Mutter”, fügte Carol hinzu.
“Sie hat vollkommen recht”, pflichtete Jacqueline ihr bei.
Meine Schwester hatte etwas Ähnliches gesagt. Unser gemeinsames Essen verlief gut, bis sie Brad erwähnte. Der UPS-Fahrer war mir schon seit einigen Tagen nicht mehr über den Weg gelaufen. Der Gedanke an ein mögliches Treffen mit ihm verunsicherte mich nach wie vor. Nachdem ich ihn zweimal zurückgewiesen hatte, bezweifelte ich ohnehin, dass er mich überhaupt noch einmal fragen würde. Warum sollte er? Deutlicher hätte ich nicht sagen können, dass ich nicht interessiert war.
“Ich hatte so lange keine Verabredung mehr … ich weiß gar nicht, wie ich mich verhalten sollte”, sagte ich meinen neuen Freundinnen. Das entsprach der Wahrheit.
“Wieso? Du verhältst dich ganz normal”, erwiderte Carol, als wäre es die selbstverständlichste Sache der Welt.
“Sei einfach du selbst”, fügte Jacqueline hinzu. Zu meinem Erstaunen holte sie ihr Strickzeug hervor. Ich hatte den Eindruck gehabt, sie würde ihren Entschluss verkünden und dann gehen wollen. Es freute mich, dass sie sich den anderen nun wieder
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