Das Muster der Liebe (German Edition)
lockte er.
Das bedeutete, dass er Drogen hatte. Vielleicht Ecstasy oder Kokain oder irgendeine andere Substanz, die die Stimmen in ihrem Kopf zum Schweigen bringen konnte.
“Ja, warum nicht”, sagte Alix. Eigentlich war sie clean, seit ihr Bruder an einer Überdosis gestorben war. Aber sie hasste das Gefühl, das ihr im Augenblick die Luft zum Atmen raubte. Wenn sie dagegen eines von T-Bones “Wundermitteln” einnehmen konnte, erschien ihr das immer noch besser, als diese furchtbaren Stimmen in ihrem Kopf weiterhin ertragen zu müssen.
Das Haus, in dem die Party stattfand, lag einige Blocks weit entfernt. Als sie es betraten, herrschte augenblicklich kühles Halbdunkel um sie herum. Die Wohnung von T-Bone war komplett abgedunkelt. Fünf oder sechs Typen saßen herum, und die Luft war geschwängert von süßlich duftendem Rauch. Alix vergrub ihre Hände in den Taschen ihres Ledermantels und sah sich um.
In einer Zimmerecke entdeckte sie ein Mädchen, das dort mit einem Jungen zusammenhockte. Er hielt es im Arm und sah total weggetreten aus. Alix sah noch genauer hin. Das Mädchen kam ihr irgendwie bekannt vor, aber sie wusste nicht, woher. Im Videoladen traf sie immer viele Leute. Doch während sie sich Namen eher schlecht merken konnte, vergaß sie so gut wie nie ein Gesicht.
Sie kannte dieses Mädchen aber nicht aus dem Videoladen, dessen war sich Alix sicher. Es war jung, vierzehn, vielleicht fünfzehn Jahre alt, versuchte jedoch, älter auszusehen. Alix wusste, wovon sie sprach. Denn einige Jahre früher hatte sie genau dasselbe probiert.
Plötzlich fiel es ihr wieder ein. Das Mädchen kam ihr so bekannt vor, weil Alix es auf der Rollschuhbahn gesehen hatte. Es war eines der Kids aus Jordans Kirchengemeinde. Offensichtlich erkannte das Mädchen in diesem Augenblick auch Alix, denn es wandte schnell seinen Blick ab.
Zorn kochte in Alix hoch. Die Kleine gehörte nicht zu diesem Haufen von Drogenabhängigen.
Sie ging zu dem Sofa, auf dem das Mädchen mit seinem Freund saß. Alix ließ sich auf die Sofalehne sinken und sah es direkt an.
“Was machst du hier?”, fragte sie.
Der Teenager hielt dem Blick von Alix stand. Seine Augen waren voller Trotz. “Dasselbe wie du.”
Der Typ drehte den Kopf und deutete auf Alix. “Wer ist das, Lori?”
Ja, Alix war sich nun sicher. Sie kannte sie. Das Mädchen war mit einigen Freunden zur Rollschuhbahn gekommen. Rollschuh laufen mit anderen Jugendlichen aus der Kirchengemeinde in dem einen Monat und abhängen mit Junkies im nächsten – das war ein ziemlich abwechslungsreiches Programm.
Lori starrte Alix an. Ihre Miene wirkte undurchdringlich. “Niemand”, antwortete sie ihrem Freund.
“Da liegst du falsch”, erwiderte Alix und stand auf. “Sorry, aber wir müssen jetzt gehen.” Sie nahm Loris Arm. Das Mädchen protestierte, doch Alix zog es mit sich.
“Was machst du da?”
“Ich bring dich hier raus.”
“Zur Hölle mit dir.”
“Du gehörst hier genauso wenig hin wie ich.”
“Baby?” Ihr Freund war so weggetreten, dass er nicht widersprechen konnte. Das war auch gut so. T-Bone jedoch war weniger angetan von Alix’ Rettungsversuch. Er stand in der Tür und versperrte ihnen mit verschränkten Armen den Weg nach draußen. Seine Augen hatte er zu schmalen Schlitzen verengt. Alix spürte, wie ihr ein Schauer den Rücken hinunterlief. T-Bone war dazu fähig, ihr die Kehle aufzuschlitzen, wenn er glaubte, dass sie ihm das Geschäft verdarb.
“Sie ist ein Kind der Gemeinde”, sagte Alix und sah T-Bone eindringlich an. “Wenn du sie hierbehältst, riskierst du, dass ein paar sehr aufgebrachte ältere Damen vor deiner Tür auftauchen und dir mit Protestschildern bewaffnet die Hölle heiß machen.”
T-Bone sah von Alix zu Lori, die unter seinem forschenden Blick zusammenzuckte.
“Wenn du unbedingt Ärger haben willst … bitte schön”, sagte Alix und hob die Hände.
“Hau ab”, erwiderte T-Bone. “Und nimm sie mit.”
Alix ergriff Loris Oberarm und zog das Mädchen mit sich nach draußen.
Vor der Tür wand Lori sich aus Alix’ Griff. “Was zur Hölle machst du da?”, schrie Lori.
“Was ich mache?”, entgegnete Alix und lachte. “Was ich hier mache, ist, deinen kleinen Hintern zu retten.”
“Ich brauche niemanden, der mich rettet.”
Das waren exakt die Worte, die auch Alix benutzt hatte, als sie herausfand, dass Jordan Pfarrer werden wollte. Aber sie galten nicht für Lori – und vielleicht ebenso wenig für sie selbst.
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