Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Musterbuch (German Edition)

Das Musterbuch (German Edition)

Titel: Das Musterbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Mantovana
Vom Netzwerk:
sie dir hätte gestehen müssen.... Nun aber ist sie dermassen geschwächt, das der Mediziner sogar dieses letzte Mittel - eure Begegnung - einsetzen möchte." So schlecht stand es also um seine Liebste! Kaum hatte Jacopo gesprochen, hing Andrea hastig sein cappa um und eilte zur Tür hinaus. Fünf Minuten später sass er am Lager der totkranken Nicolosia.
Er sah ihr Gesicht, hager und bleich, die nahezu blutleeren Lippen verschlossen die Augen an die Decke gerichtet. "Liebste, ich bin's. Bitte schau mich an und gib mir ein Zeichen, dass du mich erkennst. Alles ist so unwichtig - nur unsere Liebe zählt!" Beim Wort 'Liebe' schien Nicolosia zu erwachen aus ihrem koma-artigen Zustand. Ja, die Lippen öffneten sich gar leicht und wollten etwas äussern, aber sie war zu schwach.
Andrea küsste sie auf die Stirn und wartete, Stunden, aber wie viele? Erst als die Tür aufging und Giambellino eintrat, wurde sich Andrea seiner unbequemen Körperhaltung bewusst. Hasserfüllt schaute der Schwager ihn an, als wäre er Schuld am Gesundheitszustand seiner Schwester. Es dauerte kurze Zeit, da erschien auch Gentile in der Tür; er ging auf Andrea zu und umarmte ihn. Er zog einen Schemel heran und begann ein Gespräch mit dem Maler aus Padua. Derweil hatte Giovanni wortlos der Raum verlassen.
"Andrea, ich konnte kaum nachkommen. Hast du denn keine Rast gemacht? Und wie bist du so schnell hierhergekommen?" Der Schwager erzählte kurz und ohne seine starke Tonlage, für die er so bekannt war, vom Ritt nach Mestre. "Ich wünsche mir nur eines: dass meine Nicolosia wieder gesund wird!"
Und sie wurde gesund! Schon drei Tage, nachdem Andrea jeden Tag über Stunden bei ihr sass und von seinen Fresken in Padua erzählte, genas die mehr und mehr. Ab und zu stellte sie gar Fragen, nach den Themen oder den Kompositionen. Andrea verriet ihr, dass er die wertvollen Zeichnungen von Jacopo zum Teil einarbeitete, vor allem im Architekturteil! Aber er berichtete auch vom Tod seines lieben Freundes Niccolò - und da sassen Frau und Mann zusammen und weinten still vor sich hin, in Erinnerung an ihr persönliches Leid und über den Verlust des geliebten Freundes!
"Bevor du wieder nach Padua zurückkehrst, um dein Lebenswerk zu vollenden," scherzte Gentile am Familientisch zu Andrea, "schau doch bitte einmal meine Entwürfe für die Orgelfronten für San Marco an. Dein Urteil wäre mir so wichtig!" "Ich wusste gar nicht von deinem grossen Auftrag", versicherte Andrea und stimmte einem kleinen Besuch der bottega Bellini zu. "Ja, mein Urteil ist eben das eines Alten", sagte Jacopo halb resignierend, aber immer noch mit einem Lächeln auf den Lippen. "Dabei finde ich deinen Entwurf zum lesenden Markus so wundervoll, Gentile!"
Anna räumte bereits die Teller zusammen mit dem Kommentar, dass sie auf Giovanni nicht mehr warten wolle. "Wo er nur schon wieder bleibt?" sagte die Mutter mehr zu sich selbst, denn die drei Männer waren bereits aus der Tür gegangen.
     

Kapitel VII
     
     
"Dein Hieroymus sieht zwar aus wie ein Löwe und dein Löwe wie ein Mensch, aber die phantastische Felshöhle ist herrlich gruselig!" scherzte Andrea mit einem Unterton an Bewunderung. Die bottega war überfüllt mit Utensilien aller Art, die man zum Malen benötigt: Töpfe mit pasta fiorentina , die Jacopo noch aus seiner Zeit in Florenz zu bereiten wusste, Pinsel, Paletten und Pigmente verschiedener Qualitäten; nur das kostbare azzurro ultarmarino , das jenseits des Meeres aus Lapislazuli geschürft wurde, hatte Jacopo vorsorglich neben dem Blattgold in einem Schaft hinter Schloss und Riegel versorgt. Man kann nie wissen, was die garzoni in seiner Abwesenheit so alles trieben...
"Jacopo, was ist das?" Andrea blieb vor einer Tafel stehen, die ihm den Atem raubte.
"Das ist die neuste Komposition meines Sohnes Giovanni, unserem Lyriker..." entgegnete Jacopo, der eine Schwäche hatte für seinen Jüngsten hatte, weil er ihm glückliche, vergangene Zeiten in Erinnerung rief.
Diese 'Verklärung Christi' ging weit über das, was Mantegna bereits gesehen hatte: nicht der Christus zwischen Elias und Moses, der ihn in seinem weissen Gewand an eigene Werke in Padua erinnerte, nicht die starke perspektivische Verkürzungen im unteren Teil, der ihn an eigene Perspektiv-Studien erinnerte, nein, dieser Landschaftsraum im Hintergrund mit dieser enormen Weite schnürte ihm die Kehle zu. Hierin drückte sich eine Stimmung aus, der Erhabenheit und Melancholie zugleich! Das ohnehin kantige und

Weitere Kostenlose Bücher