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Das mysteriöse Pergament 01 - Begegnungen (German Edition)

Das mysteriöse Pergament 01 - Begegnungen (German Edition)

Titel: Das mysteriöse Pergament 01 - Begegnungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heiko Rolfs
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dort“, herrschte Grete ihn
an. Die erfahrene Wehmutter wusste, dass er eine Aufgabe brauchte, um das
Gefühl zu haben, helfen zu können.
    Beflissen nahm der junge Bauer den schweren Kessel vom Herd
und füllte die Schale.
    „Nicht ganz voll“, mahnte Grete, „wir müssen noch kaltes
Wasser hinzu gießen. „Schließlich wollen wir deine Frau nur waschen, nicht
abbrühen.“
    Hastig, als hätte er sich verbrannt, setzte er den Kessel
wieder ab.
    Line musste unwillkürlich lächeln über den Eifer und die
Unbeholfenheit des jungen Mannes. Aus einem tönernen Krug goss sie kaltes
Wasser hinzu, bis die richtige Temperatur erreicht war, während Grete die junge
Frau weiterhin untersuchte.
    „Es kann nicht mehr lange dauern“, befand sie schließlich.
„Es ist alles in Ordnung. Ihre ruhige Stimme wirkte beruhigend auf den
zukünftigen Vater, der sich jetzt etwas entspannte.
    „Danke“, sagte Grete an den jungen Bauern gewandt, „du gehst
am besten deinen Nachbarn besuchen, Mannsbilder werden jetzt hier nicht
gebraucht.“
    Der werdende Vater ging gehorsam zur Tür, kehrte jedoch noch
einmal um und nahm den Bierkrug mit. Von der Tür aus warf er noch einmal einen besorgten
Blick auf seine Frau.
    „Keine Bange“, sagte die Wehmutter, „dein Weib ist jung und
stark und wir werden unser Bestes tun, ihr beizustehen. Der Rest liegt in
Gottes Hand.“
    Der Mann nickte und verließ das Haus, wobei er die Tür nur
einen Spalt öffnete und sofort wieder schloss. Trotz seiner Sorge um seine
junge Frau schien er erleichtert zu sein, sich verdrücken zu können.
    In aller Seelenruhe packte Grete jetzt ihre Utensilien aus,
während Line eine kleine Schüssel mit warmem Wasser füllte und etwas Asche
hinzu gab. Das ergab eine Fett lösende Lauge, mit der sie sich gründlich die
Hände wusch.
    Grete öffnete den Deckel eines kleinen, sehr dicht
geflochtenen Korbes, in dem sich eine Kassette mit Nähzeug, Faden zum Abbinden
der Nabelschnur, ein Fläschchen mit Öl und mehrere saubere Tücher befanden.
    Danach wusch sie sich ebenfalls die Hände. Sie vertrat die
Auffassung, Sauberkeit sei bei einer Geburt unerlässlich.
    Im Kloster hatte Line die Schriften von berühmten Ärzten
gelesen, die peinliche Sauberkeit bei der Behandlung jeglicher offener Wunden
und besonders unter der Geburt empfahlen. Die Sterblichkeitsrate bei Geburten
infolge des gefürchteten Kindbettfiebers war sehr hoch, ebenso wie die Gefahr
des Wundbrands bei Verletzungen aller Art.
    Einige Ärzte behaupteten, man könne dieses Risiko eindämmen,
indem man Wunden auswusch und auf saubere Verbände achtete, weil sich im
Schmutz krankmachende Substanzen befänden. Line leuchtete das ein.
    Allerdings gab es auch Ärzte, die anderer Auffassung waren
und Wunden sogar mit Fäkalien behandelten, um die Eiterbildung anzuregen, damit
die schlechten Säfte schneller aus dem Körper treten konnten. Das war in Lines
Augen so unlogisch, als wollte man einen Dämon austreiben, indem man ihn
fütterte.
    „Der Muttermund hat sich bereits geöffnet“, stellte Grete
zufrieden fest.
    Aber es sollte doch länger dauern als erwartet.
    Die Wehen wurden immer schlimmer und kamen in kürzeren
Abständen. Jedes Mal schrie die junge Bäuerin laut und durchdringend.
    Die ältere Frau, die ihr beigestanden hatte, sah
händeringend zu und betete, während ihr dicke Tränen über die runzligen Wangen
rollten.
    „Pressen!“, rief Grete, „du musst pressen, sonst kann das
Kind nicht heraus!“ Obwohl sie äußerlich ruhig schien, entging Line nicht die
wachsende Besorgnis, die sich im Gesicht ihrer Ziehmutter breit machte.
    Die junge Bäuerin schien kaum noch ansprechbar. Ihre Hände
krallten sich in das grobe Leinen und sie warf ihren Kopf hin und her.
    Wieder ermahnte die Wehmutter sie eindringlich, kräftig zu
pressen, aber die junge Frau schien sie gar nicht zu hören.
    Mit wachsender Besorgnis beobachtete Line, dass die junge
Frau sich immer mehr verkrampfte. Die Schädeldecke des Kindes war bereits zu
sehen, aber es schien festzustecken. Line wusste, dass es jetzt um Minuten
ging. Das Kind konnte ersticken, wenn es nicht bald herauskam.
    Ohne zu überlegen ging sie zu der Gebärenden, schob ihr Hemd
noch höher und legte ihr beide Hände auf den gewölbten Bauch. Dabei redete sie
beruhigend auf sie ein, ohne zu überlegen, was sie sagte. Sie redete einfach
drauf los, mit einer beschwörenden, beruhigenden Stimme.
    Dann begann sie zu singen, einen gleichmäßigen

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