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Das mysteriöse Pergament 01 - Begegnungen (German Edition)

Das mysteriöse Pergament 01 - Begegnungen (German Edition)

Titel: Das mysteriöse Pergament 01 - Begegnungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heiko Rolfs
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Singsang.
Niemand verstand die Worte, die sie sang, aber die junge Gebärende entspannte
sich zusehends und atmete wieder gleichmäßiger.
    Wieder setzte eine Wehe ein und mit einer letzten
Anstrengung kam das Baby zum Vorschein.
    Grete half dem neuen Erdenbürger auf die Welt. Geschickt
durchtrennte sie die Nabelschnur und band sie mit dem bereit liegenden Faden
ab. Dann hob sie das leise wimmernde Neugeborene hoch, um es der Mutter zu
zeigen. „Ein Junge“, triumphierte sie, „ein prächtiger Bursche.“
    In diesem Moment begann der neue Erdenbürger lauthals zu
schreien. Ihm schien die ganze Prozedur gar nicht zu gefallen.
    „Ja, schrei nur deinen ganzen Frust heraus“, lachte Grete.
„Wärst wohl lieber im warmen Mutterleib geblieben, was? Aber du bist ein
Glückspilz, kleiner Mann. Du bist ein Sonntagskind.“
    Schnell säuberte Line den Säugling, reinigte ihm Augen,
Ohren und Nase mit etwas Öl und wickelte ihn in saubere Tücher. Dann legte sie
ihn der geschwächten, aber überglücklichen Mutter in die Arme, die alle
Anstrengungen und Schmerzen der letzten Stunden sofort vergessen zu haben
schien.
    Die ältere Frau strahlte ebenfalls über das ganze Gesicht
und huschte aus der Kate, um kurz darauf mit dem frisch gebackenen Vater des
Kindes zurückzukehren. Der junge Bauer kniete neben seiner Frau nieder, strich
ihr eine nasse Strähne aus dem Gesicht und küsste sie zärtlich. Dann nahm er
das winzige Bündel an sich und hielt es hoch.
    „Es ist ein Junge“, hauchte seine Frau glücklich lächelnd.
    Das Lächeln, das er ihr zurückgab war so warm und herzlich,
dass es Lines Herz berührte. Tränen der Rührung und Erleichterung rannen ihr
über die erhitzten Wangen.
    Beinahe wehmütig nahm das Mädchen die Szene in sich auf. Das
ist das Wunder des Lebens , dachte sie bei sich. Was gibt es Schöneres auf
der Welt?

XI
Am Brunnen
    Scheidingmond Anno 1229
                                                                                                                                                           
    Es war an einem sonnigen Tag, als Conrad erwachte und
spürte, dass es ihm wesentlich besser ging. Er sah sich im halbdunklen Raum um.
Er war allein. Die beiden Frauen waren sicher wieder zu einem Patienten gerufen
worden.
    Mühsam richtete er sich auf und registrierte erfreut, dass
sich die Schmerzen in Grenzen hielten. Dennoch kostete es ihn große Anstrengung,
seine Beine über den Bettkasten zu schwingen. Er fühlte ein unangenehmes
Stechen in der Seite und einen dumpfen Schmerz in der Brust. Mit eiserner
Willenskraft stemmte er sich hoch und ging seine ersten wackligen Schritte,
seit er vor einigen Tagen das erste Mal in der Hütte erwacht war.
    Zuerst war ihm ein wenig schwindlig, aber dann ging es
besser als gedacht.
    Unendlich langsam bewegte er sich auf die Tür zu und stieß
sie auf. Er stolperte ins Freie, nach dem Halbdunkel in der Hütte empfand er
das Sonnenlicht als grell und blinzelte, bis sich seine Augen daran gewöhnten.
    Dann sah er sich um. Er befand sich auf einer von Bäumen
gesäumten Wiese, dahinter waren sanfte, dicht bewaldete  Berge zu sehen. Außer
der kleinen Kate konnte er weit und breit keine weitere menschliche Behausung
entdecken.
    Neben der Hütte sah er einen Ziegenpferch mit drei Tieren,
die friedlich grasten und wichtigtuerisch meckerten.
    Eine gescheckte Katze jagte übermütig Schmetterlinge.
    Ein friedliches Bild. Tief atmete der junge Ritter die laue
Luft ein. Die Sonne wärmte seine Haut, obwohl sie ihren Zenit bereits
überschritten hatte. Es war früher Nachmittag.
    Der nahe Brunnen zog ihn magisch an, denn er verspürte
brennenden Durst. Mit einiger Kraftanstrengung stolperte er zum Brunnenrand,
zog mühsam den hölzernen Eimer herauf und trank gierig das köstliche Nass.
    Dann goss er sich das Wasser einfach über den Kopf. Achtlos
streifte er seine Verbände ab, um sich das erste Mal seit Wochen allein zu
waschen.
    Die Wunden am Bein hatten sich geschlossen und waren
verschorft. Der tiefe Stich an der Hüfte sah nicht ganz so gut aus, aber die
Wundränder waren nicht entzündet.
    Conrad wusste, dass viele Verletzte nicht einfach
verbluteten, sondern oft erst Tage später am gefürchteten Wundbrand starben.
Seine Gastgeberinnen verstanden jedoch ihr Fach. Sie hatten die Wunde genäht
und mit einer

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