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Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)

Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)

Titel: Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heiko Rolfs
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zurückzuweichen. Panik war in ihr aufgestiegen, die sie seit dem
Vorfall damals am See immer befiel, wenn ein fremder Mann ihr zu nahe kam.
    „Ich kenne mich ein wenig mit Kräutern aus. Ich werde Euch
einen Trank für die Nacht bereiten, der Eure Beschwerden lindern wird“, hatte
sie so ruhig wie möglich erwidert.
    Nun war es bereits spät am Abend und das Mädchen war
erschöpft von der ungewohnten Arbeit. Den ganzen Tag hatte sie in der Küche
geschuftet, Wasser vom Brunnen herbeigeschafft, Zwiebeln geschält und die
niedersten Arbeiten verrichtet. Aber sie konnte sich nicht beklagen.
    Die Küchenmeisterin Trude war eine Frau, die zupacken konnte
und nicht mehr von ihren Gehilfen erwartete, als sie selbst leisten konnte.
Allerdings war sie doppelt so breit wie das zierliche Mädchen und entsprechend
kräftig. Line würde sich sehr anstrengen müssen, wenn sie den Anforderungen
gerecht werden wollte. Doch sie war fest entschlossen, es zu schaffen.
    Gleich musste sie dem Verwalter den versprochenen Abendtrunk
bringen. Ein ungutes Gefühl beschlich sie, wenn sie daran dachte. Dieser Mann
war ihr nicht geheuer. Seufzend machte sie sich mit einem Krug des heilsamen
Getränks auf den Weg zum einzigen Steinhaus des Hofes. Reiß dich zusammen ,
ermahnte sie sich selbst und betrat mit dem streng riechenden Kräutertee das
Haus des Verwalters. Dort wurde sie bereits erwartet.
    „Da bist du ja endlich“, schnarrte der Verwalter. Dabei
fixierten seine Raubvogelaugen sie auf unangenehme Weise.
    Wortlos schenkte sie einen Becher ein.
    Skeptisch betrachtete er das Getränk und schnüffelte daran.
Dann trank er einen kleinen Schluck.
    „Schmeckt ja scheußlich“, stellte er fest, trank aber alles
aus.
    „Ich habe Honig hineingetan“, bemerkte Line, „das verdrängt
den bitteren Geschmack.“ 
    „Du bist, wie es scheint, eine wirklich gute Heilerin“,
schmeichelte der unangenehme Kerl plötzlich, „ich glaube, ich verspüre bereits
Linderung.“
    „Das freut mich zu hören, Herr.“ Line knickste artig, obwohl
sie sich eine so schnelle Wirkung nicht vorstellen konnte.
    „Ich hätte da noch ein kleines Problem, also ein Leiden,
dass du vielleicht lindern kannst.“
    „Um was für ein Leiden handelt es sich denn?“, fragte Line
vorsichtig, denn der plötzlich vertraute Tonfall des Verwalters machte sie misstrauisch.
    „Nun, es ist eine etwas delikate Angelegenheit.“
    „Wenn ich Euch helfen soll, werdet Ihr schon etwas
deutlicher werden müssen. Aber seid versichert, dass ich Euer Geheimnis wahren
werde, was immer es auch ist.“
    „Das beruhigt mich ungemein. Es geht um meine – äh –
Manneskraft, die bei meiner Frau regelmäßig versagt.“
    Line schluckte, dann sagte sie betont sachlich: „In dem Fall
müsste man erst einmal herausfinden, ob es eine organische Ursache gibt…“
    „Du hast ja meine Frau gesehen, diese blutleere, alte
Schachtel. Da ist es nicht verwunderlich, wenn es mir an Standfähigkeit mangelt“,
fiel er ihr ins Wort. Er lachte gehässig. Dann sah er sie anzüglich an. „Ob die
Ursache organisch ist, ließe sich ganz schnell herausfinden.“
    Unwillkürlich wich Line einen Schritt zurück und stieß gegen
einen Stuhl, der krachend umfiel. Sie stolperte und wäre gestürzt, wenn der
Verwalter nicht hinzugetreten wäre, um sie aufzufangen. „Vorsicht, Mädchen.
Nicht so stürmisch!“, rief er und lachte, ohne sie loszulassen.
    Panik stieg in ihr auf. Plötzlich sah sie wieder das
froschäugige Gesicht ihres Peinigers am See vor sich. Bevor Line sich
beherrschen konnte, grub sie ihm ihre Fingernägel in das Vogelgesicht und
zerkratzte ihm die Wange. Der Verwalter fluchte laut und lockerte kurz seinen
Griff. Das nutze Line aus, stieß ihn von sich und lief auf die Tür zu.
    „Das wirst du mir büßen, verdammtes Weib!“, brüllte er
wütend, seine blutende Wange haltend.
    In diesem Moment ging die Tür auf und die Frau des
Verwalters kam herein.
    „Was ist hier los?“, wollte sie wissen.
    „Dieses verdammte Miststück hat mich angegriffen!“, schrie
der Verwalter, während Line panisch an der Frau vorbei nach draußen floh.     
    Auf dem Hof begegnete sie Niemandem, denn das Gesinde hatte
sich nach dem Tagwerk bereits zur Ruhe begeben.
    Die alte Magd, mit der sie sich die enge Dachkammer teilte,
war für zwei Tage beurlaubt, um in ihrem Heimatdorf ihren schwer kranken Vater
zu besuchen. Weinend warf Line sich auf ihren Strohsack. Als sie sich nach
einiger Zeit wieder

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