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Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)

Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)

Titel: Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heiko Rolfs
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Conrad wartete noch immer vergeblich auf eine Nachricht über den
Verbleib von Line. Sowohl die Nachforschungen Conrads von Breuberg als auch die
Recherchen des Kaufmanns aus Aschaffenburg blieben erfolglos. Das Mädchen war
wie vom Erdboden verschluckt.
    Aber Conrad wollte nicht aufgeben, wenn auch die
Wahrscheinlichkeit, Line zu finden, mit jedem Tag schwand. Sie konnte überall
sein, hatte vielleicht Arbeit gefunden auf irgendeinem Hof oder in einer
größeren Stadt. Nur eines war sicher; bei dieser Witterung konnte ein Mädchen
allein und zu Fuß ohne fremde Hilfe nicht sehr weit gekommen sein.
    Wieder einmal stand Conrad an einem Fenster im Palas und
schaute über das Land. Die Untätigkeit war für ihn fast nicht mehr zu ertragen,
aber er wollte unbedingt anwesend sein, wenn doch noch ein Bote des Kaufmanns
aus Aschaffenburg auftauchen sollte. Daran klammerte er seine ganze Hoffnung.
    Deshalb hatte er den Burgherrn nicht begleitet, als dieser
zusammen mit seinem Sohn und einigen Rittern am Morgen unter Hundegebell,
Wiehern und lauten Rufen zu einem mehrtägigen Jagdausflug aufgebrochen war, dem
sich auch Sven anschloss. Der Odenwald war sehr wildreich, die Jagdgesellschaft
wollte vor allem Wildschweine und Rehe jagen, vielleicht auch einen kapitalen
Hirsch erlegen.
    Conrad und Constance verbrachten jetzt viel Zeit
miteinander. Sie nutzen fast jeden Abend zu langen Gesprächen. Immer wieder
versuchte Constance, ihren Bruder ein wenig aufzuheitern, aber dieses
schwarzhaarige Mädchen schien ihm nicht aus dem Sinn zu gehen.
    Eines Tages ließ sich Gerold bei Conrad melden. Der
Burghauptmann entschuldigte sich im Voraus für die Nichtigkeit seiner Meldung,
aber er war ziemlich ratlos und wollte eine Entscheidung, was er machen solle.
Schließlich war Conrad zurzeit der ranghöchste Ritter auf der Burg.
    Gerold berichtete, ein abgerissener Bengel triebe sich seit
einigen Tagen vor der Burg herum und verlange, eingelassen zu werden. Weder
durch Drohungen noch gutes Zureden ließe er sich abweisen. Schon mehrmals hätte
die Torwache den Hungerleider davon gejagt, aber er kam immer wieder.
    „Der Bengel ist so hartnäckig“, behauptete Gernot, „dass er
sich selbst mit Androhung von Prügeln nicht vertreiben lässt. Zweimal hat er
schon versucht, sich unter einem Wagen zu verstecken, um in die Burg zu
gelangen, ist aber erwischt worden.“
    „Was hat er denn für einen Grund angegeben, in die Burg zu
wollen?“, fragte Conrad mit mäßigem Interesse.
    „Er sagt, er suche seine Schwester“, der alte Kämpe zuckte
mit den Schultern. „Sie soll hier leben. Das habe ich ihm natürlich nicht
geglaubt.“
    „Warum nicht? Sie könnte doch eine der Bediensteten sein“,
warf Constance ein.
    „Nein, die kenne ich alle. Sie sind entweder aus Breuberg
oder aus einem der nahe gelegenen Dörfer.“
    „Hat er denn den Namen seiner angeblichen Schwester
genannt?“, wollte Conrad wissen.
    „Keine Ahnung, vielleicht hat er ihn einem der Wächter
gesagt. Soll ich sie fragen?“
    „Nein. Zeig ihn mir, ich komme mit“, entschied Conrad. Momentan
war er froh über jede Abwechslung. Außerdem war seine Neugierde geweckt.
    Der erstaunte Gerold zuckte mit den Schultern und ging
voraus zum Tor. Zusammen durchquerten sie den großen Vorhof. Am Burgtor
angekommen, blaffte Gernot den überraschten Wächter an: „Wo ist der Bengel, der
hier immer rum schleicht?“
    „Er war gerade hier, ich habe ihn weggejagt“, erwiderte der
alte Jacob unsicher.
    Conrad trat durch das offene Tor ins Freie und sah sich um.
Er brauchte nicht lange zu suchen. Auf einem großen Stein saß ein Junge im
Schneidersitz und kaute auf einem Grashalm.
    Conrad stutzte. Konnte das sein? Der Bengel sah fast so aus
wie damals Antonia, als sie ihr das erste Mal begegnet waren und sie
Jungenkleidung trug. Damals war sie genauso mager und schmutzig gewesen, mit
widerspenstigen Haaren, die in alle Richtungen abstanden und neben Blättern und
Grashalmen noch wer weiß was beherbergen mochten.
    Nur die Augen waren kleiner und die Lippen schmaler als die
seiner Schwester.
    Sofort war Conrad klar, dass er den jüngeren Bruder Antonias
vor sich hatte, von dem sie damals im Wirtshaus gesprochen hatte. Die
Ähnlichkeit war unverkennbar.
    Als er näher kam, sprang der Junge fluchtbereit auf.
    „Warte!“, rief Conrad ihm zu. „Wenn du in die Burg willst,
dann komm her.“ Er machte eine einladende Handbewegung.
    Skeptisch näherte sich der Bengel.
    „Ich, äh, ich

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