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Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)

Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)

Titel: Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heiko Rolfs
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gereicht hätte.
    Auch diesmal zeigten sich die Kunden in der Zeit vor den
Festtagen besonders spendabel und alle waren guter Dinge. Die Dirnen scherzten
und lachten.
    Selbst Line konnte inzwischen über die derben Zoten der
Mädchen lachen und errötete nicht mehr, wenn sie über die Honoratioren der
Stadt herzogen.
    „Stadtrat Bübler wäre doch was für dich, Caroline“, rief 
Lene ihr zu. „Der will immer nur reden und kriegt keinen mehr hoch.“
    „Bei dir vielleicht nicht, Lenchen“, lachte Bella, „ich hab
ihn schon mal so weit gehabt. Allerdings wäre das Stäbchen fast abgebrochen –
der arme Kerl.“
    „Der ist mir lieber als der dicke Schultheiß, der immer ins
Schwitzen kommt“, warf Anni ein. „Der knetet immer an mir rum mit seinen dicken
Wurstfingern, bevor er in Stimmung kommt. Und dann keucht er dermaßen, dass ich
immer fürchte, er könne ersticken.“
    „Ist doch kein schlechter Tod für einen Mann, in den Armen
einer Frau zu sterben“, meinte Lene.
    Unwillkürlich bekreuzigte Line sich.
    „Neulich hat er seinen Sohn mitgebracht. Der arme Kerl war
so aufgeregt und ängstlich, dass er beinahe davon gelaufen wäre“, plapperte
Anni munter weiter. „Ich musste ihm erst einmal Mut zusprechen.“
    „Dabei ist er bei uns so sicher wie in Abrahams Schoß“, bemerkte
Bella mit Unschuldsmine.
    „Ich glaube, Annis Schoß war ihm lieber als Abrahams“, warf
Marga trocken ein und alle lachten.
    Line errötete nun doch. Es war nicht ungewöhnlich, wenn ein
Ratsherr oder Kaufmann seinen Sohn mit elf oder zwölf Jahren in ein Hurenhaus
mitnahm, um ihn in die Geheimnisse der Liebe einzuführen. Wer könnte ihm mehr
darüber beibringen als die Venusdienerinnen des noblen Badehauses?
    Zu später Stunde gesellte sich auch Hassan zu den Mädchen
und wurde freudig willkommen geheißen. Obwohl er weder Wein noch Bier trank,
ließ er sich schnell von der ausgelassenen Stimmung anstecken.
    Eines der Mädchen begann, rhythmisch auf den Tisch zu
klopfen, die anderen Dirnen nahmen den Takt mit ihren Holzschuhen auf.
    Erstaunt beobachtete Line, wie Hassan begann, sich im Takt
zu bewegen. Er stampfte mit den Füßen auf und sprang hin und her. Der
schwergewichtige Hassan tanzte beinahe anmutig, mit fließenden Bewegungen. Es
war ein animalischer Tanz, kräftig und mitreißend. Immer schneller wurde der
Takt, bis der schwarze Hüne nur so durch das Zimmer wirbelte.
    Unwillkürlich nahm auch Line den Takt auf, den die Mädchen
jetzt mit Händen und Füßen trommelten, während sich Hassan wie in Trance
bewegte.
    Als der Hüne sich schließlich erschöpft auf einen Schemel
fallen ließ, klatschten alle in die Hände.
    Hassan nahm sich ein Tablett und entlockte ihm mit seinen
Fingern und Handballen nun seinerseits einen Rhythmus, der sofort ins Blut
ging. Bella und Lena kletterten auf den Tisch und wiegten sich anmutig im Takt,
wobei sie sich immer um ihre eigene Achse drehten. Immer schneller wurde der
Rhythmus und schließlich wirbelten die beiden Mädchen auf dem Tisch herum und
ließen ihre Röcke fliegen.
    Line war fasziniert. Sie spürte, wie auch sie der Rhythmus
mitriss und als Bella sie bei den Händen nahm, hielt es auch sie nicht mehr auf
der Bank. Sie ließ sich von Bella auf die Füße ziehen und tanzte zusammen mit
allen ausgelassen bis zum frühen Morgen.
    An diesem Abend fühlte sie sich zum ersten Mal so, als würde
sie dazugehören. Zwar würde sie niemals eine Venusdienerin werden, aber auch
eine Magd konnte hier ein Auskommen haben und das Leben im Badehaus war besser
als in den meisten Haushalten reicher Bürger. Die Mädchen hielten zusammen und
halfen sich gegenseitig. Es war fast so wie in einer großen Familie.
    Line konnte sich vorstellen, hier eine Weile zu
bleiben.     
    Völlig erschöpft stolperte sie schließlich zu vorgerückter
Stunde in die kleine Kammer. Anni hatte sich auf einem der beiden Schlafsäcke
zusammengekauert und schnarchte friedlich. Line ließ sich auf ihren Schlafsack
fallen und schlief ebenfalls sofort ein. Die schnarchenden Geräusche ihrer
Zimmernachbarin störten sie nicht.
    Es war die erste Nacht, in der sie keine Alpträume quälten,
seit sie im Badehaus Unterschlupf gefunden hatte.
    Sie träumte von Bella und den anderen Mädchen, mit denen sie
sich im wilden Tanz drehte und von Hassan, der sich plötzlich in Conrad
verwandelte und sie ungestüm herumschwenkte, bis sie erschöpft in seinen
starken Armen zusammensank.
    Am nächsten Morgen hatten fast

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