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Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)

Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)

Titel: Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heiko Rolfs
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als
Abschreckung für potenzielle Straftäter.
    Gerade bei schweren Verbrechen wie Totschlag zog sich die Verhandlung
manchmal endlos hin, bevor alle Zeugen gehört und der Tathergang rekonstruiert
worden war. Ein Urteil wurde erst gefällt, wenn der Angeklagte seiner Tat
überführt worden und geständig war.
    Der jüngste Fall aber war von Anfang an klar und ließ keinen
Zweifel an der Schuld der Delinquentin. Schon nach der Anklage durch die
ehrenwerte Witwe des Tuchhändlers und die Vernehmung der Zeugen, die zwar nicht
die Tat, aber den lauteren Lebenswandel und damit die Glaubwürdigkeit der
Klägerin bezeugten, hegte er keinerlei Zweifel an der Schuld der Angeklagten.
    Eine Magd hatte ihren Herrn erschlagen. Das war eine
zutiefst verabscheuungswürdige Tat.
    Ohne das Geständnis der Angeklagten hätte er die Folter
anordnen müssen. Der Richter wusste jedoch, dass man mit Hilfe der
hochnotpeinlichen Befragung jedes gewünschte Geständnis erzwingen konnte. Es war
nur eine Frage der Zeit, abhängig vom Geschick des Henkers und vom
Durchhaltevermögen des Angeklagten. Deshalb war die Folter in seinen Augen kein
geeignetes Mittel der Rechtsfindung.
    Oft reichte es schon aus, dem Delinquenten die
Folterinstrumente vorzuführen und ihre Wirkungsweise ausführlich zu erklären,
was der körperlichen Folter gewöhnlich vorausging. Aber diese Magd war geständig,
so dass man bei ihr auf diese zeitraubende Prozedur verzichten konnte. Zwar behauptete
sie, aus Notwehr gehandelt zu haben, aber das erschien ihm angesichts der
Aussage der ehrbaren Tuchhändlerin unglaubwürdig.
    Das Gestammel der verstörten, ängstlichen jungen Magd, welcher
der Tuchhändler angeblich Gewalt antun wollte, war verworren und wenig
hilfreich gewesen. Außerdem änderte es nichts an der Tatsache, dass die Magd
Caroline ihren Herrn getötet hatte.
    Dieses Weib war eine Mörderin. Ein Mord war ein Mord, ob man
ihn nun aus Gier, Eifersucht oder anderen Motiven beging. Und darauf stand die
Todesstrafe. In wenigen Tagen würde die Magd ihrer gerechten Strafe zugeführt
werden.
    Aber Dr. Jeronimus Schwarz war kein Unmensch. Er würde Milde
walten lassen, weil die Magd ohne Zwang gestanden hatte. So musste er keinen
langwierigen, unschönen Prozess führen, der ihn viel Zeit und die Stadt viel
Geld gekostet hätte.
    Deshalb ersparte er ihr den Galgen. Stattdessen wollte er
auf eine andere für Mörderinnen übliche Strafe zurückgreifen, die in dieser
Stadt seit langem nicht mehr vollstreckt worden war, das Ersticken in einer
Grube.
    Die übliche Methode bestand darin, auf der Richtstätte eine
Grube auszuheben, die Verurteilte an Händen und Füßen gefesselt hineinzulegen
und sie lebendig zu begraben, bis der Erstickungstod eintrat.
    Eine andere, schnellere Möglichkeit war das senkrechte
Eingraben, wobei die Sünderin bis zum Hals in eine Grube gestellt und
eingegraben wurde, so dass sie unter Qualen langsam erstickte, weil die Lunge
sich nicht mehr genügend dehnen konnte, um Sauerstoff aufzunehmen.
    Nachdem der Tod eingetreten und vom Scharfrichter bestätigt
worden war, konnten die Verwandten oder Freunde die Verurteilte ausgraben und
bestatten. Geschah dies nicht, wurde sie unweit der Hinrichtungsstätte in
ungeweihter Erde verscharrt.
    Diese Art der Verurteilung war ganz im Sinne des Richters,
denn bei einer Grubenhinrichtung waren nicht so viele Zuschauer zu erwarten wie
bei anderen, spektakuläreren Hinrichtungen. Es machte keinen Spaß, einem
Verurteilten beim langsamen Ersticken zuzusehen, wenn man ohnehin nur den Kopf
sah, der sich zuerst rot, dann blau färbte und schließlich immer blasser wurde,
während der Verurteilte vergeblich nach Luft schnappte wie ein Fisch auf dem
Trockenen. Das Publikum würde sich sehr schnell langweilen und zerstreuen.
    Zum Glück konnte die Verurteilte durch das schnelle
Geständnis unversehrt zur Richtstelle geführt werden. Folterspuren hätten in
der Stadtbevölkerung Mitleid hervorrufen können, zumal der Ruf des Tuchhändlers
nicht der allerbeste gewesen war.
    Unmutsbezeugungen, die sich gegen die Gerichtsbarkeit der
Stadt richteten, wollte er möglichst vermeiden.
    Zufrieden nahm Dr. Schwarz seinen Mantel, verabschiedete
sich von dem Beisitzer, dem Schreiber sowie den Gerichtsdienern und verließ seine
Amtsstube.
        
    *
       
    Die Zelle war feucht, kalt und dunkel. Es stank bestialisch,
denn der Eimer, der für die Notdurft bereit stand, wurde nicht jeden Tag
geleert. Für die Nacht hatte

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