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Das mysteriöse Pergament 03 - Heimkehr (German Edition)

Das mysteriöse Pergament 03 - Heimkehr (German Edition)

Titel: Das mysteriöse Pergament 03 - Heimkehr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heiko Rolfs
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hervor.
    Aus dem bereit stehenden Krug goss sie Wasser in die
Waschschüssel und spritzte es sich ins Gesicht. Dann zog sie ihr verschwitztes
Hemd aus und wusch sich so gut es ging. Schließlich tauchte sie das Hemd in die
Schüssel und wusch es aus. Dann wrang sie es aus und breitete es über der Truhe
aus.
    Bis zum Frühstück nach dem Morgengebet, der Laudes, war noch
etwas Zeit. Bis dahin konnte ihr Hemd trocknen.
    Das karge Frühstück wurde Line von einem Laienbruder im
Zimmer serviert, während die Mönche im Refektorium, dem Speisesaal des
Klosters, speisten. Lustlos schlang Line den Brei in sich hinein, kaute auf dem
Kanten Brot herum und spülte alles mit dem dünnen Bier herunter. Dann ging sie
hinunter in den Klosterhof und setzte sich auf eine Steinbank, um auf Bruder
Thomas zu warten, der sie in die Stadt begleiten sollte. Line fröstelte etwas
in ihrem noch immer etwas klammen Unterhemd, obwohl es bereits jetzt am frühen
Morgen schon angenehm warm war.
    Der Himmel war wolkenleer und Regen war nicht zu erwarten.
Der Tag versprach wieder sehr warm zu werden, so dass es sich unter den
schattigen Bäumen sicher gut wandern ließ.
    Der Infirmarius trat aus dem Krankensaal. Als er sie sah,
nickte er ihr zu.
    „Gott zum Gruße. Wir müssen noch auf Bruder Alfons warten“,
sagte er, „dann können wir aufbrechen.“
    Line erwiderte den Gruß. Dann nahm sie sich ein Herz und
fragte möglichst beiläufig nach dem Patienten, der gestern Abend mit einer
Bauchwunde angekommen war.
    „Der ist heute Nacht gestorben“, antwortete der Mönch
emotionslos, dann sah er sie prüfend an. „Kanntest du ihn?“
    „Ich habe ihn kommen sehen“, erwiderte Line ausweichend.
    „War nichts mehr zu machen. Verdammt zäher Bursche, hat sich
noch die ganze Nacht gequält.“
    Line war erleichtert, dass dieser Schurke seiner gerechten
Strafe nicht entkommen war. Hatte seine schwarze Seele ihr den Traum geschickt,
bevor sie in die Hölle gefahren war?
    Jedenfalls konnte er ihr nun nichts mehr anhaben. Aber sie
spürte keine Genugtuung.
    „Ich fürchte, seine Seele wird in der Hölle schmoren“,
sprach Bruder Thomas wie zu sich selbst. „Ich habe ihm die Beichte abgenommen.
Es war eine lange Beichte. Aber er hat nichts bereut. Nicht einmal im Angesicht
des Todes.“ Der Mönch schüttelte den Kopf.
    „Er war ein schlechter Mensch“, sagte Line.
    „Zweifellos“, bestätigte der Mönch und seufzte. „Er sagte,
wenn er etwas bereue, dann nur, dass er den letzten Befehl seines Herrn nicht
ausführen konnte.“
    „Was hat er damit gemeint?“
    „Das weiß ich nicht. Es waren seine letzten Worte.“
    Der letzte Befehl seines Herrn lautete, Conrad zu töten.
Lines Herz machte einen Sprung. Das konnte nur bedeuten, dass er noch lebte.
‚Warum sollte ein Sterbender im Angesicht des Todes lügen?‘, raunte ihre innere
Stimme ihr zu. Weil er durch und durch verderbt ist und sich an ihrer
Verzweiflung weiden wollte, gab sie sich selbst die Antwort.
    Vielleicht lag Conrad irgendwo verletzt im Wald und brauchte
ihre Hilfe? Plötzlich war sie sich dessen ganz sicher. Es drängte sie, sofort
in den Wald zu laufen, um ihn zu suchen. Aber in welche Richtung sollte sie
gehen?
    In diesem Moment tauchte Bruder Alfons mit einer Kiepe auf
und gesellte sich zu ihnen. Er grüßte fröhlich und die beiden erwiderten den
Gruß, Line unverbindlich lächelnd und etwas abwesend, Thomas mürrisch.
    Es war ein schöner Morgen. Ein seichter Wind ließ die
Blätter der Bäume rascheln. Es hörte sich an, als flüsterten sie miteinander.
    Bruder Thomas setzte sich in Bewegung, gefolgt von Alfons.
Sie gingen ein paar Schritte und sahen sich erstaunt nach dem Mädchen um, das
noch immer unschlüssig auf dem Hof stand.
    „Ich komme nicht mit“, sagte Line entschieden. „Ich danke
Euch für alles, aber jetzt muss ich meinen eigenen Weg gehen.“
    Der Infarmarius zog die Brauen hoch. „Natürlich musst du
das“, sagte er, „deshalb wollen wir dich ja mitnehmen in die Stadt. Wohin
willst du sonst?“
    „Ich“, setzte Line an und verstummte. Was sollte sie dem
Mönch sagen? Das sie in den Wald gehen wollte, um einen Mann zu suchen, ohne zu
wissen, ob er noch lebte und wo sie ihn finden konnte?
    „Ich habe noch etwas zu erledigen“, sagte sie ausweichend.
    Die Mönche sahen sich ratlos an. Thomas schüttelte den Kopf.
    „Wenn das so ist, dann gehe mit Gott.“ Er nickte ihr noch
einmal zu und machte sich mit seinem jungen Begleiter auf den Weg,

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