Das mysteriöse Pergament 03 - Heimkehr (German Edition)
fragte Conrad
schmunzelnd, dem die ehrliche Freude seines alten Jugendfreundes das Herz
wärmte, „ein Gespenst?“
„Nun, wenn man bedenkt, dass wir zunächst glaubten, du
wärest auf dem Weg aus dem Heiligen Land nach Hause umgekommen, um dann zu
erfahren, dass du nicht weit von hier von Wegelagerern erschlagen worden bist,
ist das gar nicht so abwegig“, erwiderte Hannes. „Heute Morgen wurden wir durch
einen Boten aus Kölzow zu deiner Beerdigung eingeladen. Daraus wird ja nun wohl
nichts.“
Wir werden sehen, dachte Conrad, sagte aber nichts.
Hannes trat auf ihn zu und umarmte ihn herzlich. „Du siehst
schrecklich aus“, stellte er fest, „und du riechst auch furchtbar.“
Conrad war unendlich erleichtert, so überschwänglich von
seinem Jugendfreund empfangen zu werden.
„Conrad, wie schön, dich wieder zu sehen, Junge“, sagte
jetzt auch Hannes Vater Albrecht. „Aber ich sollte wohl nicht mehr Junge
sagen. Wie ich sehe, bist du ein stattlicher junger Mann geworden.“
„Ebenso wie Euer Sohn, Herr Albrecht von Uritz“, entgegnete
Conrad höflich dienernd, „aber Ihr dürft mich nennen, wie Ihr wollt.“
Dann stellte er seine Gefährten vor. Line knickste anmutig
und schenkte beiden Rittern ihr schönstes Lächeln. „Verzeiht bitte den
unangemessenen Zustand unserer Kleidung, Herr, aber wir hatten unterwegs einige
Unannehmlichkeiten.“
Fasziniert beobachtete Conrad, wie Hannes erstaunt und
anerkennend die Augenbrauen hob, während sein Vater geradezu dahin schmolz.
Constance hatte Line nicht umsonst in höfischem Benehmen
unterrichtet. Conrad war stolz auf sie. Ihre Haltung war die einer Edlen,
ungeachtet ihres Schmutz starrenden Kleides.
„Unannehmlichkeiten?“, fragte Albrecht von Uritz.
„Stark untertrieben ausgedrückt, ja. Aber das ist eine lange
Geschichte, Herr von Uritz“, entgegnete Conrad.
„Gut, das hat Zeit. Zunächst einmal solltet ihr euch frisch
machen. Dann werden wir für angemessene Kleidung sorgen. Eure bezaubernde
Begleiterin hat vollkommen Recht, Eure Kleidung ist etwas – unangemessen. So
könnt Ihr unmöglich herumlaufen. Bei den letzten Worten sah er Line an, die ihm
mit einem Lächeln dankte und artig die Augenlider senkte.
Jetzt hat sie ihn vollends um den Finger gewickelt, dachte
Conrad und wechselte einen amüsierten Blick mit Li Chan.
„Danach können wir reden“, fuhr Herr von Uritz fort, „du
hast mir sicher viel zu erzählen, Conrad. Vor allem, warum deine Schwester
glaubt, du seiest tot.“
Nach dem Bad, welches für die Gäste angerichtet worden war,
spürte Conrad eine fast bleierne Müdigkeit. Aber er konnte jetzt unmöglich
schlafen, Zunächst musste er Hannes und seinen Vater über die Ereignisse
aufklären, die ihn hierher geführt hatten.
Das tat er dann auch ausgiebig beim anschließenden
Abendessen mit Hannes und Albrecht von Uritz, Li Chan und Line. Er verschwieg
auch nicht, wie sie seinen eigenen Tod vortäuschten, um Arnulf in Sicherheit zu
wiegen und Constance nicht zu gefährden.
„Eine unglaubliche Geschichte“, Albrecht von Uritz
schüttelte den Kopf.
Hannes war so aufgewühlt, dass er aufgesprungen war und
ruhelos im Zimmer hin und herlief, wobei er immer wieder seine rechte Faust in
die linke Handfläche schlug.
„Dieser verdammte Hurensohn“, stieß er hervor.
Der alte Uritz dagegen saß stumm da und starrte vor sich
hin, als müsse er erst einmal verdauen, was er eben gehört hatte. „Das ist so
ungeheuerlich, dass man es kaum glauben kann“, sagte er schließlich, „aber
jetzt wird mir einiges klar.“
Dann sah er seinen Sohn an, der seine Wanderung noch immer
fortsetzte.
„Was meint Ihr?“, wollte Conrad wissen.
„Du weißt, Conrad, dein Vater war mein bester Freund. Wir
hatten schon vor langer Zeit vereinbart, unsere Häuser durch eine Heirat
zwischen Hannes und Constance zu verbinden. Das war abgemacht, aber niemals
schriftlich vereinbart worden. Du kannst dir sicher vorstellen, wie erstaunt
ich war, als ich von dem Ehevertrag mit denen von Nienkerken hörte. Das war
nach dem Unfall deines Vaters und er war zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr
ansprechbar, so dass ich ihn nicht zur Rede stellen konnte.“
Er hob seinen Becher und trank einen langen Zug, bevor er
weiter sprach: „Ich kenne Bernhardt von Nienkerken. Er ist ein äußerst
unangenehmer Mensch, nur auf seinen Vorteil bedacht. Sein Sohn scheint nach dem
Vater zu kommen.“
Er schaute Conrad an, als er fortfuhr: „Ich bin
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