Das mysteriöse Pergament 03 - Heimkehr (German Edition)
machte siebzehn Schritte in Richtung Kirchentür und blieb
stehen.
„Sieh den Ziegel in der Wand,
dritte Reihe linker Hand.“
In der Ziegelwand links von ihm entdeckte er in der dritten
Reihe einen Ziegel, der anders als die anderen nicht rechteckig, sondern
annähernd quadratisch und etwas größer war. Das musste es sein.
Conrad ging auf den Stein zu, zog sein Messer und klopfte
mit dem Griff dagegen. Es klang hohl. Mit der Klinge kratzte er an dem Mörtel
und stellte fest, dass er bröckelig war und sich leicht entfernen ließ. Nach
kurzer Zeit konnte er den Stein herausziehen.
Die Anderen waren neugierig näher getreten und sahen ihm wie
gebannt auf die Finger.
Hinter dem Stein befand sich ein kleiner Hohlraum, viel zu
klein, als dass dort ein Schatz versteckt sein könnte. Conrad griff in das
schwarze Loch und fühlte das Ende einer verrosteten Kette in den Händen. Er zog
vorsichtig daran, bis die Kette sich straffte. Etwas sechs Ellen hingen jetzt
aus der Wand.
Alle sahen gespannt zu, als Conrad etwas fester zog, aber
nichts geschah. Erst als er sich das Ende um den Arm wickelte und kräftig zog,
ließ sich ein leises, schleifendes Geräusch hören.
„Ich glaube, da bewegt sich was“, sagte Hannes und griff
ungeduldig mit zu. Zusammen zogen sie an der Kette und plötzlich brach ein
rechteckiges Mauerstück von der Größe einer Grabplatte aus der Wand. Dahinter
wurde eine kleine hölzerne Tür mit verrosteten Scharnieren sichtbar. Anstelle
eines Türgriffs war ein eiserner Ring angebracht.
„Was ist das denn?“, staunte der Pfarrer, der neugierig
näher getreten war.
Conrad griff nach dem ebenfalls verrosteten Ring und zog die
Tür mit etwas Mühe auf. Staub wirbelte auf, als das Holz über den Steinboden
schrammte.
Alle hielten den Atem an.
Ein kleiner Raum wurde sichtbar, kaum drei Fuß im Quadrat
messend, in der sich eine Holzkiste befand.
Conrad fasste sie an dem eisernen Griff und zog sie heraus.
Drei Riegel hielten den Deckel, aber es gab kein Schloss, so dass Conrad sie
leicht öffnen konnte. Die Scharniere knirschten leise, als er den Deckel anhob.
Der Inhalt war in ein Ledertuch eingeschlagen. Als Conrad
die Enden auseinander schlug, wurde in einem Streifen Sonnenlicht, dass durch
eines der schmalen Kirchenfenster fiel, ein verheißungsvolles Funkeln sichtbar.
Erstaunt griff Conrad hinein und förderte einige Goldmünzen
zu Tage, die er durch die Finger gleiten ließ.
„Das müssen ein paar Hundert Goldmark sein“, staunte Hannes,
„ein wahres Vermögen.“
Constance beugte sich über die Kiste und konnte es kaum
fassen. „Das kann doch nicht alles aus der Kriegsbeute meines Großvaters
stammen“, sagte sie zweifelnd.
„Mein Vater sagte doch etwas von einem jüdischen Kaufmann,
mit dem dein Vater Geschäfte gemacht haben soll“, erinnerte sich Hannes und sah
Conrad an.
„Ja. Es müssen sehr gute Geschäfte gewesen sein“, stellte
dieser fest.
„Wenn man investiert in richtige Ware, zum Beispiel Gewürze
oder gute Tuche aus fernen Ländern“, erklärte Li Chan, „kann man Geld schnell
verzehnfachen.“
„Tatsächlich?“, staunte Hannes.
„Ja, oder verlieren alles, wenn Sturm Handelsschiff versenkt
– ist großes Risiko.“
„Nun, der Jude schien wohl gewusst zu haben, was er tut“,
meinte Conrad, während er in den Goldstücken wühlte und sie immer wieder
ungläubig durch die Finger rieseln ließ.
Der Pfarrer Ekarius bekam Stielaugen und rieb sich gierig
die Hände. Er dachte bereits an die in Aussicht gestellte Spende und seine neue
Glocke.
Schließlich war es Li Chan, der sie alle mit seinen
nüchternen Worten aus der ehrfurchtsvollen Starre holte. „Wir sollten bringen
Kiste in Wehrturm, nicht jeder muss wissen, was ist in ihr.“
Conrad schloss die Kiste und packte einen der eisernen
Griffe an der Seite, Hannes den anderen. Die beiden jungen Ritter hatten einige
Mühe, das Gewicht bis zu den Pferden zu tragen. Sie zurrten den Schatz auf
einem der Packtiere fest und ritten auf dem kürzesten Weg zurück zum Gut, wo
bereits die Vorbereitungen für das abendliche Festmahl auf Hochtouren liefen.
Geschäftig eilten Knechte und Mägde hin und her, aus der
Vorratskammer im Untergeschoss des Wehrturms und der an dem Küchentrakt
angrenzenden Räucherkammer wurde geholt, was das Gut an Köstlichkeiten zu
bieten hatte.
Conrad hatte der Wirtschafterin und der Köchin
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