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Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
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ihm zuzuwachsen. Es war fast, als hätte er zu viel Atem in der Kehle, einen Überschuss, der ihn mit sich riss wie ein zweiter furioser Achilles und bei der dreimaligen wilden Jagd um die Mauern Trojas Erde, Staub und sein eigenes Blut fressen ließ, wie Achilles es mit dem vorsichtigen Hektor getan hatte.
    Wie bereits bei seinem Bericht über Elia Diodati und Galileo schien Naudé erleichtert, einem unreifen Kastraten und seinem anonymen Secretarius Dinge erzählen zu können, die er Gleichgestellten niemals anvertraut hätte.
    Und so fuhr Naudé fort. Als Bouchard zu Ende geredet hatte, erwiderte er dem Freunde: Mir scheint, du willst zu viele Dinge auf einmal in Zweifel ziehen. Doch warum sprichst du wegen dieses Synkellos nicht mit erfahrenen Philologen wie Peiresc und Guyetus, die immer einen nützlichen Rat geben können? Ich habe deinen Synkellos nicht gelesen, aber ich stimme mit dir überein, dass man der Sache auf den |561| Grund gehen sollte. Ich selbst kann dir im Moment leider nicht helfen, weil mein Herr, dieser langweilige, pedantische Kardinal Di Bagni, mich mit Dutzenden Briefen, die jeden Tag zu schreiben sind, an den Schreibtisch fesselt. Doch ich bitte dich, lieber Bouchard, halte mich auf dem Laufenden, ach was, ich befehle dir, an meine Tür zu klopfen, wann immer du mich brauchst. Doch jetzt entschuldige mich bitte, teurer Freund, ich muss mit Seiner Exzellenz eine Delegation ehrwürdiger armenischer Priester empfangen, die heute Morgen in Rom eingetroffen ist.

    »Signori …« Du versuchtest, Naudés Erzählung zu unterbrechen.
    »Freilich erkannte ich sogleich«, fuhr er fort, ohne dir ein Wort zu gönnen, »dass mein armer Freund meine Antwort mitnichten verstanden hatte. Der arme Unglückliche hatte kein Vertrauen in meine Ansichten. Also habe ich auch weiterhin versucht, ihm zur Seite zu stehen und ihn immer wieder nach seiner Arbeit über Synkellos und die anderen antiken Historiker gefragt. Es sei wahr, habe ich eingeräumt, die Texte von Synkellos, Berossos und Manetho seien wirklich ein wenig verworren. Nur Mut! Vielleicht werde sich alles mit der Zeit aufklären. Ich habe ihm sogar Trouiller geschickt, einen gemeinsamen Freund, ein anständiger Mensch und ausgezeichneter Arzt, damit der ihn ermutigte.«
    Naudé ahnte nicht, dass ich wusste, von wem er sprach: Trouiller war der atheistische Arzt und Fachmann für sodomitische Krankheiten.
    Also steht der Arzt Trouiller eines Tages vor Bouchards Tür. Er erklärt, er habe mit Naudé gesprochen, bittet Bouchard um Auskünfte über seine Gesundheit, ist tief besorgt, wirkt betrübt. Er empfiehlt einige Mittel für einen ruhigen Schlaf und ein heiteres Gemüt, einen Baldrianaufguss zum Beispiel. Er behandelt ihn übertrieben behutsam, wie man Kranken mit starken Erregungszuständen begegnet. Bouchard vermutet, dass Naudé ihn als Verrückten dargestellt hat. Er entlässt Trouiller ziemlich eilig und merkt sich die Sache.

    »Signor Secretarius …«, wagtest du erneut einen Versuch.
    Naudé aber hörte nicht auf dich und sprach weiter. Seine Worte waren schlicht, doch man ahnte, dass sich hinter jeder Silbe mehr verbarg. Zwischen den Freunden Naudé und Bouchard hatte sich ein Graben aufgetan.

    |562| Bouchard sagt es nicht, aber er fühlt sich im Stich gelassen. Sollte nicht Brüderlichkeit zwischen den Starken Geistern herrschen? Hatten die Mitglieder der Tetrade sich nicht nach dem Vorbild Epikurs Treue geschworen? Naudé und Bouchard hatten beide Zugang zu dem exklusiven, hochgeheimen Kreis der
Deniaisez
in Rom gehabt. Warum benahm er sich jetzt wie ein Kollege, nicht mehr wie ein Komplize?
    Naudé verstellt sich, dachte Bouchard. Könnte es sein, dass Synkellos alles zwischen uns verdorben hat? Wie wichtig ist dieser verfluchte Synkellos?
    »Das alles sagte er nicht, wie Ihr Euch vorstellen könnt, aber man las es in seiner Miene«, sagte Naudé.
    Bouchard folgt dennoch dem Rat seines alten Freundes und schreibt an Peiresc, bittet ihn um Rat, wie er mit seiner Arbeit fortfahren soll. Der Meister der Meister schreibt ihm aus der Provence, dass er schon durch Naudé von Bouchards Zweifeln erfahren habe, doch er solle sich keine Sorgen machen, schon seit jeher gebe es Unsicherheiten beim Studium antiker Texte, und das gelte für alle. Schluss.
    »So war unser Freund Peiresc manchmal: lakonisch«, bemerkte Naudé. »Das war keine richtige Antwort, ich gebe es zu, es mochte sogar wie eine Distanznahme erscheinen. Als er sie mir zeigte,

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