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Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
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darum ging es ihm gar nicht. Diese Korsaren aus den Barbareskenreichen sehen in uns Nazarenern Kühe zum Melken, die so viel wert sind, wie das Lösegeld, das sie einbringen können. Es ist unwichtig, ob Philos Ptetès irgendein beliebiger Mönch war. Dieser ungebildete Ignorant Kemal hat erlebt, mit welchem Eifer wir nach ihm suchten, und daraus geschlossen, dass auch er teuer verkauft werden konnte. Er wusste nicht, dass der Mönch nur wegen der Handschriften wichtig war.
    »Moment: Malagigi hat gesagt, er habe Guyetus’ Körper an einem Baum hängen und dann die Klippe hinunterstürzen sehen«, wandtest du ein.
    »Vielleicht war es nur eine Puppe mit seinen Kleidern, wie wahrscheinlich |713| auch Mustafa, obwohl er auch selbst den Abhang hätte hinunterklettern und ein paar Minuten lang zwischen den Wellen Leiche spielen können. Das wäre viel sicherer gewesen und leichter zu bewerkstelligen.«
    »Der Arme«, brummte der ehemalige Kommissar, ein schläfriges Auge öffnend.
    Wir sahen ihn an. »Kennst du Mustafa zufällig?«, spottetest du.
    »Natürlich kenne ich ihn«, antwortete er zu unserer Überraschung und sah uns mit ernster Miene an. »Mustafa, ja, und ob. Er hat mir erzählt, dass er sich totgestellt und mit geschlossenen Augen ans Ufer gelegt hat.«
    Wir blickten ihn immer noch erstaunt an.
    »Aber du bist ihm doch nie begegnet!«, drängtest du ungeduldig.
    »In der Tat, nein, ich bin ihm nie begegnet.«
    Ich fing ein Blitzen deiner Augen auf. Du bliebst eine Weile still, dann machtest du einen Vorstoß:
    »Darf ich fragen, ob Ihr auf Gorgona jemals Aristoteles und Platon begegnet seid?«
    »Aber sicher bin ich ihnen begegnet, sehr oft sogar.«
    Du warfst mir einen vielsagenden Blick zu, deinen Mund umspielte ein Lächeln.
    »Man hat uns gesagt, dass sie sich auf der Piana dei Morti herumtreiben«, nahmst du die Unterhaltung wieder auf.
    »Ja, genau dort, auf der Piana dei Morti.«
    »Sie haben Weidenkörbe, um Kastanien zu sammeln …«, fuhrst du ungerührt fort.
    »Und was für Körbe! Sie klauen immer alle Kastanien und für uns bleiben keine übrig, vor allem Aristoteles, der ist unfreundlicher als Platon, oh ja, der hält sich für sonst was! Wie eingebildet der ist, dieser Aristoteles.«
    Du hattest genug gefragt. Jetzt war es klar: der ehemalige Kommissar bejahte alles, was man ihn fragte. Seine Worte bogen sich wie Grashalme unter dem ersten Windhauch, der über sie hinwegfuhr. Was auch immer man ihm sagte, er stimmte zu und schusterte sich das bereits Gesagte notdürftig zurecht, um seine Wahnideen aufrechtzuerhalten. Er war verrückt.
    »Er muss einer der vielen Irren sein, die vom Großherzog nach Gorgona verbannt wurden«, erklärtest du leise.
    |714| »Sehr wahrscheinlich.«
    »Warum nur haben wir das auf Gorgona nie bemerkt, Signor Secretarius?«
    »Ich weiß es nicht, Signorino Atto.«

    Zum Glück ging von nun an alles sehr schnell. Von einem der beiden Schiffsjungen erhielten wir die Bestätigung unserer Vermutungen. Während wir auf der Suche nach Philos Ptetès noch durch die Wälder Gorgonas irrten, hatten die Korsaren durch einen jüdischen Händler bereits mit dem französischen Konsul in Livorno Kontakt aufgenommen und heimliche Verhandlungen begonnen. Gegen ein üppiges Lösegeld boten sie die Freilassung einer beachtlichen Anzahl Geiseln: die gesamte Mannschaft eines Brandschiffs und ein Grüppchen Edelleute, Musiker, Literaten und Philologen. Die Franzosen hatten sofort eingewilligt, denn mit der Rückgabe der Gefangenen ließ sich die Niederlage vertuschen und die militärische Ehre retten. Außerdem würden die französischen Schiffe einige wichtige Persönlichkeiten heil und gesund nach Paris geleiten, die von niemand Geringerem als Seiner Eminenz Kardinal Mazarin persönlich erwartet wurden. Die vereinbarte Summe war gewaltig, ja regelrechter Diebstahl. Doch nur so würde man verhindern können, dass die schmachvolle Geschichte bekannt würde. Die Soldaten waren bereits ausgelöst worden und ein Teil des Lösegeldes war kassiert, jetzt waren wir Zivilisten an der Reihe.
    Während die Barbaresken und die französische Marine die letzten Formalitäten für unsere Übergabe regelten, wurden wir auf dem Deck der Karacke versammelt.
    So konnten wir Schoppe, Naudé, Hardouin und Malagigi wieder in die Arme schließen. Nur Guyetus fehlte beim Appell. Protest erhob sich, wir fürchteten das Schlimmste für unseren betagten Gefährten. Doch vergeblich, wir erfuhren nichts über

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