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Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
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verkaufen.«
    »Einverstanden, aber warum gebt Ihr mir das? Ihr hättet es Gabriel Naudé schenken können. Er kann Euch in Paris helfen, indem er Euch bei Mazarin in ein gutes Licht rückt. Ihr werdet lange Zeit in Frankreich bleiben müssen, da könnt Ihr Freunde gebrauchen.«
    |719| Ich wollte gerade antworten, da kam er mir zuvor.
    »Ich verstehe. Sogar Ihr seid, wiewohl kein Philologe, drauf gekommen. Dieser Esel Naudé wäre nie und nimmer in der Lage, so etwas zu veröffentlichen. Er ist ein ignoranter Atheist, der nur Medizin studiert hat und nicht einmal promoviert ist. Er hat das Abschlusszeugnis nur bekommen, weil er vor den Studenten und dem Direktor diese Rede gehalten hat, wie hieß das noch gleich …«
    »Der Paranimf?«
    »Genau, der Paranimf. Doch wartet.«
    Urplötzlich hatte Schoppe den einstigen Schwung zurückgewonnen. Mit einem Wink rief er Hardouin zu sich.
    »Kommt her, lieber Freund. Und Ihr, Signor Secretarius, mögt Ihr uns bitte einen Augenblick entschuldigen?« Schoppe wollte mit dem Buchhändler allein bleiben.
    Er hatte mich überrumpelt. Ich machte eine Verbeugung und entfernte mich. Von weitem hörte ich nur noch:
    »Ich weiß, dass Ihr ein Kind erwartet, lieber Hardouin, vielleicht sogar einen Jungen. Meinen Glückwunsch. Nun, ich habe etwas, was Ihr dem Kleinen geben könnt, wenn er im richtigen Alter ist. Man weiß nie, vielleicht kann er sich dafür begeistern. Vor allem wenn er, was ich hoffe, Eure Herzenswärme und Geistesschärfe erbt.«
    »Ihr seid zu gütig«, sagte Hardouin ein wenig verlegen.
    »Ich weiß, was ich sage«, erwiderte Schoppe.

    Die Chiffre der Namen hatte ihre Reise angetreten. Wo würde sie ankommen? Alles hing von den Eigenschaften ihres zukünftigen Paladins ab. Auch ich hatte an Hardouin als idealen Kandidaten gedacht, denn er besaß den ungetrübtesten Geist von allen in der Gruppe, und zudem konnte er die Aufzeichnungen Bouchards drucken lassen. Freilich mangelte es ihm an Bekanntheit und den notwendigen Beziehungen, um sich in der überfüllten, chaotischen Gelehrtenrepublik durchzusetzen. Darum hatte ich mich zuletzt doch an Caspar Schoppe gewandt. Doch Schoppe selbst hatte anders entschieden.
    Es würde gerade für Hardouin eine große Offenbarung werden, in diesen Aufzeichnungen zu lesen, dass Platon in Wirklichkeit erst lange nach der Ankunft Jesu erfunden worden war. Denn niemand anderes als der bretonische Buchhändler hatte mir in der Nacht, in der wir das Boot kalfatert hatten, erklärt, wie weise Papst Urban VIII. gewesen |720| war, als er sich auf das platonische Prinzip berief, nicht das wahre Wesen der Dinge erkennen zu wollen, was allein Gottes Vorrecht ist, sondern nur zu versuchen, die Dinge zu praktischen Zwecken zu beherrschen. Jetzt würde Hardouin mit Freude entdecken, dass diese erhabene Weisheit kein christliches Abschreiben bei Platon war, um es mit Guyetus Worten zu sagen, sondern das Abschreiben eines falschen Platon von einer Glaubenswahrheit.

    Am nächsten Tag sah ich dich mit deinem geliebten Meister Malagigi und Hardouin in ein intensives Gespräch vertieft und trat zu euch.
    »Von wegen Schiffbruch mit dem Beiboot! Wir wurden entführt, während wir schliefen!«, erzählten die beiden.
    »Und der Abschiedsbrief?«, fragtest du.
    »Den habe ich gewiss nicht geschrieben. Es wird dieser Verräter Kemal gewesen sein«, antwortete Hardouin.
    »Gut möglich«, stimmte ich zu, mich in euer Gespräch einmischend. »Es muss eine Fälschung von Kemal gewesen sein. Vielleicht hat er sich durch unsere Gespräche über Fälschungen anregen lassen!« Ich lachte.
    »Kann Kemal so flüssig schreiben?«, fragtest du zweifelnd.
    »Er ist alles andere als der Ignorant, den er uns vorgespielt hat«, überlegte ich. »Vergessen wir nicht, liebe Freunde, dass wir vom Statthalter Ali Ferrareses persönlich sprechen. Zwei Jahrzehnte in den Gefängnissen der spanischen Inquisition sind keine Kleinigkeit. In dieser Zeit wird er viel gelesen und geschrieben haben, wenn die Verhöre und Folterungen es erlaubten. Wie könnte sein Statthalter weniger gebildet sein als er?«

DISKURS CVII
    Darin man sieht, dass was zuvor erzählt wurde, noch lange nicht alles ist.
    Du, mein lieber Atto, hattest begriffen. In groben Zügen, aber du hattest begriffen.
    |721| Zuletzt bist du vom bloßen Verdächtigen zum Handeln übergegangen. Du warst es, der mich in dem gespenstischen Städtchen beschattet hat, deine leichten Schritte hallten durch die menschenleeren

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