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Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
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er kennt keinen von denen, die ihn betrachten, er ist der Religion Mohammeds immer treu gewesen und vor allem spricht er nicht Italienisch. Die anderen lassen sich nicht beirren, sie schreien lauter: Aber natürlich ist er das, auf den Schiffen gab er Befehle auf Italienisch, er lügt nur, um sich zu retten.
    Der Gefangene, der im Verdacht steht, ursprünglich ein Christ, also vom Glauben abgefallen zu sein, wird dem Heiligen Offizium von Palermo übergeben, das für die Fälle der Glaubenslehre zuständig ist. Rasch werden Dutzende Zeugen einberufen und befragt. Sie haben Jahre der Sklaverei in Tunis oder auf den Korsarengaleeren |151| hinter sich und sind jetzt Soldaten im Ruhestand, Matrosen, Schneider, Kutscher. Alle bestätigen, Ali erkannt zu haben, er ist es, der sie gefangen gehalten hat, sagen sie, und gerade mit seinen ehemaligen Landsleuten ging er besonders grausam um.
    Er hat die Meere und Küsten Griechenlands, Mallorcas und der Adria mit Blut befleckt. Man sah ihn zwanzig wehrlosen Sklaven die Ohren abbeißen, und eines hat er sogar verschluckt. Er ließ einen christlichen Gefangenen lebendig begraben, damit er unter der Erde krepierte. Bei den Nazarenern, wie die Türken die Christen nennen, erreichte seine Grausamkeit ihren Höhepunkt. »Hunde, Gesindel, eure Mütter sollen verflucht sein, und euer Christus soll verflucht sein«, war seine bevorzugte Beleidigung. Einmal befahl er den Sklaven einer seiner Galeeren, das Schiff an Land zu ziehen, und an Land zwang er sie, den Hauptmast mit seinem ungeheuren Gewicht auf ihre Schultern zu laden. Über drei Stunden mussten sie reglos so stehenbleiben, erdrückt von dieser entsetzlichen Last, sie weinten vor Schmerz, während er sie verhöhnte: »Hunde, warum weint ihr? Und euer Christus? Das ist das Kreuz eures Christus …« Diese Schmähungen, berichteten die Zeugen, wurden immer auf Italienisch ausgesprochen.
    Er kleidete sich auf türkische Art, das Hemd über der weiten, bequemen Hose, auf dem Kopf ein Turban. Die vorgeschriebenen Riten der Glaubenspraxis befolgte er peinlich genau: Er betete das
Salat
mit gesenktem und erhobenem Kopf und versäumte nie das
guadoc
, die Reinigung von Sünden, die bei einem rituellen Bad im Meer abgewaschen wurden. Er achtete stets darauf, sich öffentlich in einer Moschee zu zeigen, und betrat sie immer ohne Schuhe. Die Moschee, die er am häufigsten besuchte, war von seinem eigenen Geld erbaut. Er hielt das Fasten zum Ramadan gewissenhaft ein, und achtete ansonsten immer darauf, jeden Tag Fleisch zu essen, auch freitags und während der christlichen Fastenzeit. Die einzige Übertretung: von Zeit zu Zeit schlüpfte er in eine Taverne, um sich ein Glas guten Weines zu gönnen. Dennoch meinten einige, er sei den Pflichten der Religion so treu ergeben, dass ihm sogar der Ruf eines Marabout vorausging, eines heiligen Mannes.
    Auf jeden Fall stimmen alle Zeugen darin überein, dass er in Ferrara geboren ist. In Tunis und auf den Schiffen wussten das alle, sowohl die Nazarener als auch die Mauren. Jemand berichtet sogar, er |152| habe gehört, dass die Türken ihn Giaur nannten, Abtrünniger. Ein anderer beteuert, er habe Ali sagen hören, er sei christlich geboren, und zwar in Ferrara. In Tunis pflegte er nicht zufällig Umgang mit anderen Leuten aus Ferrara, ebenfalls Abtrünnige, die Korsaren wurden: ein gewisser Alessandro, Barbiermeister und Sklave eines anderen italienischen Korsaren aus Genua; außerdem der berühmte Mami, ebenfalls ein Verräter aus Ferrara, Reeder der Schiffe des Regenten von Tunis; und schließlich Giovanni, seinen eigenen Neffen.
    Wenn er Schiffe der päpstlichen Marine oder des Großherzogtums Ferrara überfiel, warnten ihn seine Matrosen, dass die nächsten Opfer Landsleute von ihm seien. Dann wurde er wütend: »Meine einzigen Landsleute sind die Türken!« Angeblich durfte man ihn nur, wenn er über die Meere des Ostens fuhr, den Ferraresen nennen.
    Vor zehn Jahren war er schon einmal geschnappt worden. Seine schöne, schnelle Tartane, ein Juwel der Meere, das immer Achterwind hatte, war auch damals von den Galeeren des spanischen Vizekönigs von Neapel aufgebracht worden. Aus geheimnisvollen Gründen hatte man ihn gegen Lösegeld sehr schnell freigelassen, und er war seelenruhig nach Tunis zurückgekehrt, obwohl unter seinen Ruderern allgemein bekannt war, dass es sich um einen Abtrünnigen handelte. Wie hatte er das fertiggebracht? Einigen seiner Vertrauensleute erzählte er später, er

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