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Das Mysterium Des Himmels

Das Mysterium Des Himmels

Titel: Das Mysterium Des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Gardein
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Seite seines Lebens. Ekuos der Seher durfte nicht so denken, Ekuos der Hirte durfte das. Aber wer Ekuos zu sein hatte, das entschied nicht er selbst.
    Sie verbrachten die Nacht an der Schneegrenze in einer winzigen Höhle und an einem mehr als bescheidenen Feuer. Rosmerta fror und Ekuos nahm es nur zur Kenntnis. Sie sollte sich beherrschen, dachte er. Ganz in der Frühe des nächsten Morgens stand er auf einem Felsstück und schaute hinüber in die Berge, um ein Wort an die Götter zu richten. Durch eine Himmelsöffnung sah er das Schlaflager der Sterne und er wunderte sich nicht über die Pracht dieser Dunkelheit. Erst dahinter lagen die festen Burgen der Götter und er blickte auf die Sterne, die ihre Leuchtkraft langsam verloren. Ekuos fühlte sich wie ein Held, weil er sehen durfte.
    Dann begann es. Ekuos klatschte in die Hände, damit Rosmerta zu ihm kam. Tief in seinem Inneren spürte er, wie ungewöhnlich das Geschehen war. Sehr weit entfernt, fast hinter dem sichtbaren Himmel, schienen Gewalt und Zerstörung zu herrschen. Zuerst war da eine blendende Flamme, es folgte ein greller Blitz, der sich schräg über der Welt hinter der Welt austobte und unsichtbar wurde. Ekuos schloss die Augen und nahm sich einen Moment, um sich wieder zu beruhigen. Konnte es sein, dass die Götter gegeneinander Krieg führten? Er sah auf Rosmerta, doch an ihrem Gesicht erkannte er, sie hatte nichts gesehen. Blind vor Zorn hätte er sie beinahe über die Klippe geworfen.
    Ein mächtiger Adler schwebte heran und beobachtete sie. Ekuos senkte demütig den Kopf. Er war der Seher, nicht Rosmerta. Was war nur in ihn gefahren? Der Adler schien zu nicken und Ekuos schickte Rosmerta in die Höhle zurück. Jetzt konnten sie noch nicht wieder absteigen. Die Steine und der Boden waren noch feucht und glatt. Neben ihnen fiel der Fels steil nach unten. Als Rosmerta den Abstieg wagte, blieb Ekuos zurück. Der Wind blies und er hörte einen alten Sänger, der das Land und den Boden pries. Wenn der Wind singen konnte, würden auch die Felsen erblühen können. Um ihn herum leuchteten die Berge in blauem Licht. Von seiner Position aus schaute er weit über das Land und er glaubte daran, dass er bis zu den Häusern seiner Sippe sehen konnte. Wie die anderen Menschen auch fühlte er den Frühling in sich. Unterhalb seines Standpunktes spielten zwei Bärenjunge an der Baumgrenze, während die Bärin hoch aufgerichtet Ausschau hielt. Ekuos wollte noch eine Nacht und einen Tag im Berg bleiben und dann hinuntersteigen, um am Fest der neuen Fruchtbarkeit teilzunehmen.
    Rosmerta traf auf den Schneider aus Hall, der ihr und den weisen Frauen für den Frühling neue Kleider brachte. Seine Frau war dabei. Sie war hochschwanger und der Schneider bat Rosmerta darum, dass sie sich um die Frau und die Geburt kümmern möge. Rosmerta wollte das Paar nicht zu ihren Frauen mitnehmen und ließ sie bei Werena und Atles zurück. Da saß sie dann und hielt sich den Bauch, während der Schneider Rosmerta mit den neuen Kleidern bis zu einem schmalen Bergpfad begleitete. Dort rief sie die anderen Frauen, damit sie den Schneider von seiner Last befreiten. Rosmerta schickte ihn zurück und er kniete sich neben seine Frau und sah sie unablässig an.
    Atles hatte Werena von dem Zwerg im Baum erzählt. Auch von dessen wallenden Haaren, die den gesamten Körper bedeckt hatten, und seiner dünnen Gestalt mit der überlangen spitzen Nase. Werena hörte ihm aufmerksam zu und schaute zu dem Baum, in dem der Zwerg gesessen haben soll. Werena hatte, wie jeder in der Nähe des verwunschenen Berges, von den Zwergen gehört, die in den Höhlen des Berges wohnten und dort das Silber und Gold schlugen, womit sie das Innere der Felsen schmückten. Manchmal setzten sie sich ihre weißen Häubchen auf und spazierten außerhalb herum, ohne dass die Menschen sie erkennen konnten. Auch sollen sie sich einen Spaß daraus machen, dem einsamen Wanderer oder verirrten Menschen von hinten an die Schulter zu tippen, worauf die sich umdrehten, aber niemanden sahen und voller Entsetzen davonrannten.
    »Hat dich der Zwerg berührt?«, fragte Werena und Atles schüttelte den Kopf.
    Werena hatte bemerkt, dass Atles sich veränderte. Nicht nur deshalb, weil er nun nur mit ihr sprach, aber nicht mit den anderen. Er schien ihr unruhig zu sein, drehte häufig den Kopf hin und her, arbeitete ungeduldig und bedeckte ständig seine von der Arbeit im Salzbergwerk herrührenden Narben, als würde er sich dafür

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