Das Mysterium Des Himmels
der Mitte des Flusses angekommen waren, war ihr Ziel auszumachen. Sie würden unterhalb des Felsens, hinter dem Matu sich verbarg, an das Ufer gelangen, denn dort gab es eine schmale Sandbank. Der Platz war nicht sehr weit von Matu entfernt, der aber dennoch seinen geschützten Bereich verließ und so schnell es ging durch den Wald rannte. Amadas folgte ihm und schlug sich an einem tief hängenden Ast die Nase blutig. Sie standen ungefähr dreißig Schritte vom Ufer entfernt nebeneinander hinter Koniferen und warteten. Die Boote steuerten genau auf sie zu. Was wollte Matu erreichen? Amadas sah die Schleuder mit einem Stein darin und mindestens zwölf Angreifer auf dem Fluss.
Glenn ging es zu langsam voran und er verlor die Geduld. Er trieb sein Pferd an. Es schien so zu sein, als hätten es die Ruderer nicht besonders eilig. Amadas schaute auf den Glenn, der eine ungewöhnlich bunte Tracht trug. Sein Gesicht war weitgehend bartfrei und er hatte sich die Haare weiß gekalkt. Sein Pferd suchte bereits den Ufergrund und war noch bis zum Hals im Wasser, als der Stein aus der Schleuder Matus den Glenn an der Stirn traf, über die Stirn und den Haarschopf rutschte und in ein dahinter ankommendes Boot flog. Sofort war das Gesicht des Mannes blutüberströmt und das Pferd wurde unruhig, doch noch hielt sich Glenn auf dem Tier fest. Matu zog ein Langschwert aus einem Versteck hervor, sprang vor das Pferd auf die Sandbank und hieb Glenn mit einem Schlag den Kopf ab, der in hohem Bogen in den Sand flog. Sofort drehten die Männer in den Booten die Ruder um und flohen zurück an das andere Ufer. Das Pferd bäumte sich im Wasser auf und sank in den Fluss zurück, während der Körper des Glenn langsam in die Fluten rutschte.
Ekuos war in der Nähe des ersten Verstecks geblieben und trat nun an das Ufer, um für alle sichtbar die Hände zum Himmel zu heben. Auf der anderen Seite sammelten sich Salzmänner und ihre Wächter. Die Boote mit den Geflüchteten landeten an und die Männer gestikulierten wie wild. Immer wieder zeigten ausgestreckte Arme auf das gegenüberliegende Ufer und das Wasser. In diese Situation hinein lief Kida die Wölfin am Ufer entlang. Schreie drangen über den Fluss, denn sie trug den Kopf des Glenn an den Haaren im Maul.
Nun war es geschehen und die Götter hatten den Tod des Frevlers erlebt. Ekuos wollte nicht mehr an diesem Ort sein. Jetzt war es Frühling und an der Zeit, um in den verwunschenen Berg einzusteigen. Sie folgten einem eilenden Bach in Richtung seiner Quelle. Ekuos stieg voran, hinter ihm folgten Amanda und Werena, dann Matu und Amadas, der neben sich den schweigsamen Atles gehen hatte. Atles nahm den Tod des Glenn recht gleichgültig zur Kenntnis. Er dachte daran, dass es für viele aus den Salzstollen nun ein neues Leben geben könnte. Aber was geschah, wenn niemand mehr das Salz abbauen würde? Da das auf keinen Fall sein durfte, denn das Salz schützte viele Esswaren vor dem Verderben, würde es wahrscheinlich einfach einen neuen Glenn geben. Atles hatte den Bruder gleich erkannt und doch kannte er ihn nicht mehr. Jetzt war Ekuos ein anderer Mensch. Einer von jenen weisen Männern, die mit anderen Augen herumliefen und mit der Luft sprachen. Die Frauen hatten den geschundenen Körper von Atles behandelt, während er von seiner zweiten Gefangennahme während des harten Winters sprach. Atles wollte nicht mit in den Berg. Immer wenn er aus dem Salzstock ans Licht gekommen war, hatte er das Gebirgsmassiv des Wunderbergs erblickt und die Geschichten über den Riesen und seine Zwerge machten ihm den Weg noch schwerer. Gerne wäre er über das Gebirge gestiegen, einfach in sein Tal gelaufen und bei seiner Sippe in den üblichen Tag und die gewohnte Nacht zurückgekehrt. Doch er war nur Atles und sein Bruder war Ekuos der Seher und Hirte. Also fügte er sich.
Bis auf Ekuos zeigten sich alle überrascht, als Rosmerta aus dem Wald trat und mit Ekuos eine Hütte betrat, die zwischen den Bäumen stand und ihnen als Unterkunft dienen sollte. Rosmerta hatte sich zu den Kräuterfrauen und Heilerinnen zurückgezogen, die noch tiefer im Wald lebten. Atles kannte Rosmerta, denn sie hatte seine geschundenen Hände und seine entzündeten Augen behandelt. Aber er kannte auch die Erzählungen, dass im verwunschenen Berg böse Frauen lebten, die kleine Kinder entführten und aus ihrem Körperfett Salben herstellten, die sie jung bleiben ließ. Man erzählte am Fluss, dass regelmäßig Kinder verschwanden
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