Das Mysterium Des Himmels
andere Welt reisen werden, wird es keine Müdigkeit mehr geben.« Der das sagte, stand direkt neben Amadas. Der hatte die Annäherung nicht bemerkt. Es war Firne, einer der älteren Reiter, der ihm durch seinen grauen Bart und die hochgestellten Kopfhaare aufgefallen war. Firne war Schmied und hatte zwei mächtige Oberarme, die seinem Schwert eine ungewöhnliche Durchschlagskraft verliehen. Sie schauten gemeinsam in die schwindelerregende Tiefe und sahen den Fluss Moin, der sich wie eine riesige Schlange durch die Landschaft wand. Vor ihnen an der Mauer lagen Berge von schweren Steinen.
»Man wirft sie von hier oben hinab auf die Feinde, wenn sie sich denn einmal bis vor die Mauern dieser Festung wagen«, beantwortete Firne den fragenden Blick von Amadas. Der hob seinen rechten Arm und wies in eine Richtung.
»Norden.« Firne verzog wie bei einem plötzlich auftretenden Schmerz das Gesicht.
»Norden«, wiederholte Amadas. Diesen Begriff auszusprechen tat niemand ohne eine gewisse Überwindung. Norden, das bedeutete ewige Dunkelheit, das Böse an sich. Vom Osten her kam das Licht, die Sonne wanderte über den Süden hinüber zum Westen, dorthin wendeten sich am Abend aller Augen mit dem stillen Gebet, die Götter mögen das Licht nicht sterben lassen. Aber im Norden war nichts. Dieses Gebiet liebten die Götter nicht und freiwillig würde niemand dort hineingehen. Wer von dort aus den Wäldern kam, der war ein Feind und musste bekämpft werden. Die Nordmenschen waren mit schrecklichen Ungeheuern im Bunde. Amadas hatte darüber schon manche nächtliche Geschichte gehört.
»Ist Matu tot?« Amadas wechselte das Thema.
Sie gingen hinüber zu einer Wasserstelle. Der Brunnenmeister reichte ihnen ein kleines Gefäß und sie durften das kostbare Nass trinken. Man ging hier oben in der Burg sehr sorgsam um mit dem Wasser, deshalb mussten die Pferde im Ort am Fuße des Berges zurückbleiben. Von dort aus konnten sie leichter zum nahen Fluss geführt werden.
»Matu ruht still. Die weisen Frauen gaben ihm eines ihrer Getränke und dadurch schlief er schnell tief und fest«, sprach Firne und verneigte sich leicht.
Amadas wollte mehr wissen. »Aber wozu soll er so tief schlafen?«
Firne sah ihn tadelnd an. »Weil sie ihm den Kopf aufmachen müssen und dort mit einem sehr scharfen Messerchen etwas herausholen werden, was Matu sonst sterben lassen würde.«
Amadas bekam starke Zweifel an dieser Geschichte. Man konnte einem lebenden Menschen nicht den Schädel öffnen, davon hatte er noch nie etwas gehört. Gesehen hatte er geöffnete Schädel schon, aber nur bei erschlagenen Feinden. Aber was sollte er sagen? Zweifel seinerseits waren nicht angebracht, die würden Firne nur kränken. Deshalb zeigte er schnell auf eine Gruppe Tiere, die vor einem Stallgebäude standen.
»Worauf warten die?«, fragte er.
Firne hob lächelnd seinen Kopf. »Morgen ist das Erntedankfest. Wir feiern es, wenn die Sonne noch hoch steht und die Große Göttin Erde uns eine reiche Ernte geschenkt hat. Die Tiere werden von den heiligen Frauen und Männern zu Ehren der Großen Götter getötet und wir dürfen uns auf ein Festessen freuen.«
Amadas trennte sich von Firne und verließ die Burg. Er hatte für sich entschieden, sich lieber zu seinem Pferd zu begeben. Er lief durch das Tor und nicht erst dort fiel ihm auf, wie schwer bewaffnet diese Festungsleute waren. Offenbar rechneten sie immer wieder mit Angriffen der Nordmenschen. Denn so, wie es aussah, war Menosgada die letzte Befestigung der Kelten an der Grenze zu den Nordmenschen, die in den Wäldern nördlich des Flusses Moin lebten.
Amadas setzte sich neben sein Pferd, das unter einem Dach aus Blättergirlanden stand. Er dachte an Matu und an Ekuos.
Ekuos schaute auf Matu, der endlich nicht mehr schrie. Die weise Frau hatte ihm einen Holzsplitter aus dem Kopf entfernt, eine zweite versuchte, die Blutung zu stillen, und ein weiser Mann bereitete aus Kräutern einen Brei, der auf die Wunde gelegt werden sollte. Gemeinsam versuchten sie, das Leben von Matu zu erhalten. Ob es ihnen gelingen würde, das mussten die Götter entscheiden.
Als Talale nach draußen ging, folgte Ekuos ihr dezent. Der dunkle Abend legte sich über das Land und mit der Nacht kamen die Geister und Dämonen.
Ekuos wusste, dass er in dieser Nacht keinen Schlaf finden würde. Er war sich sicher, dass er Atles und die Freunde befreien konnte, aber wie er Atles den Tod von Matu erklären sollte, das wusste er nicht. Würde
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