Das Mysterium Des Himmels
standen im heiligen Hain Erle, Birke, die Weide, Haselbaum, Steineiche und Eiche. Ihre Anzahl entsprach der heiligen Zahl. Nach jeder siebten Nacht veränderte die Große Mondin ihr Gesicht und hinter ihr gab es sieben Himmel. Sieben Planeten zählten sie und nach den sieben Himmeln folgte das Tor zum ewigen Licht.
In der Mitte des Hains gab es einen kleinen Brunnen, über dem ein Kreuz aus Eisen, Silber und Gold angebracht worden war. Ekuos hielt Ausschau nach Vögeln. Sie hielten Kontakt mit dem Himmel und brachten Nachrichten zu den Menschen.
Firne hatte an der Körperhaltung von Ekuos erkannt, dass er auf Abstand zu Amadas gehen sollte. Eigentlich wusste er das, denn so handhabten sie es im alltäglichen Leben, wenn Fremde zu ihnen kamen. Er hatte nicht mehr daran gedacht, auch deshalb, weil Amadas mit ihnen gekämpft hatte.
Vom Weg am Nordwesttor aus schaute Amadas auf den Weg hinab und sah von Norden her mehrere beladene Wagen in ihre Richtung kommen. Da es niemanden der Bewohner aufzuregen schien, handelte es sich offenbar um ihre Leute. Firne sah die staunende Miene von Amadas.
»Sie kommen von einer der letzten Befestigungen direkt vor dem Feindesland. Dort wird Ton gebrannt. Ihre Burg ist weniger massiv als diese Festung hier. Mutig ist, wer dort lebt.« Firne drehte sich um und wollte gehen. »Südöstlich von hier gibt es eine weitere Festung. Die Houbirg ist eine Befestigung mit Wällen und Mauern, die höher gebaut sind, als es acht Männer übereinander wären.«
Als Amadas sich mit einer Frage auf den Lippen umdrehte, war Firne verschwunden. Er versuchte, sich eine Linie vorzustellen, an denen die Burgen lagen, und die Höhe der Berge, auf denen sie angelegt worden waren. Ihm kam es nun so vor, als wären sie mehr nach Osten als nach Norden ausgerichtet worden. Für einen Moment irritierte ihn das Verschwinden Firnes. Schnell wurde er abgelenkt durch die vielen Menschen, die nun langsam mit wiegenden Schritten den Berg heraufkamen. An ihrer Spitze sah er zwei alte Menschen. Der Mann trug eine Schale mit Mehl und die Frau eine ebensolche mit Salz. Sie waren in sehr lange Kleider in der braunen Färbung der Muttergottheit Erde gehüllt. An ihren Hälsen, ihren Hand- und Fußgelenken entdeckte Amadas massive Goldspangen. Auch die anderen Menschen waren prächtig gekleidet und ihre kunstvoll gefertigten Ketten tönten bei jeder Bewegung den Berg hinauf. Geräuschvoll wurden die bösen Dämonen und Geister von den Menschen ferngehalten. Manche hüpften während des Gehens, um noch lauter zu sein und dadurch das Böse abzuschrecken. Hinter den zwei Alten trugen Kinder Kleintiere im Arm. Die Kinder waren sehr dunkel gekleidet, damit die bösen Mächte sie nicht sehen konnten.
Amadas schaute auf diesen endlosen Zug von Menschen und er konnte nicht umhin, sich einzugestehen, dass ihn diese Prozession bewegte. Dieses fröhliche Summen aus vielen Mündern, das rhythmische Springen und Tanzen, diese allgemeine Ausgelassenheit war durchaus ansteckend. Kurz bevor die ersten Menschen durch das Tor auf den Altar zuschritten, trat Talale die Seherin aus dem Tempel. Amadas betrachtete sie und dachte, man muss sie schön nennen, wie sie wie erleuchtet im Licht der Sonne dastand. Sie war eine hochgewachsene und beeindruckende Frau, die ein mit goldenen Fäden durchwirktes bodenlanges Kleid trug. Ihre Gürtelschnalle schmückte der Kopf einer Schlange.
Die anderen weisen Frauen und Männer blieben im Hintergrund. Amadas konnte Ekuos gar nicht entdecken. Dafür aber Matu, der nun erstmals wieder eine Regung zeigte und seinen Kopf leicht anhob, als die ersten Gaben am Altar abgelegt wurden.
Ekuos stand im Tempel und betrachtete die Menschen. Er konnte sie alle gut sehen, denn sie befanden sich im Licht, während er im Dunklen blieb. Es war seine Aufgabe, festzustellen, ob sich Feinde unter die Bewohner gemischt hatten. In dieser heiteren Stimmung passte niemand darauf auf, denn man freute sich schon auf das spätere Vergnügen. Ekuos sah Firne im Rücken von Amadas, wie er ihm etwas zuflüsterte.
»Wir werden noch vor dem ersten Lichtstrahl am Morgen Menosgada verlassen. Matu wird zumindest bis zum Fest der Großen Mutter bleiben müssen.«
Amadas überlegte, ob er sich anschließen sollte. Als er sich umdrehte, war Firne erneut verschwunden. Dann war seine Mitteilung gar keine Einladung zur Mitreise für ihn gewesen, dachte Amadas. Er würde also bleiben und auf das Fest der Großen Mutter warten. Noch aber
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