Das Mysterium Des Himmels
allein seinem Willen gefallen. Er wollte sich ändern und auf keinen Fall würde er das arme Mädchen, das nun wohl für immer in anderen geistigen Gefilden leben musste, alleine lassen. Die Leute ihrer Sippe schauten ihn verwundert an, denn sie verstanden nicht, wie er bei diesem unnützen Wesen bleiben konnte. Sie hätten sie lieber in den Wald gebracht und dort der Macht der Götter überlassen.
»Nur ein Dummkopf liebt das Lüsterne an einer Frau. Der Kluge versucht zu verstehen. Ich warne euch, wenn ihr etwas tut, wird die Nacht Schatten über eure Häuser werfen, bis ihr darin erfriert.«
Als die Tochter der Kij davon erfuhr, dass der Reiter trotz des Entschwindens des Geistes aus dem Körper seiner Geliebten beschlossen hatte, bei ihr zu bleiben, fühlte sie sich gekränkt und ein heftiger Zorn nahm von ihr Besitz. Der Reiter besuchte erneut ihre Stadt, diesmal aber, weil sein Misstrauen gewachsen war und er nicht ganz ohne Nachrichten blieb. Die Einwohner zischten und flüsterten. Bald schon wurde ihm bewusst, dass es da jemanden gab, der das Böse veranlasst hatte, seine Geliebte zu verwirren. In der Stadt konnte er nicht viel tun, dazu war die Sippe der Kij zu mächtig. Also musste er sich etwas ausdenken, womit er sie aus der Stadt locken könnte. Als er das nächste Mal zu seiner Geliebten kam, da war sie verschwunden. Niemand gab ihm Auskunft und keiner wollte mit ihm sprechen. Doch er sah, dass die Sippe neue Pflüge besaß und der Sippenälteste trug ein glänzendes Schwert am Gürtel.
In der Stadt hörte die Tochter der Kij indes davon, dass es im Land ein Pferd geben sollte, welches schneller war als jedes noch so ungestüm gesprochene Wort und dessen Schönheit jedes andere Tier hässlich erscheinen ließ. Es gab nicht viele Dinge, die sie unbedacht handeln ließen, aber bei Pferden war das etwas anderes. Kaum hatte sie sich dafür entschieden, sich auf den Weg zu machen, da trug man ihr zu, dass ein Zwerg über dieses besondere Pferd berichtet hatte und damit war die Vorfreude aus ihr gewichen. Sie ließ den Zwerg einfangen und der ließ sich nicht lange prügeln. Bald darauf ritt die Tochter der Kij über das Land und sie fand die vom Zwerg beschriebene Stelle. Natürlich gab es kein herrliches Pferd an diesem Platz, stattdessen lag der Reiter mitten in einem Wald, umgeben von hohen Bäumen. Die Sonne leuchtete golden durch das Geäst. Als die Tochter der Kij erschien, kam er hervor und begann sofort mit seiner Beschimpfung. Übelste Worte kamen ihm über die Lippen und er drohte ihr. Sie blieb auf ihrem ruhigen Pferd sitzen und nahm Hohn und Spott nicht wahr. Die Tochter der Kij dachte an etwas anderes. Sie hatte bereits in ihrem Haus eine Entscheidung getroffen und daran wollte sie festhalten. In diesem Moment kam die Gelegenheit. Der Reiter hatte sich dermaßen in Rage gebracht, dass er völlig unaufmerksam wurde. Das nutzte sie aus. Eine winzige Bewegung ihrer Füße reichte aus, um ihr Pferd vorwärtszutreiben, sich selbst abzuducken, ihr Schwert aus dem Umhang zu ziehen und dem elenden Spötter den Kopf abzuschlagen. Da lag er vor ihr, der einstmals bewunderte Reiter, und war tot. Aber nicht alle Wälder sind einsam und ohne Menschen. Man hatte das Geschehene beobachtet und so machte die Geschichte in der Stadt die Runde, aus dem Mund des abgeschlagenen Kopfes wäre der Name der Tochter der Kij für immer verflucht worden. Deshalb wagt seitdem niemand mehr, den Namen auszusprechen, denn dann würden Zunge, Rachen und das Gehirn auf der Stelle verfaulen. Für diese Tat gab es kein böses Wort. Die Tochter der Kij lebte weiter wie zuvor. Nur zwei Dinge änderten sich. Von da an war sie häufig die Führerin des Begleitschutzes der Lastenwagen ihrer Sippe und damit weit fort aus der Stadt, denn auch ihre Leute fanden sie nun unheimlich und gefährlich. Vor allem aber hatte sie ihr Verhältnis zu Rinna zerstört, denn sie hatte sie und ihre Fähigkeiten missbraucht.«
Amadas und Irscha saßen ruhig und in sich selbst versunken nebeneinander am Wasser. Amadas war sich nicht absolut sicher, ob ihm die Geschichte mehr als Tatsache oder als eine der vielen kursierenden Geschichten vorkam. Immerhin gab es den Zwerg in der Nähe der Tochter der Kij. Mit den Namen war das so eine Sache. Viele Menschen gaben sich Tarnnamen. Wenn ein böser Feind seinen Fluch gegen den ihm bekannten Namen aussprach, blieb die Verwünschung folgenlos. Eigentlich hatten nur wirklich wichtige Personen richtige Namen.
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