Das Mysterium Des Himmels
einen Moment aussah, als würde er sich gleich in den Himmel erheben. Die Frau hatte das Stirnband gesehen, wie es die Seher trugen, wenn die weisen Frauen und Männer sie geweiht hatten. Schnell musste sie sich wieder der Fahrt widmen, damit sie nicht mit einem der anderen Kähne zusammenstießen, die sich vor der Mündung in die Danau formierten, um von der heftigen Strömung des großen Flusses nicht fortgerissen zu werden.
Ekuos und Matu erreichten schnell den Wagenzug, der sich inzwischen auf standfester Straße bewegte. An der Reaktion der Fuhrleute erkannte Ekuos, dass sie froh waren, jemanden wie ihn an ihrer Seite zu wissen, denn ohne den Beistand eines Wissenden fühlten sie sich den unheimlichen und bösen Mächten nackt und hilflos ausgeliefert.
Ekuos konnte und durfte ihnen seine Begleitung nicht verwehren, obwohl er mit Matu lieber in schnellem Tempo davongeritten wäre. Matu knurrte wie ein alter Bär, als er die Tochter der Kij an der Spitze der langen Wagenkolonne entdeckte, und sie ließ keineswegs die Eile vermissen, die einzuhalten ihr mit den kleinen Wagen auch nicht schwerfiel. Ekuos hob nur leicht den Kopf an und Matu wusste, er hatte keinerlei Äußerungen zu tätigen, es stand ihm nicht zu. Sie passierten die Wagen und ritten vorneweg. Es war das erste Mal, dass Ekuos die Tochter der Kij als Frau wahrnahm.
Sie durchquerten eine kleine Fischersiedlung. Junge Mädchen beugten sich über das Wasser, um ihre Wäsche zu waschen. Auf dem Fluss befanden sich schmale Boote mit Fischern, die angestrengt in das Wasser starrten. Hinter einem Wäldchen und einer Au, in der niedrige Bäume wuchsen, machte der Fluss einen Bogen und verschwand aus dem Blickfeld, um kurz darauf wieder zu erscheinen.
Der Zug hatte abrupt angehalten und alle starrten wie gebannt auf das Ufer. Niemand atmete. Ein Bär stand im Wasser und schlug genau in diesem Moment nach einem Fisch, den er mit einer Tatze festhielt, um gleich darauf mitten auf der Straße sein Mahl zu vollziehen. Es war ein mächtiges Tier, das allen Leuten Respekt abverlangte. Ekuos war am nächsten bei dem Bären, der ihn nur kurz zur Kenntnis nahm, was sich an der Bewegung der Ohren erkennen ließ. Es gab für Ekuos keinen Grund, den Bären behelligen zu lassen. Der Seher gab Matu ein Zeichen. Dieser sollte die Leute überwachen, damit keiner von ihnen aus dummem Tatendrang seine Lanze benutzte. Der Bär würde speisen und dann wieder seinen Weg finden. So geschah es auch. Die Hunde stürzten sich auf die Fischreste, denn der Bär hatte nur seine Leibspeise verzehrt und den Rest liegengelassen. Für Ekuos, der Tiere genau beobachtete, zeigte das, dass der Bär nicht nur reichlich Futter fand, sondern sich außerdem sicher und wohl fühlte. Die Tiere offenbarten, was die Götter entschieden hatten. Ging es den Tieren gut, mussten sich die Menschen nicht sorgen. Das war für ihre weitere Reise ein gutes Zeichen.
Ekuos hörte sehr wohl, dass man in seinem Rücken über den langen Aufenthalt murrte und lieber eine andere Entscheidung getroffen hätte, aber das ging ihn nichts an. Diese einfachen Leute beherrschten die Kunst, einen beladenen Wagen zu führen, mehr nicht. Ansonsten hatten sie sich zu fügen.
Die Tochter der Kij war in jedem Moment des Geschehens voller Konzentration gewesen und beobachtete Ekuos sehr genau. Sie war ein wenig neidisch geworden, weil Ekuos ohne jede Reaktion auf dem Pferd saß und still abwarten konnte, bis der Bär ging. Er hatte also genau gewusst, dass das Tier für sie keine Gefahr bedeutete. Sie gestand sich diesbezüglich ihre Unterlegenheit ein, was ihr sehr schwerfiel. Ihrer Neigung gemäß wäre die Lanze zum Einsatz gekommen, weil sie der Versuchung, einen Bären zu besiegen, nicht hätte widerstehen können. Ihre Überlegungen beeinträchtigten nicht die aggressive Art, mit der sie ihre Fuhrleute zum Schweigen brachte. Aus ihren Reihen würde es kein Murren mehr gegen Ekuos geben. Aber sie fragte sich, wie man leben konnte, ohne je etwas zu sagen. Matu sprach ab und an, aber Ekuos sagte nie ein Wort. Sie fuhren an und die Tochter der Kij ließ die Wagen etwas langsamer fahren, denn sie würden bald die kleine Anhöhe vor Alkimoennis erreichen.
Inzwischen hatte sich Ekuos von der Wagenkolonne entfernt und ritt zum Flussufer, das der Burg genau gegenüberlag. Dort gab es eine Anlegestelle und es näherten sich bereits Kähne. Man hatte die Wagenkolonne von den Mauern der Festung ankommen sehen und war nun auf dem
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