Das Mysterium Des Himmels
Wein werde leisten können. Sie fertigen höchst präzise Schmuck an und ihre Gürtel sind von nicht zu überbietender Qualität. Diesmal habe ich auch einiges an Schmiedewerk gekauft, wahrscheinlich wird mich das ruinieren.«
So jammerte Irscha noch eine Weile vor sich hin, während Amadas die Schiffer genau betrachtete und sich an den schwankenden Untergrund zu gewöhnen versuchte. Dann setzte er sich auf den Boden und schaute zur Mauer der Stadt hinüber.
Genau das tat auch Ekuos, allerdings stand er vor dem Tempel innerhalb der Stadt. Die ganze Nacht über war es nicht ruhig geworden in der Siedlung und kaum kam das Licht über den Himmel, da begann das Lärmen in den Straßen wieder. Selbst im heiligen Bezirk blieb man davon nicht verschont.
»Wir werden noch nicht für würdig erachtet, die Botschaft des Himmels zu verstehen. Du bist ein noch junger Wissender, doch nichts hält dich davon ab, ein großer weiser Mann zu werden. Es sei denn, du lässt dich von jenen blenden, die sich ihre Säckchen voller Goldmünzen auf den nackten Leib binden, weil ihre Gier etwas anderes nicht mehr zulässt. Du weißt, dass die Götter nur noch begrenzte Geduld zeigen werden. Das Licht hat es uns verraten, aber nicht, was geschehen wird.«
Rinna verbeugte sich leicht vor Ekuos, was ihn überraschte. So viele Worte und so viel Nähe hatte es zwischen ihnen bisher nicht gegeben. Er bestieg das von Matu bereitgehaltene Pferd und sie machten sich auf den Weg. Ekuos hatte mit Rinna die Nacht über den Himmel beobachtet. Es war ihm so vorgekommen, als würden sich die Sterne anders verhalten, als sie es sonst getan hatten. Auch das neugeborene Licht am Morgen schien anders zwischen die aufgestellten Stäbe, als es an den früheren Morgen der Fall gewesen war. Ebenso hatten alle erbrachten Opfer nicht zu einer Antwort der Götter geführt. Nur eins hatte Ekuos gelernt, es war etwas zu erwarten und zwar die Antwort auf das von den Menschen gelebte Leben. Er hatte einen Blick in die Sippe der Kij werfen dürfen, weil es Rinna ihm erlaubt hatte und da sah er eine Fülle und einen Prunk, wie er es noch nie gesehen hatte. Sie hatten die Demut verloren und ihre Gedanken waren ausschließlich von immer mehr Besitz besudelt. Aber so war es fast in der ganzen Stadt. Vielleicht sprach deshalb niemand den Namen des Ortes aus, weil man sich vor dem Zorn der Götter fürchtete? Angeekelt hatte Ekuos sich abgewandt und war in den Tempel geflüchtet. Seit der Rückkehr aus dem Norden hatte er daran gedacht, sich von Siedlungen für immer fernzuhalten, wie es einem Hirten anstand. Warum suchte er sich nicht einen anmutigen Ort in der Nähe einer Quelle, um sich den Göttern und dem Himmel, der Erde und dem Sein zu widmen? Warum tat er es nicht? Vor seinem inneren Auge entstand das Gesicht seines Bruders Atles. Wenn wir nicht mehr füreinander einstehen werden, gibt es keinen Grund für unsere Existenz. Es gab keine andere Antwort. Aber er war mit sich unzufrieden. Er durfte nicht mehr reden und tat es noch viel zu häufig. Er sollte seine innere Ruhe finden und seine Unruhe konnte er noch immer nicht besänftigen. Er war unvollkommen. Ekuos schaute zum Himmel hinauf. Ihm erschien die große Göttin wie eine hell leuchtende Blume. Hinter ihr lagen die weiträumigen Gärten der Anderswelt. Ihr Anblick dämpfte das Getöse des Alltags. Ein weiterer Blick zur Sonne. Die hatte sich verändert. Nun trug sie einen riesigen Löwenkopf und schlug mit ihrer Tatze in Richtung der Erde. Sie warf einen flammend roten Umhang über den Himmel und ließ ein paar Wolken entstehen, die mit golden leuchtenden Rändern versehen waren. Ekuos schmerzten die Augen und er musste sich abwenden.
Sie hatten den Weg am Fluss erreicht und ritten hinüber zum Seitenarm der Danau. Jemand auf einem der vielen Kähne hob den Arm in die Luft.
»Amadas«, sagte Matu und legte sich die Kapuze seines Umhangs über den Kopf.
Ekuos parierte sein Pferd und ritt zum Wasser hinüber. Dort blieb er schauend und ohne Reaktion, bis der Kahn langsam an ihm vorbei in die Mitte des Flusses trieb. Die Frau am Ruder senkte die Augen und der Mann am Bug erschrak. Was wollte der Seher von ihnen? Aber sie bemerkten an der Reaktion von Armadas, dass er gemeint war, weil auch Irscha erstaunt zum Ufer blickte. Nun würden sie dem Fremden in ihrem Boot anders begegnen müssen, weil sie nicht wollten, dass etwas Böses über sie kam. Als Ekuos davonritt, da wallte sein weißes Gewand, sodass es für
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