Das Mysterium Des Himmels
Wasser, um am Ufer Waren auszutauschen. Ekuos schaute nicht hin. Er wollte sich die Uferseite genauer ansehen und vor allem beobachten, ob einer der Kähne ohne Aufenthalt weiter den Strom hinabfuhr und an einer unübersichtlichen Stelle Entführte aufnahm. Für ihn war es wahrscheinlich, dass mit Atles und den Freunden nicht die ersten Burschen entführt worden waren und er befürchtete, dass sich auch Leute aus ihren Orten oder Städten daran beteiligten. Er fand eine ihm verdächtige Spur und verfolgte sie zurück in die Wälder hinter der Straße. Ein schmaler Pfad führte immer tiefer in den Wald hinein und es war deutlich zu sehen, dass dort kürzlich noch jemand gegangen war. Der Ritt endete bei einem Meiler, vor dem eine Gruppe Menschen stand und ein alter Köhler einen schweren Strick durch die Luft schwang. Matu legte seine Doppelaxt zurück, denn das waren friedliche Menschen, die dort im Kreis standen. Sie warfen vor Freude die Arme hoch, als sie Ekuos erblickten. Der alte Köhler reichte Ekuos den Strick, damit er vor das junge Paar trat, das sich im Mittelpunkt des Kreises befand, um es aneinanderzubinden. Eigentlich war das nicht seine Aufgabe, aber er wollte den einfachen Menschen eine Freude machen. So trat er an das junge Paar heran, um sie zu binden, damit jeder sehen konnte, von nun an waren sie eins. Die Leute hatten einen großen Spaß daran, denn die Braut war vollständig in Tücher gehüllt und konnte nicht sehen, wohin sie trat. Sie trug einen Kranz um den Kopf, damit ihr Leib fruchtbar sein möge und einen Schleier, um sie vor bösen Gedanken und lüsternen Blicken zu schützen. Aneinandergebunden traten sie an die Feuerstelle und dort setzte man sich nieder, denn erst mit der gemeinsamen Einnahme des Mahls waren sie vermählt. Das Paar bekam ein großes Stück vom Schwein als symbolische Speise für das ewige Leben, und mit der Aufnahme des Fleisches in den eigenen Körper bekam dieser die Kraft des gegessenen Tieres. Anschließend stellten alle ihre Teller an den Rand des Waldes, denn man hatte auf jedem etwas übriggelassen für die Besänftigung der Geister und Dämonen. Dann wurde zum Tanz aufgespielt und die Bewegungen der Tanzenden ließen an Eindeutigkeit nichts zu wünschen übrig. Sehr bald schon verschwanden einige Tanzpaare zwischen den Bäumen. Das Paar und der alte Köhler schlossen sich Ekuos und Matu an. Sie verließen gemeinsam den Wald und liefen zum Fluss hinunter. Der alte Köhler öffnete seine Faust, die er den ganzen Weg über fest geschlossen gehalten hatte, und ein leuchtend goldener Ring wurde sichtbar. Den übergab er an seine Tochter und sie ihn in die heiligen Fluten der Danau. Das Wasser reinigte die Seele und es war der Ort der Geburt. Der alte Köhler lachte und Ekuos schaute auf seinen Mund, in dem kein einziger Zahn mehr zu sehen war. Er konnte sich gar nicht daran erinnern, dass er je einen Köhler mit Zähnen gesehen hatte.
Ekuos ließ Matu voranreiten. Die Wagenkolonne war inzwischen verschwunden, aber es gab nur eine Straße, also würden sie nicht lange benötigen, um sie wieder zu erreichen. Während der Fluss einen Bogen nach Norden schlug, ritten sie weiter und verloren das Wasser bald aus den Augen.
Amadas starrte über den Fluss, aber er konnte in der Wagenkolonne am Ufer keinen Ekuos entdecken. Das Boot gehörte zu denen, die nicht die Anlegestelle ansteuerten, sondern die Burg passierten und weiterfuhren. Amadas blickte hinauf zu der Burgmauer von Alkimoennis, hinter der Palmira lebte. Aber natürlich war sie nicht zu sehen. Niemand war dort oben zu sehen, nur ein ewiges Feuer brannte neben einem der Türme. Er schlüpfte quasi in das Boot zurück, versuchte, sich festzuhalten, und griff sich ein Seil, das in trübem Wasser gelegen war und nicht eben angenehm roch. Er fragte sich, was sie an Schutz hatten, wenn es zu regnen beginnen würde? Das Boot besaß keinerlei Deckung gegen mögliche Himmelsfluten. Und mit jedem Gedanken wurde seine Laune trüber und er erkannte, wie sehr er Ekuos und Matu vermisste. Irscha stützte seinen Körper an einem Sack ab und schlief. Wie kann man nur dermaßen vertrauensselig sein, dachte sich Amadas. Zwei Griffe und die Sache war für alle Ewigkeit erledigt. Der erste Griff würde dem am Körper getragenen Geldbeutel gelten und der zweite würde dazu dienen, den Bestohlenen über die Kante des Bootes im Wasser verschwinden zu lassen. Auf keinen Fall wollte er einschlafen, denn er traute den Bootsleuten nicht.
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