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Das Mysterium: Roman

Das Mysterium: Roman

Titel: Das Mysterium: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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seine Aussagen. … Ich sage doch nicht, daß ich mit ihm einer Meinung bin! Ich referiere nur seine Ansicht. Pelagius
     lehrte … Augustin hat dagegengehalten …« In diesem Augenblick haßte er sich selbst. Es ging ihm um Lehren und Theorien. Hatte
     er jemals Verantwortung übernommen, einem einzigen Menschen geholfen? Vizenz Paulstorffer kam gegen Amiel von Ax nicht an,
     das hatte er gemerkt. Warum hatte er ihn nicht unterstützt? Statt dessen hatte er referiert, eine kleine Lehrstunde gehalten
     hier im Wald. An dieser Stelle war es gewesen.
    Ein Zeichen Amiels? William ballte die Fäuste.
    Auch ich habe Fähigkeiten, dachte er. Einmal war es genug. Es wurde Zeit, daß dieser Amiel zur Strecke gebracht wurde. William
     rührte mit den Fingerspitzen an das gläserne Gefängnis des Inquisitors. »Ad Deum, Vizenz«, sagte er leise. »Ich bringe Euer
     Werk zu Ende.«
     
    Es war, als hätte ein riesenhafter Specht die winterträge Stadt München aufgehackt und dabei das Bienenvolk geweckt. Zwischen
     den zwei Mauerringen und ihren hundert Türmen wogte das Volk durch die Straßen. Zehntausend Menschen waren auf den Beinen.
     »Der Inquisitor ist zur Eissäule erstarrt«, sagte einer dem anderen. »Die Strafe für das ungerechte Urteil«, flüsterten sie.
     »Der Heilige, den er verurteilt hat, wirkt Wunder!«
    Im Wald tauten Stadtknechte und Priester das Eis mit Fackeln auf und legten den Inquisitor in einen Sarg. Er wurde in die
     Peterskirche gebracht, unter den Baugerüsten hindurch in das Kirchenschiff. Der Sarg war verschlossen. Man raunte: |298| »Die Leiche ist schwarz. Nachdem der Inquisitor aus dem Eis befreit war, ist sein Körper vollständig schwarz geworden!«
    Die Menschen fürchteten sich vor Amiel. »Wen wird er als nächstes bestrafen?« fragten sie. »Amiel von Ax ist kein Heiliger«,
     hieß es hinter vorgehaltener Hand, »er ist ein Magier! Er hat den Inquisitor verflucht.«
    Durch das Gedränge schob sich Adeline, in ihrem Almosenbeutel einen Batzen Lammfleisch und eine kleine Dose mit Salbe von
     Blauem Eisenhut. Sie bog zur Goldschmiedewerkstatt ab, stieg mutig die Außentreppe hinauf. Die Gänse reckten die Hälse und
     sahen ihr nach. Die Tür zum zweiten Obergeschoß war nur angelehnt. Drinnen waren die Stuben sauber ausgefegt und verlassen.
     Es roch nach Lavendel. Amiel war fort.
    Adeline stieg die Treppe wieder hinunter. Er mußte in der Stadt sein. Er kostete den Triumph aus, ohne Zweifel. Sie klopfte
     an die Hintertür der Goldschmiedewerkstatt. Die Gänse drehten die Köpfe und schnatterten.
    Eine Frau öffnete. »Was willst du?«
    »Ich suche Amiel von Ax.«
    Die Frau verzog den Mund. »War ihm nicht mehr fein genug bei uns«, antwortete sie. »Er ist ausgezogen. Suchst du ein Zimmer
     zum Mietzins? Ich habe alles fein ausgefegt und die Luft mit Kräutern gereinigt.«
    »Ich werde es mir überlegen. Wo finde ich Amiel jetzt?«
    »Er wohnt im Haus des Ratsherrn Pötschner. Ist größer, Glasfenster und alles. Das können wir nicht bieten. Aber Ruhe hat er
     gehabt bei uns! Die wird ihm fehlen, er wird bald bereuen, daß er die Leimgasse verlassen hat.« Aus der Werkstatt drang metallenes
     Hämmern und das Fauchen eines Blasebalgs. »Nicht diese Fuhrwerke andauernd, und die Viehtreiber, verstehst du?« beeilte sich
     die Frau zu sagen.
    »Habt Dank.« Adeline kehrte zur Straße zurück. Ein Büttel! Er blickte streng über die Menschenmenge, die sich durch die Leimgasse
     wälzte. Wenn der Büttel das Gift bei ihr fand, würde man sie überführen.
    |299| Sie mordete doch nicht. Sie strafte nur, weil es niemand sonst vermochte. Vielleicht ehrte man sie sogar, wenn herauskam,
     daß sie den Dämon zur Strecke gebracht hatte. Sie trat hinter dem Mann hervor und kämpfte sich durch die Menge. Das Haus der
     Pötschner lag nicht weit von hier.
    Die Leute um sie herum stritten über Amiel. »Wir müssen ihn fragen, was er verlangt.«
    »Nicht einmal ein Inquisitor der Heiligen Kirche kommt gegen seine Kräfte an! Wer soll es mit diesem Amiel aufnehmen?«
    »Er ist kein Magier, ich sage euch, er ist ein Heiliger. Vielleicht hat der Perfectus einfach Gott gebeten, den Inquisitor
     zu bestrafen?«
    »Wenn ein ganzer Mensch zu Eis erstarrt und dann nach seinem Tod schwarz wird, das ist Magie, das muß Magie sein.«
    Immer wieder dieses Wort. Amiel war kein Magier. Sie hatte gesehen, wie er tötete: mit einem Beil. Auch für die Eissäule gab
     es sicher eine Erklärung. Aber je

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