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Das Mysterium: Roman

Das Mysterium: Roman

Titel: Das Mysterium: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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geheimnisvoller Amiel in den Augen der Stadtbevölkerung wurde, desto mehr Macht besaß er.
    Die zahllosen Berührungen in der Menschenmenge machten sie unruhig. Ein dicker Bauch, der sich weich an ihre Seite fügte,
     dann ein Ellenbogen, fremde Haare in ihrem Gesicht. Uringeruch stand in der Luft.
    Das weißgetünchte Haus des Ratsherren war größer, als sie es in Erinnerung gehabt hatte. Es schien die benachbarten Häuser
     beseite zu schieben. Über dem Tor war der Pfeil auf rotem Grund abgebildet, das Wappen. Sie bog aus der Menge aus und klopfte
     an das Eingangstor. Es war mit Gold und roter Farbe verziert. Das schüchterte vielleicht Bittsteller ein. Eine Mörderin konnte
     es nicht beeindrucken. Sie klopfte erneut.
    Hörten sie nichts, wegen des Lärms hier draußen? Sie schlug die Faust gegen das Holz, dreimal, viermal, fünfmal. Immer noch
     geschah nichts. Es war doch der richtige Name, die Frau des Goldschmieds hatte doch Pötschner gesagt?
    Plötzlich wurde das Tor aufgerissen. Man packte ihre |300| Schultern und zog sie hinein. Hinter ihr krachten die Torflügel zu. Zwei Männer schleiften sie voran. »Ich will Amiel von
     Ax sprechen«, keuchte sie.
    Die Männer hörten nicht darauf. Ihr Griff tat weh. Sie nahmen keine Rücksicht auf Adelines Schritte, sie zerrten sie unnachgiebig
     vorwärts. Warum trugen sie schwarze Kutten? Es ging in den Keller hinunter. Einer der Männer nahm eine Fackel aus der Halterung
     an der Wand.
    Adeline wurde durch eine niedrige Tür gestoßen, dann zogen sie die Tür wieder zu. Ein Schlüssel knirschte im Schloß. Das Licht
     unter der Türritze wurde schwächer, und am Ende verschwand es völlig. Adeline stand auf. Finsternis umgab sie.
    »Bitte, ich möchte Amiel von Ax sprechen!«
    Ihre Stimme klang merkwürdig. Es war, als dröhne jemand tief zu jedem Ton. Sie drückte sich mit dem Rücken gegen die Tür und
     blickte in die Dunkelheit. Wer war hier? Sie hörte leises Flüstern aus vielen Kehlen.
    Es ist nicht wirklich! sagte sie sich. Die Angst redete es ihr ein.
    Das Flüstern kam näher. Von überallher kam es auf sie zugekrochen. Haben wir dich, flüsterten die Stimmen, diesmal entrinnst
     du nicht.
    Dort, Gespensteraugen. Wabernde Hände. Schwarze Tentakel ringelten sich über den Boden und umwickelten ihre Fußknöchel. Weit
     hinten, kaum sichtbar, erschien ein Paar weißer Hauer. Das aufgesperrte Maul näherte sich. Über den Hauern winzige schwarze
     Äuglein, die sie anstarrten.
    Sie dachte an das Gift. Wenn sie es aß, würden die Geister sie nicht bekommen. Sie grub ihre Hand in den Almosenbeutel und
     tastete am lederumwickelten Fleischbatzen vorbei. Da war die Dose, die rettende Dose.
    Hinter ihr knirschte ein Schlüssel im Schloß. Das Maul schloß sich enttäuscht, die Hauer verschwanden. Auch die Gespenster
     zogen sich zurück. Sie wisperten wütend. Adeline wich zur Wand hin. Da war Licht unter der Tür. Die Tür öffnete sich.
    |301| Amiel von Ax trat ein, allein, mit einer Fackel in der Hand. Er setzte die Fackel in eine dafür vorgesehene Halterung an der
     Wand. Sein schwarzer Bart glänzte. Im Haupthaar schimmerten graue Strähnen. Er zog die Tür zu. »Du willst mich sprechen?«
     fragte er.
    Sie sah in den Raum. Weinfässer lagerten unter einem gemauerten Gewölbe. Genügend Winkel für die Geister. »Ich habe es mir
     überlegt. Ich möchte Perfecta werden.« Sie sah ihn an. Wenn man einen Blick halten konnte, log man nicht, so hieß es.
    Er schwieg.
    »Ich kann für Euch sorgen.« Sie zog den Almosenbeutel von der Schulter. »Ich habe gutes Lammfleisch mitgebracht, ich würde
     es gern zubereiten für Euch.«
    »Feresa!«
Er sagte es abfällig.
    »Und ich kann Kinder unterrichten, wie Ihr gesagt habt.«
    »Gib mir den Beutel.«
    Zögerlich gehorchte sie.
    Er spähte hinein und verzog angewidert den Mund. »Ich kann es riechen, das Fleisch, und es würgt mich.« Er griff in den Beutel.
     Als er die Hand wieder herauszog, hielt er die Dose in der Hand. »Was ist das?«
    »Eine Arznei für Gräfin Giselberga.«
    Er hängte sich die Tasche über die Schulter und öffnete die Dose. Roch daran. Ein stechender grüner Blick traf sie. »Du wolltest
     mich umbringen? Mit Gift!« Er schloß die Dose und ließ sie in den Beutel fallen.
    »Nein, es ist eine Salbe, Giselberga leidet unter einem schmerzhaften Nervenfieber, wenn man sie einreibt mit der Salbe, dann
     schwindet es.«
    »Adeline.« Er trat auf sie zu. »Du bist eine über die Maßen

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